Die Sucht

Gedicht zum Thema Sucht

von  RainerMScholz

Opiumesser – die Liebe
ist ein starkes Gift.
Das Herz ist ein Messer,
es schneidet und es sticht
in ein Leben.
Wir waren mehr am geben,
als wir besaßen
und da vergaßen
wir die Welt,
wie sie uns kannte.
Unsere Liebe brannte
in schwarzer Ewigkeit;
in den Nächten unserer Hochzeit
gleißten alle Tabernakellichter;
auf diesem Altar versengten
unsere Gesichter
und wir verschmolzen
zu der einen Gestalt.

Der Winter kam
und uns ward kalt.
Über Onyxscherben liefen
nackte Füße,
doch wir schliefen
und träumten immer noch.
Die Zeit der Schrecken
erfasste uns hoch
im hellen Blau
des Himmels oben.
Die Götter schoben
die Wolken fort;
der Fährmann rechnet genau
für die Überfahrt
zu einem anderen Ort.
Und ganz sacht
mit böser Gewalt
brach das Eine entzwei.

Ich bin der Opiumesser,
mit blutigem Geweih
renne ich durch bittren Wald
und suche dich.
Es wird mir kalt.
Ich suche dich,
mein Herz ist alt.
Und wenn ich dich habe,
nehme ich meine
Hälfte deines Herzens als Gabe
für den Toten,
der ich bin.
Ich gebe dich mir hin.
Die Flut ertränkt mich,
das Rot entleert sich.
Ich streiche die Welt damit an.
Weil ich nicht weiter suchen kann.
Ich bin der Opiumesser.
Mein Herz ist ein Messer.


© Rainer M. Scholz

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