Besuch in Gortyn

Gedankengedicht zum Thema Vergangenheit und Zukunft

von  Tatzen

Ein Ölbaumhain
drei Menschenalter jung
summt starr vor Stille
in die Ebene hinein.

In unseren Ohren dröhnt
das Schweigen.

Ein Kiesbett
Eine Staubverwehung
Marmorgeröll fein
zerschlagen
erschreckt uns mitten in
der benommenen Empfindung.

Hier war
        ein belebter Ort
                ein Herrschaftszentrum
                                            Recht

So gründlich die Zerstörung.
Fast archäologensicher.

Nur einer vermag
hier in die Tiefe vorzudringen
schlummernde Grundmauern zu betasten
Kloaken
nach Wertvollem zu durchwühlen:

Ein verwachsener Ölbaum
zerborsten unter
der Schwere seiner Krone
als König dieser Ebene
der länger überdauerte als
Polis und Imperium.

Den Geschmack der Ewigkeit
auf der Zunge
kein passendes Wort
hängen unsere Gedanken noch
lange in den Zweigen
während die große Inschrift
langsam
ver bl a  s  s  t.


Anmerkung von Tatzen:

Gortyn ist für seine große Gesetzesinschrift bekannt, die älteste noch existierende ihrer Art in Europa.
Die in der schon lange zerfallenden Stadt wachsenden Ölbäume sind zum Teil über 1000 Jahre alt.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(18.01.17)
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 Tatzen meinte dazu am 18.01.17:
Super! Vielen Dank!
Es ist ja schon interessant, dass ausgerechnet die Gesetzgebung bezüglich des Sklavenrechts erhalten geblieben ist. Damit konnten die später hinzukommenden Römer wahrscheinlich am meisten anfangen.
Allerdings etwas umständlich zu lesen: eine meterbreite Wand, die man in der ersten Zeile von links nach rechts und dann wieder zurück - also von rechts nach links liest, und so weiter.
Gut dass wir PDFs haben

 AZU20 (20.01.17)
Mit Interesse gelesen. LG

 Tatzen antwortete darauf am 21.01.17:
Vielen Dank! Gortyn ist auch ein interessanter Ort.

 IngeWrobel (22.01.17)
Ein schönes Bild!
Mir gefällt auch die Anordnung / Formatierung und dass Du auf Reime verzichtest.
Liebe Grüße
Inge

 Tatzen schrieb daraufhin am 22.01.17:
Vielen Dank! Was die Form angeht, bin ich eher pragmatisch veranlagt: Manchmal muss es ein Sonett sein, manchmal darf es freier sein

Gruß Tatzen
wa Bash (47) äußerte darauf am 20.02.17:
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