WM 2006

Kurzgeschichte zum Thema Sport

von  Pameelen

WM 2006


Alles hat heute wieder versagt.
Der Bus zum Bahnhof.
Die Bahn nach Essen.
Sie hatte bereits heute Morgen um 7:20 schon eine fette Verspätung, die U-Bahn am Hauptbahnhof Richtung Uni-Essen zeigte mir konsequenterweise nur ihre freundlichen Rücklichter und der Vorlesungssaal war wieder gnadenlos überfüllt.
Die Vorlesung hatte begonnen.
Natürlich.
Einige Plätze in der ersten Reihe waren noch frei.
Ausgerechnet!
„Darf ich mal bitte?“
Cola-Flaschen fallen scheppernd um, Bleistifte rollen über den Boden.
„Oh, sorry! Bin gleich vorbei!“
Ich krame nach meinen Schreibblock, die Dozentin schießt giftgrüne Pfeile aus ihren Augen direkt in meine Richtung.
Eine Kommilitonin mit einer Kassengestellbrille tat es ihr schulmeisterlich gleich.
Nun aber erst recht im Eilschritt zur Erziehung des Menschen in Schillers Ästhetik.
Ich erfahre, nicht ohne einen erneuten Augenaufschlag in meine Richtung, dass Schiller den Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit außerordentlich zugetan war. Aber bereiste Schiller jemals das Ruhrgebiet?

Aber heute Abend ist ja  d a s  Spiel schlechthin!

Und die üblichen Fragen lassen nicht lange auf sich warten: mit wem? Bei wem? Und wer bringt was mit? Oder doch besser allein?
Nein, nicht allein. Das hat so etwas tragisches.
Ist genauso wie alleine trinken.
Klingt doch alles zu sehr nach Fallada.
Einfach blöd und das Ende ist wohlbekannt.
Wen sollte man dann mit seinen dilettierenden Bemerkungen nerven? Außerdem, meine Glotze ist schon vor Jahren in einem hohen Bogen aus dem Zimmer geflogen.

Die Frage konkretisiert sich: bei wem?
Schwesterchen macht Babysitting für eine Freundin und der Schwager steht vor einer megatrendigen Großbildleinwand im Oberhausener Centro.
Centro?
Nein!
Mama?
Niemals!
Aber wozu hat man gute Freunde?
Ralf geht nicht ans Telefon, Torsten hat mal kurzerhand einen Kurztrip um das lange Wochenende gebucht und Michael macht sich nichts aus Fußball. Toll!
Mittlerweile ist es 20:00!
Es wird eng.
Verdammt eng!

Jens ist meine letzte Rettung.
Er wohnt nur einen Block weiter.
Das schafft man.
Ich wähle sogar seine verdammt teure Handynummer.
Er nimmt ab.
Ich bin ein Glückspilz!
Ich bringe Bier mit.
Alles wird gut . . .

Denke ich gerade noch so, als er mir ein schallendes Gelächter entgegenbringt.
Ich stehe am Fenster und halte den Hörer fünfzig Zentimeter weit vom Ohr weg.
Eine Nachbarin winkt mir zu.
Ich winke mit Jens zurück.
„Nee, also. Mensch Ralle, das ist absolut nicht mein Thema!“
Hätte ich doch wissen können.
„Mensch Ralle, in jeder Kneipe steht doch’n Fernseher. Trinkste’n Bier dabei . . .!“
Toller Freund.
Schlechte Idee.
Denn genau dort trifft man die Leute, die man gar nicht treffen will und ich bin heute absolut nicht sozialkompatibel.
Besten Dank auch!

Also mal in den Schränken wühlen, dann liegt er vor mir:
Ein in die Jahre gekommener Panasonic RQ-SX67V Stereo Radio Cassette Player mit Autoreverse, S-Bass, FM/AM-Tuner, bla, bla . . .
Alugehäuse.
Slimline.
Und Batterien braucht der Kleine, die schlichtweg schweineteuer sind, aber dafür leiert er wunderschön gleichlaufend im Cassettenbetrieb.
(Kann mir jemand erklären, wie das geht?)
Egal!
Batterie?
Radiowecker!
Auch egal!
Die Idee ist so schlicht wie grandios und ganz nebenbei kann man sich das erste Pils köpfen.
Ein Prosit auf Fallada!

FM 92,2 MHZ.
Lokalradio Duisburg.
„Deutschland-Polen. Live! In ganzer Länge nur bei uns!“
Es ist drei nach neun.
Das Spiel hat längst begonnen, als noch eine kurze LBS Werbung eingeblendet wird.
Der Vor-Ort-Moderator gibt sein Bestes, will heißen, er bringt sein gelerntes Vokabular brav zum Besten.
Man erfährt also eigentlich nichts.
„Da ist wieder Ballack. Ja, ja, ja . . .!“
[ . . .]
0:0 und noch elf Minuten!
Und die Polen sind nur noch ganze Zehn!
60275 Zuschauer in Dortmunder WM-Stadion, erfahre ich.
[. . .]
„Podolsky nimmt den Ball mit, ja, ja, ja . . .!“
In der Ferne röchelt der Himmel.
[. . .]
„Er hat’s aber auch in den Beinen, ja, ja, ja . . .!“
Ich kann nicht mehr zuhören.

Jetzt gibt’s gleich ein Gewitter.
Blitze und Getöse eine ganze Stunde.
Dann Ruhe.
Dann die Sirenen der Feuerwehr.
Dann die Volldeppen die hupend bis nach Mitternacht die Friedrich-Wilhelm-Straße auf und abfahren.
Bis zum Bahnhof, drehen und zurück.
Die Schlagzeile liegt BILDbereit in zwölf Punkt gefettet vor mir:
Mob zeigt Flagge.
Bis nach Mitternacht geht der Spaß.

Der Panasonic liegt vor mir.

Play!

“Today”.

Grace Slick.

Und der Himmel hat endlich ein Einsehen.



                                                                                                                                                              (14.06.2006, Mittwoch)


Jens (15.06.06):

„Schallendes Gelächter? 50 cm? Neenee, Ralle, dat darf doch nich wahr sein. Dat et dir SO ein Bedürfnis war, hab ich nun gar nicht rübergekriegt, olle Stinkmorchel. Und von Bier war auch keine Rede. SO! Getz habich et dir abba gegeben . . .“


Anmerkung von Pameelen:

Ein (überarbeitetes) Fundstück als Gegenpol zu meinen ernsten Texten!

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (07.05.17)
Dafür, dass es überarbeitet ist, sind aber doch noch recht viele Fehler drin, Herr Pamela!
Und warum einen Absatz nach wirklich jedem Satz? Sieht seltsam aus und passt nicht zum Text.

 Pameelen meinte dazu am 07.05.17:
Ach Hannes, wieder mal als Ballastabwerfer unterwegs oder bist du in der Morgenrunde nicht zum Zug gekommen??

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 29.10.19:
Meine sachlich-konstruktive Kritik ist kein Grund, obszön-beleidigend zu werden.

 Pameelen schrieb daraufhin am 29.10.19:
Für diesen einen Satz hast du nun tatsächlich mehr als zwei Jahre gebraucht???

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 30.10.19:
"Zufallstext" ist derzeit meine Lieblingsfunktion hier, und obszön-beleidigend ist Dein Kommentar ja immer noch... (warum auch immer, ich finde den Text gut, auch wenn die Fehler stören).

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 27.03.20:
So ist es, Dieter.

 Misanthrop meinte dazu am 24.07.20:
So ist es, Dieter.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 07.01.24 um 08:49:
"Podolsky".
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