Dzogchen

Beschreibung zum Thema Inspiration

von  LotharAtzert

Die Sache mit dem Denken hat mich schon immer mehr interessiert, als alles andere. Weil nunmal das Kommunizieren unter Menschen davon abhängt, daß wir die Dinge so genau wie möglich bei ihrem Namen nennen. Sonst versteht uns das Gegenüber nicht wirklich.
Doch selbst wenn wir die gleiche Sprache und also die gleichen Worte sprechen, ist das kein Garant für klare Kommunikation. In keiner Hinsicht!
So versuchte ich bald schon, in meinem eigenen Denken mir selbst übers Denken klar zu werden. Und weil ich zuvor schon die Worte Buddhas hörte und zu ihnen sofort Vertrauen hatte, konnte ich "zielorientiert" an die Sache herangehen. Denn nach ihm waren Gedanken hauchfeine Wärmestrahlen, was wir vielleicht heute als "Energie" bezeichnen würden. Diese Wärmestrahlen oder -wellen folgen immer dem Weg des geringsten Widerstandes - also der sogenannten Gewohnheit.
Ein so genannter Buddhist versucht zuerst den Geist mittelst Meditation zu beruhigen, denn ein aufgewühlter Geist denkt nicht klar, sondern nach dem Gemütszustand. Diese Beruhigungsmeditationen finden anfänglich mit Objekt und später ohne Objekt statt. Mit Objekt bedeutet, daß wir unsern Blick darauf fixieren, auf ein Wort, ein Symbol, ein Punkt, damit unser Geistesaffe nicht abgelenkt wird und umherschweifen.
Ohne Objekt verweilt man einfach nur in Stille, was uns Westlern für lange Zeit nicht möglich sein wird, da wir es nicht von unsern Eltern gelernt haben und deshalb bei 0 beginnen müssen, bis es zur Konditionierung wird. Also begann ich, erst die Konzentration auf Ein- und Ausatmung zu richten, auf den Atemstrom, wie er an der Nasenspitze ankam und anschließend wieder ausfuhr.
Je ruhiger man wird, umso mehr Energie sammelt sich an - was den Ungeübten sofort wieder in Wohlfühlgedanken versetzt und so verliert sich die Ansammlung von mal zu mal recht schnell in der gewohnten Denkstruktur. Oder aber man denkt " ich kann das nicht". So kann das über Jahre gehen, ohne daß eine Vertiefung stattfindet.
Nun gibt es viele Methoden des Vorgehens, von denen ich eine schildern will, die ich selbst praktiziere. Es ist eine Methode, die von Dzogchen-Lehrern gelehrt wird. Dzogchen - "Diee große Vollendung" - ist nicht auf Buddhisten beschränkt, da ein jeglicher Glaube, so wie man ihn hat, beibehalten werden kann: Man schaut einfach nur unbeteiligt den Gedankenstrom, wie er kommt und geht, ganz wie beim Atmen, einfach weiter lassen, ohne Gewaltanwendung.
Auch da ist es so, daß sobald ein interessanterer Gedanke aus dem Unterbewußtsein auftaucht, das Ego alle guten Vorsätze über Bord wirf und quasi die Beute sofort an Land zieht - in die Bewußtheit - um den Impuls weiter zu spinnen.
Nun kommt der Teil, der dem Abendländischen am meisten abgeht: Merkt man das Fallen in den Denkstrom, so kehrt man unmittelbar zurück in das teilnahmlose Schauen, sonst nichts. Man kehrt zurück zur Präsenz. Man kehrt und kehrt und kehrt. So oft, wie wir reinfallen, steigen wir raus aus dem Strom, schauen, fallen wieder rein, steigen wieder raus, zehntausendmal raus, rein und sonst nichts. Männern sollte das bekannt vorkommen.

