Selbsterniedrigung

Aphorismus zum Thema Befreiung

von  Hamlet

Scheinbar übertreibe ich in meiner Selbstkritik. Warum? „Wer sich erniedrigt, wird erhöht“. Das scheint ein Glaubenssatz von mir zu sein. Wie oft wurde ich erniedrigt, als es mir im Übermut zu gut ging und ich mich zu weit aus dem Fenster lehnte. Gleichermaßen erhöht mich etwas, wenn ich mich erniedrige. Zumindest ist es die äußere Realität, die mich plötzlich zu erhöhen scheint, zumal ich den Menschen viel demütiger, manchmal melancholisch-traurig, aber edler begegne, nachdem ich mich selbst runtergemacht habe. Plötzlich wachse ich wieder oder werde wieder aufgerichtet – wie Gras, das sich nach belastenden Fußtritten langsam wieder aufrichtet.
  Ähnlich geht es dem Humoristen, der sich selbst verarscht. Wer sich beleidigt und über sich lacht, den kann kein anderer mehr beleidigen und über ihn lachen. Der Komiker hat das Tragische überwunden durch den Humor. Das erinnert auch an Friedrich Schillers Konzept vom „Pathetisch-Erhabenen“: Das Pathetische intensiviert sich dergestalt, dass sich ein erhabener Ausgang auftut, in diesem Fall der Humor.
  Es scheint auch ein großer Stolz heraus aus der sich selbst erniedrigenden Seele. Denn wenn ich mich selbst erniedrige, erhöhe ich mich zugleich, indem sich die kritisierende Instanz von der kritisierten abhebt. (Eine Art transzendentales Ich erhebt sich über das empirische.) In der Selbstkritik bewahre ich meine Würde. Denn der Kritiker ist Herr im Hause. In meiner Selbsterniedrigung steckt ein deutlicher Drang zum Erhabenen.

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Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (07.01.17)
Ein Hoch auf alles Niedrige!
Gruß, Lady Macbeth
rochusthal (71)
(11.09.17)
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 Dieter_Rotmund (12.08.20)
Sehr egozentrisch strukturiert, würde ich etwas allgemeiner formulieren. Nabelschau will ja keiner lesen ...
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