Zeit ist das Schlüsselwort

Kurzgeschichte zum Thema Denken und Fühlen

von  SKARA666

Ich war noch nie so glücklich gewesen wie in den letzten fünf Jahren. Es hat sich vieles verändert in meinem Leben. So hab ich seit längerem das Gefühl, es könnte gar nicht besser laufen.Und dennoch, obwohl ich glücklich und zufrieden bin, warte ich auf die warmen Tage, ich möchte wieder in den Garten fahren oder an den kleinen See im Wald, wieder mit T-Shirt und Shorts rausgehen können ohne zu frieren. Frühling, wo bleibst du nur? Gestern war Freitag, ein hektischer Tag, die Vorbereitungen für das Wochenende waren wie jeden Freitag sehr anstrengend. Jedoch lies der heiße Tee kurz vor dem Feierabend wieder Ruhe einkehren. Der Weg nach Hause war kalt, überall liegt noch Schnee, doch endlich angekommen, wartete meine Familie auf mich. Nach längerer Zeit waren wir alle wieder zusammen. Unser Sohn kam von der Uni zurück, er wird diesmal eine Woche zu Hause bleiben können. Der Kleinste zeigte mir sein Lieblingsspielzeug, ein Matchbox, fast jeden Tag ein neues. Meine Frau sah mich an und lächelte, sie sagte nichts, deutete an ich solle zu ihr kommen. Eine liebevolle Umarmung, sie reicht noch genauso gut wie vor fünf Jahren, als wir uns das erste Mal in den Armen lagen. Endlich zu Hause. Heute ist Samstag, unser Sohn sitzt am PC, meine Frau zieht unseren Jüngsten warm an, gleich wird sie fragen ob ich mit zum Einkaufen fahren will,und ich werde mit ja antworten. Während ich meine Familie so betrachte, verfalle ich in Gedanken, bemerke wieder einmal wie wichtig mir meine Familie ist und frage mich, wo wäre ich heute nur ohne euch? Vor fünfzehn Jahren war zu Hause sein etwas anderes, es bedeutete Einsamkeit, Sehnsucht, Zweifel, Angst und am ende Alkohol. Der Sinn in meinem Leben war zu dieser ganz einfach zu definieren, es gab keinen. Doch gehen wir noch weiter zurück, an den Tag als ein Arzt bei mir nach einem Anfall Epilepsie diagnostizierte, ich war zu dem Zeitpunkt achtzehn Jahre jung, war im Begriff meinen Führerschein zu machen, doch damals bekam niemand einen Führerschein mit dieser Diagnose. Ich war von einem Tag auf den anderen arbeitslos, versteht sich von selbst das man als Epileptiker auf der Baustelle nicht zu suchen hat, und dann noch ohne Hoffnung jemals ein Auto fahren zu dürfen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, wie ich mit dem Thema umgehen sollte, alles was ich tun musste waren zwei Tabletten am Tag nehmen. Imternet war zu dieser Zeit noch weit entfernt. Das Arbeitsamt bot mir nur Maßnahmen für Behinderte an, jede Bewerbung die ich selber schrieb wurde abgelehnt, entweder wegen der Epilepsie, keine Fahrerlaubnis und sogar wegen beidem. Und so verging die Zeit, ich tummelte mich an den Wochenenden auf Feten herum, machte mit Freunden Musik in einer alten Garage, und geriet ab und zu an ein Mädchen. Zudem Zeitpunkt hatte ich noch nichts mit Alkohol zu tun, bis ich dann mit vierundzwanzig umzog in ein kleines verlorenes Kaff. Ich zog in ein kleine Stadt, in der die Arbeitslosenquote über siebzig Prozent betrug. Warum ich dorthin zog? Wegen meinem Bruder, und weil ich für mich etwas ändern wollte. Eigentlich waren in diesem Kaff nur jene beschäftigt, die sich selbstständig machten, meist durch Läden oder Kneipen. Einige aus dieser Stadt arbeiteten beim Jobcenter und andere wiederum genossen eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Ich fand dort neue Freunde, na ja, Freunde kann man dazu nicht sagen, es waren mehr Bekanntschaften die meist durch einen Schluck aus der Pulle geschlossen wurden. Es gab dort keine Discotheken, nur einige Vereine die sich dank der ABM´s halten konnten. Dort konnte man lernen, wie man eine Bewerbung richtig schreibt oder wieviel man in einer Stunde rauchen kann, ohne das einem schwindlig wird. Wer nicht vom Jobcenter dazu gezwungen wurde, sich bei einem dieser Vereine zu melden, blieb ganz weit davon fern. Die lange Weile fing an mich aufzufressen, und so dachte ich an die Leute, mit denen ich einmal auf gute