Kleine Hexenträume

Tagebuch zum Thema Schreiben

von  Minime

Alles begann an einem Montag. Obwohl, eigentlich fanden die Veränderungen schon viel früher statt, tief in meinem Unterbewusstsein verborgen.
Ich liebte Bücher seit dem großen Erfolg von J.K. Rowling mit ihrem kleinen Zauberer Harry Potter. Damals hatte ich alles miterleben dürfen. Die Mitternachtspost, als die Bücher nachts von einem verkleideten Zauberer ausgeliefert wurden. Ach Gott, war ich damals immer aufgeregt gewesen!
Bertie Botts Bohnen in allen Geschmacksrichtungen, Eulen Plüschfiguren und Pop-Up Bücher machten den Hype komplett.
Ich träumte von einer magischen Gemeinschaft, mitten unter uns. Verkleidete mich als Hexe, gestaltete Zauberbücher und richtete mir meine eigene kleine Hexenhöhle in meinem Zimmer ein. Sehnsüchtig wartete ich auf meinen Hogwartsbrief, der bis heute nicht eintraf.
Meine Mutter hatte mich in meiner Fantasie darin besonders bestärkt. Sie fuhr mit mir zu alten Burgen und suchte das kleine Gespenst in versteckten Winkeln. Auch meinen Geburtstag kurz vor Halloween gestaltete sie immer fürsorglich mit Gespenstern, große Spinnen und Hexenkostümen. Sie gab sich wirklich Mühe, meine Kindheitsvorstellungen so real wie möglich zu machen. Auch Kräuterkunde im heimischen Garten, Bücher mit Bastelanleitungen für Zauberutensilien und immer neuen Lesestoff über kleine Hexen gehörten selbstverständlich dazu.
Doch an diesem Montag sollte sich etwas Entscheidendes in meinem Leben verändern. Ich kann mich so genau an den Wochentag erinnern, da ich an diesem Tag immer das Haus für mich alleine hatte. Bequem auf der Couch sitzend, das Mittagessen noch vor mir auf dem Tisch, las ich in einer Zeitschrift, in der von einem Teenager in meinem Alter berichtet wurde. Sie schrieb Geschichten und veröffentlichte diese sogar.
Plötzlich war da dieses Verlangen, selbst eine Welt zu erschaffen. Der Gedanke „Das kannst du doch auch.“
Ich setzte mich an unseren alten klapprigen PC, der nur sehr gemächlich zum Leben erwachte. Hibbelig saß ich davor, bis ich endlich ein neues Textdokument öffnen konnte.
Damals kannte ich noch nicht die Angst vor dem weißen Blatt Papier und überlegte gar nicht lange, was ich denn überhaupt schreiben wollte. Kurz vorher hatte ich „Eragon“ gelesen.
Drachen und Elfen waren mir daher noch perfekt im Gedächtnis. Da war es nur selbstverständlich, dass auch meine erste Idee von solch einem Abenteuer handeln musste.
In meiner Geschichte ging es um einen Jungen, der durch seine Träume in eine andere Welt reisen konnte. Ein Held, der Großes erleben sollte. Ich schrieb und schrieb, den ganzen Nachmittag bis zum Abend hindurch. Die Seiten füllten sich mit Wörtern, während das Sonnenlicht an unserem Wohnzimmerfenster entlang wanderte und mich irgendwann in Dämmerlicht hüllte. Vor meinem inneren Auge entstand eine Welt, durch die ich alles um mich herum vergaß. Ich war mitten drin im Geschehen. Erst meine Mutter konnte mich mit dem Abendessen widerwillig vom Computer weglocken.
Der arme Junge musste damals so einiges durchmachen. Ganz plötzlich in einer anderen Welt gefangen, die Hoffnung einer ganzen Bevölkerung auf seinen Schultern lastend. Es ging um magische Zauberschwerter und riesige Schätze. Böse Monster und furchteinflößende Kreaturen, die es zu bekämpfen galt. Am Ende sollte dann der große Ruhm auf ihn warten, den er leider nie erlangte.
Es vergingen Stunden, in denen ich einfach aufs Geratewohl alles aufschrieb, was mir zufällig einfiel. So unvoreingenommen wie damals, jung und naiv, auf keinerlei Regeln achtend, konnte ich nie wieder schreiben. Zwar fand die Geschichte niemals ihr Ende und irgendwann ging sie leider komplett verloren, doch vergessen werde ich sie niemals.
Zu sehr hat sie in mir eine Leidenschaft entfacht, die mich seit dem nie wieder losgelassen hat.

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Kommentare zu diesem Text


 Fuchsiberlin (01.05.17)
Es ist interessant zu lesen, wodurch und wann ein Mensch die Freude am Schreiben für sich entdeckte und diese dann auslebte. Auch wie der Anfang verlief, worüber dann geschrieben wurde. Und dass man einfach los schrieb, ohne an irgend etwas groß zu denken, was einen vielleicht dann blockiert hätte.

Gut und anschaulich von Dir beschrieben.

 Minime meinte dazu am 02.05.17:
Vielen Dank Fuchsiberlin für deine Meinung. Das freut mich natürlich sehr Vielen Dank auch für die Empfehlung!
Liebe Grüße
Minime

 Dieter_Rotmund (02.05.17)
Der Schluss ist arg sentimental, da würde ich was anderes erfinden.

 Minime antwortete darauf am 02.05.17:
Vielen Dank Dieter_Rotmund für deine ehrliche Meinung, auch wenn für mich das Ende vollkommen stimmig ist. Und sentimental ist ja nicht unbedingt immer was schlechtes

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 02.05.17:
Finde ich durchaus, dass Sentimenalität immer ein Manko ist. Stimmig kann die Geschichte für uns Leser nicht sein, da sie über kein wirklichen Schluss verfügt, ja nicht einmal ein offenes Ende hat!
fragilfluegelig (49)
(02.05.17)
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 Minime äußerte darauf am 03.05.17:
Vielen Dank fragilfuegelig! Dass ich dich mit meinem Text auf eine Reise mitnehmen konnte, macht mich glücklich! Dass in dir lebendige Bilder entstanden sind, ist das beste Kompliment, was ich bekommen kann, denn genau das möchte ich erreichen Danke dir!

 Dieter_Rotmund (20.12.19)
Es fehlt der sanfte Hinweis, dass solche Werke rein handwerklich eigentlich immer grottenschlecht sind, unabhängig von der Schreiberfahrung. Dann wäre die Geschichte auch ehrlicher, realtsitischer, etwas weniger "putzig".

 Dieter_Rotmund (15.03.22, 17:08)
Etwas arg betulich formuliert, insgesamt jedoch gerne gelesen. 

Bei mir war's die Schülerzeitung.
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