Grüne Ruinen

Sonett zum Thema Vergessen

von  Tatzen

Mit dem Regen fällt auch das Vergessen auf den Stein
Der sich stolz emporstreckte als Säule aus Korinth
Umwandelt von Athleten, Dichtern, anderem Gebein
Das jetzt im sanften Schauer von Olympia verrinnt.

Die Werkstätte des Phidias, wo Zeus aus Elfenbein,
Apollon selbst und Dionys erschaffen worden sind,
Die ziert ein Kreuz – das Dach fiel dennoch ein –
Und grüßt das Moos- und Flechtengrün in sanftem Mint.

Schwellende Bäche durchziehn heut‘ die marmorne Stadt,
Bringen den fruchtbaren Boden der Lakedaimoner
An den Erschaffungsort der verfallenden Götter

Und ziehen wie Pflastersteinleger die Ebne Olympias glatt.
Wir stehen versunken, erlauschen die rinnende Zeit
Sehn künftige Schauer der eigenen Gottähnlichkeit.

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Kommentare zu diesem Text

Bücherwürmchen (13)
(17.01.17)
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 Tatzen meinte dazu am 18.01.17:
Vielen Dank
AndreasIsensee (32)
(18.01.17)
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 Lluviagata antwortete darauf am 18.01.17:
Wow, toller Kommentar! Ich verstehe jetzt besser ...

Llu ♥

 Tatzen schrieb daraufhin am 18.01.17:
Danke für den poetischen Kommentar, auch wenn ich in diesem Sinne einige der Kritikpunkte zurückgeben muss: es scheint mir, dass dir selber ein Hang zum "verschachteln" gegeben ist, den ich aber durchaus begrüße.

Dass das Thema wie die Prominenz nicht neu ist, ist ja auch nicht zu übersehen. Ich sehe darin indes keinen Mangel.
Auch die Kritik am Wortpaar sanft und Mint bleibt mir etwas ungenau - meinst du damit die lautliche Dissonanz, die darin anklingt?

Ich verstehe auch nicht ganz, was du mit "verschachtelt" meinst, wenn du von dem Vers mit den "schwellenden Bächen" sprichst. Kannst du das näher erklären? Ich stehe auf dem Schlauch.

Viele Grüße
AndreasIsensee (32) äußerte darauf am 18.01.17:
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 Lluviagata (18.01.17)
Wirklich überbordend. Ich selbst kennen die alten Götter gar nicht, kann mir deshalb keinen Reim so recht drauf machen.

[Umwandelt von Athleten, Dichtern, anderem Gebein ...]
Ich lese es so, dass Dichter mit anderem Gebein, das sogleich verrinnt (wie verrinnt Gebein? Ich weiß, sehr wohl dass du das Vergessen meinst, oder doch nicht?...), um die Säule wandeln.

Es ist mir echt zu kompliziert formuliert. Sorry.

Llu ♥

 Tatzen ergänzte dazu am 18.01.17:
Ohne Kontext ist das Gedicht tatsächlich schwer zu dechiffrieren.
Im Zentrum steht für mich tatsächlich die Vorstellung, dass das lyrische Ich beim Betrachten des Vergangenen an die eigene Vergänglichkeit erinnert wird.
Dass es nun ausgerechnet die Griechen sind, an denen diese Erinnerung sich entzündet, deutet für mich darauf hin, dass eben vieles, aber nicht alles verloren geht.

Vielleicht konnte ich dir weiterhelfen? Ich hoffe, schon!

Gruß Tatzen
Graeculus (69)
(18.01.17)
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 Tatzen meinte dazu am 18.01.17:
Mit den Lakedaimoniern hast du recht, ich habe mir die Freiheit einer Ellision erlaubt, um den Rhythmus nach meinen Vorstellungen zu gestalten.
Mit den "Schauern" sind übrigens nicht die Regenschauer, sondern die Betrachter gemeint (also diejenigen, die schauen).

Viele Grüße
Larissa-Marie (24)
(18.01.17)
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 Tatzen meinte dazu am 18.01.17:
Vielen Dank für deine aufmunternden Worte! Ich nehme aber auch gerne Kritik entgegen - sonst kann man nicht wachsen - auch wenn Bestätigung besser für die Seele ist

 GastIltis (19.02.17)
Hallo Tatzen,
ein Sonett, das die strengen Regeln ausgehebelt hat. Morgenstern hat es mit seinem „Abends hinunter“ auch getan. Wissentlich. Er war nicht der erklärte Sonett-Dichter. Wer will das schon sein? Das Vergessen überwältigt uns mit oder ohne Sonett. Nur das, was wir alles vergessen, das werden wir noch erwähnen dürfen. Früher oder später. Eh alles zu Staub zerfallen sein wird …
Herzlich grüßt Giltis.
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