Freundschaft angestoßen hatte. Ich machte mich auf den Weg um sie zu besuchen, und so fing das Drama an. Erst waren es nur zwei, drei Flaschen Bier, mehr hab ich mir auf Grund der Tabletten nicht zugetraut, doch irgendwann lies ich einfach die Tablette abends weg, dann wurden es fünf, sechs Flaschen am Tag. Es gab keine Treffen, keine Tage mehr ohne Alkohol. Schließlich lies ich die Tabletten ganz weg, denn es waren nun zehn Flaschen, manchmal noch mehr. Überall war Alkohol dabei, bis dieser nicht nur zu einem Teil meines Lebens wurde, sondern meinen Alltag bestimmte. Ich stand morgens auf, ging mit dem Hund raus, wieder zu Hause suchte ich gleich die Pfandflaschen in meiner Wohnung zusammen, fuhr in die Stadt zum nächsten Einkaufsmarkt und holte zwei neue Sechserpacks Bier. Dazu kamen fünf Brötchen und eine Dosensuppe. Je mehr man getrunken hat , desto niedriger wurde auch die Hemmschwelle, man pinkelte hin wo man gerade stand, legte sich mit Polizisten an und kam ständig mit dem Gesetz in Konflikt. Damals spielte es keine Rolle, nicht weil ich mich für super toll fand, eher weil man mit dem Gedanken nur bei einer Sache war. Hab ich noch genug Flaschen Bier? So ging das neun Jahre, dann geschah es, Bauchspeicheldrüsenentzündung, Krämpfe, Intensivstation. Überlebenschancen weniger als fünfzig Prozent. Diese Schmerzen, das werde ich nie vergessen. Was war passiert? Überall diese Schläuche, Katheter, dieses Krankenhausbett, wird es mein letztes Bett sein? Ich muss etwas tun, doch was? Von hier aus, in dieser Situation unmöglich noch etwas zu tun. Warum hab ich das getan? Ich muss mich ablenken, die Schwester rufen, sie möchte mir bitte was zu lesen bringen. Das tat sie dann auch. Alle Leute waren unwahrscheinlich nett zu mir, dabei hatte ich das gar nicht verdient. Ich nahm das Buch, mehrere hundert Seiten dick, es handelte von einem Nazi der nach Italien geflohen ist um dort in einem Ordenshaus Unterschlupf zu suchten. Er wusste , das niemand ihm seine Verbrechen verzeihen würde, er konnte sich selbst auch nicht verzeihen, aber wenigstens hörte man ihm zu, was ihm sehr dabei half die Zeit bis zu seinem Tode in Ruhe leben zu können. Wenn ich nicht gelesen habe, habe ich geschlafen. Gerade als ich das Buch zu Ende gelesen hatte, kam der Arzt mit einer sehr guten Nachricht. Jetzt war mir bewusst geworden, das ich nicht nur existieren will, sondern richtig leben. Mir wurde klar, Zeit ist das Schlüsselwort. Ich muss mir die Zeit nehmen, um meinen Tag sinnvoll zu nutzen, denn es kann ganz schnell passieren, das man auf einmal gar keine Zeit mehr hat. Heute wird mein Tag von meiner Familie, meinem Job und meinen Hobbys voll ausgefüllt. Wenn ich abends ins Bett geh, gibt es nichts das ich vermisse. Meine Epilepsie ist sehr gut auf die neuen Medikamente eingestellt, Alkohol ist für mich heute ein schwarzes Tuch. Vor sieben Jahren, als ich das Krankenhaus verließ , fing ich noch einmal von vorne an zu leben, zwei Jahre später lernte ich meine jetzige Frau und ihren Sohn kennen, es wuchs eine wunderbare Familie zusammen, wir bekamen noch ein gemeinsames Kind. Ich war noch nie so glücklich wie in den letzten fünf Jahren, und ich werde mir die Zeit nehmen, an diesem Glück weiter zu arbeiteten.


Anmerkung von SKARA666:

Dies ist nur eine Geschichte, bitte macht daraus nicht mehr. Wenn ihr etwas dazu Kommentieren wollt, dann bitte nur zum Inhalt, nicht zu Schreibfehlern oder falscher Zeichensetzung. Danke

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Kommentare zu diesem Text


 princess (04.02.17)
Hallo SKARA666,

also, ich hätte schon was zu kommentieren. Aber die Anleitung zum Kommentierverhalten in der Anmerkung verunlustigt meine Kommentierfreude. Vielleicht schreibst du dir einfach ein paar eigene Kommentare?

Liebe Grüße
princess

 SKARA666 meinte dazu am 04.02.17:
Falls du Fragen zum Inhalt hast, darfst du diese gerne stellen. Wenn du mir einen Tipp geben möchtest, dann tu dies bitte mit einer pN. Danke.
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