Daß diese Übung nie abgeschlossen ist - ist sowohl ein weiterer Gedanke, der uns rauszieht aus der Präsenz, als auch wieder zurück bringt. Deshalb kann diese Praxis weder als gut, noch als ungut bezeichnet werden. Bei den Dzogchenpas heißt es: "Möge es genau so sein, wie es ist".
Raus-rein-raus-rein - im Westen, wo man nur das Stoffliche als Wirklich wähnt, führte das Rausrein über zahllose Greueltaten bis hinein in die Motoren der sogenannten Autoindustrie: In einem sogenannten Zylinder kommt es mittelst kalkulierter Zündungen zum Hochrunter-Hochrunter. Weil das menschliche Selbst jeglichen ursprünglichen Geistesfunken im Zylinderdenken verloren hat, müssen Container real nachgebaut werden, die mitelst fossiler Energie "auto-mobil"  unsere Ärsche fortbewegen.
Jeder Container ist ein Vorstellungscontainer, jede Vorstellung stellt Gestelle ins Unvorstellbare. Im Stall muht die Ziege. Fossile Brennstoffe sind nichts anderes, als das ungelebte Leben des Vergangenen, mittelst dessen Ungelebtheit der Zeitgeist neue Verdrängungen für die Zukunft der Nachfahren ansammelt.
Das alles gehört zu Samsara, der illusorischen Welt und ihrer Unwissenheit. Das  muß der Praktizierende sich hin und wieder erinnernd vor Augen führen: Wahrheit ist, was währt und nicht, was der Intellekt ausdenken und -drücken können. Wahrheit ist Präsenz - nondual. Es ist genau so, wie es ist. Gedankenrein, Gedankenraus, Danken - aus!
Ah! 
Nun besteht das Unterbewußtsein aus vielen Schichten, vielen Ebenen, es gibt die lauten und weniger lauten Gedanken, Hintergrundsmelodien, die garnicht als Gedanken erkannt werden, aber nichtsdestotrotz nach Aufmerksamkeit heischen - die Ohrwürmer, die man erst nach vielen Stunden bewußt wahrnimmt usw. Es gibt ältere, uralte Muster von Vorfahren, jüngere, gewalttätige, erdoelhafte, sanftere, schmerzhaft gehaucht, wie es halt aus dem Verdrängten hochkommt. Alles steigt durch Verknüpfungen auf. Und man schaut und schaut, so gut und so oft es geht und läßt es ziehen, wie die Wolken am Himmel.
So erschaut man mit der Zeit immer ältere Prägeschichten, aber der Zugriff des Geistes, seine Gier nach Erfassen und Begreifenwollen des Aufgestiegenen nimmt aufgrund der entstehenden Gewohnheit mehr und mehr ab. Das hat zur Folge, daß die Momente zwischen dem Gehen des letzten Gedankens und der Ankunft des neuen ... ganz allmählich Lücken entstehen, durch welches ein inneres Licht der Gewissheit scheint. Ebenso mit diesem kommen immer verborgenere Inhalte ans Licht, so daß das Gewahrsein nie nachlässig werden darf.
Besonders hinterhältig sind dann noch diejenigen Fraktionen, die sich dem Ego anzudienen versuchen, die größeren oder kleineren Verführer, die "ich denke, also bin ich" in allen Variationen suggerieren.

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Anmerkung von LotharAtzert:

.
Wieder ist es ach kein Ganzes,
Sträußlein nur, statt eines Kranzes,
Ohne Bindung, Schluß und Naht,
Nur ein loses Aggregat,
Wie die gänzlichen Pedanten
Meinen Florentiner nannten.
- Nicolaus Lenau -

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(27.12.16)
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 LotharAtzert meinte dazu am 27.12.16:
Ja gut, das ist aber kein entscheidender Punkt. Das ist eher
"Besonders hinterhältig sind dann noch diejenigen Fraktionen, die sich dem Ego anzudienen versuchen, die größeren oder kleineren Verführer, die "ich denke, also bin ich" in allen Variationen suggerieren."
swetlana (51)
(27.12.16)
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 LotharAtzert antwortete darauf am 28.12.16:
Danke Dir, liebe Swetlana. Leider gelten solche Texte nicht als besonders lesenswert, so daß um sie keine Diskussionen entstehen - eigentlich schreibe ich nur noch für Dich, vielleicht noch für Babette, die mir aber nur dann Empfehlung gibt, wenn ich ihr auch eine gebe. Umso mehr danke ich dir für den Kommentar.
Es gäbe noch soviel zum Thema zu sagen, aber so bleibt halt das meiste ungesagt.
Das widerstrebende Ego ist wie ein Äffchen, ja, süß, aber immer auf Zerstreuung bedacht.
Momentan ist mein Affe ein wenig krank und ich werde mich jetzt gleich ins Bett legen.
Liebe Grüße
L.
swetlana (51) schrieb daraufhin am 28.12.16:
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 LotharAtzert äußerte darauf am 29.12.16:
Also Silvesterparty fällt aus. Man hat mich nirgendswo eingeladen, was mir aber ganz recht ist.
Dir aber wünsche ich das. Danke
swetlana (51) ergänzte dazu am 29.12.16:
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 LotharAtzert meinte dazu am 01.01.17:
Bin nur durch Erdenreiters Empfehlung nochmal hier gelandet. Irgendwie bekomme ich manche Links nicht übermittelt. Und dann sowas: Auto zu Schrott gefahren?
Ach jeh - Dir ist nichts weiter passiert?
Ja Silvester war der erste Tag, wo der Schüttelfrost wieder weg war und so feierte ich doch in warmer Kleidung das neue Jahr und ... Du warst in meinen Gedanken, das ist kein Übertreiben. Ich sende Dir tausend gute Wünsche ... ach was, zehntausend ...
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