Der seltsame Durst nach mehr Freiheit

Gedanke zum Thema Freiheit/ Unfreiheit

von  Muuuzi

Ich bewundere Vögel und doch will ich nicht wie sie fliegen. Ich staune über Fische und doch möchte ich gerne auf die edelsten Geheimnisse des Meeresbodens verzichten. Ich begehre schöne Menschen und doch will ich nicht immer schön sein müssen. 
Einfach gesagt, ich will nicht alles sein und ich will nicht alles haben.
Bei mir sitzt ein Etwas namens Freiheit, rund und glänzend in meinen Knochen. Es ist zwischen Schulterblatt und Schlüsselbein anzutreffen. Hier kann ich es schätzen und oftmals auch lieben. Mein Etwas ist zaghaft, doch oft auch ziemlich stark. Oft drängt es meine Vernunft dazu, Grenzen auszuprobieren. Es hüpft dann wie ein Kleinkind herum und brüllt: „Lass mich raus, Kamerad! Vergiss alle Verantwortung und sei wie ich!“
Mit schüchterner Lust lässt sich dann meine Vernunft, die auf meinem anderen Schulterblatt hockt, mit dem Freiheitding ein.
Dann radle ich wild schreiend durch Einkaufsstraßen, bis Menschen wegen mir stehen bleiben müssen und fürchterlich fluchen, dann reise ich in gewagte Länder oder vergnüge mich laut in einer Hüpfburg und schubse Kinder, damit sie mir mehr Platz lassen. Dann mache ich besoffen mit Frauen rum oder rauche mit Flüchtlingen Opium. Dann esse ich lustige Papierschnitzel oder lecke meinen Ellbogen ab, um zu demonstrieren, dass ich das kann. Immer dann verlange ich nach Anerkennung, Liebe oder Rausch. Ich ertappe mich dabei, dass ich in solchen Momenten in eine zarte Gier verfalle und nicht mehr damit aufhören möchte. Die Gier nach mehr Freiheit .
Die harte Vernunft beaufsichtig meine kleine Freiheit streng und tadelt mich, komischen Menschen, oft mies gelaunt, dass nun wieder Ruhe einkehren müsse.
Deshalb genieße ich mit der kleinen Freiheit  nur einzelne Momente, in denen ich sie nah an der Leine halten und bei Bedarf auch wieder zähmen kann. Diese Momente sind schön und leidenschaftlich. Oftmals aber auch dumm und peinlich.
Bei meiner Freiheit geht es aber immer nur um Entscheidungen die ich in einer zwingenden, vorgestalteten Welt treffen darf. Entscheidungen also, die zum Alltag gehören und oft auch prägend ausfallen können. Eine vollkommene Freiheit hat in dieser Welt aber zu wenig Platz.

Ohnehin würde ich mich irgendwann furchtbar langweilen, wenn ich die Freiheit vollkommen besitzen könnte, da ich keine Reize, Zwänge oder Kontrollen kennen würde. Ich könnte alles wissen, alles kennen und alles verstehen. Gut und Böse würden in diesem Spiel bloß im langen Himmel des Göttlichen vergessen werden. Ich bin also froh darüber, dass ich ein bisschen Vernunft und Verstand besitze, auf die ich mich verlassen kann, wenn die Freiheit zu groß wird.
Eigentlich sollte der Mensch gar nicht zu frei sein dürfen. Ein Wesen, das Gedanken wie Macht, Gier oder Neid in sich tragen kann, verdient es nicht, absolut frei zu sein. Ich darf mich hier nicht herausnehmen, da auch ich zu dieser seltsamen Spezies gehöre, die schon viel zu viel Schlechtes auf dieser Welt angerichtet hat. Wenn der Mensch also zu frei sein sollte, würde es ihn und auch die Welt schon bald nicht mehr geben, da er sich alles nehmen müsste und keine Konsequenzen berücksichtigen würde.
Nun hocken wir also wie Knechte mit dem Kopf im Sand und quälen uns, nicht freier sein zu können, obwohl wir ohnehin schon zu frei sind, da wir Flugzeuge und Tauchanzüge gebastelt haben. Absolute Freiheit existiert dennoch nur in unserer Fantasie.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(27.06.17)
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 Muuuzi meinte dazu am 27.06.17:
Mir ist hier dieses Zitat eingefallen:

»Es ist vielmehr die wahre und vollkommene Freiheit, seinen freien Willen zum Besten gebrauchen zu können, und diese Freiheit stets auszuüben, ohne, weder durch äußere Gewalt noch durch innere Leidenschaften, von denen die eine die Knechtschaft des Leibes bewirkt und die anderen die der Seelen, abgelenkt zu werden."

G. F. Leibniz
Graeculus (69) antwortete darauf am 27.06.17:
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 Muuuzi schrieb daraufhin am 27.06.17:
Das widerspricht sich meiner Meinung nach nicht.
Es kommt halt auf die Willen und Motive der Menschen an. Nicht jede "Vernunft" ist wertvoll, da sie auch Schaden anrichten kann. Vor allem wenn Macht, Gier und andere "Eigenschaften" dazukommen wollen.


Oder stehe ich gerade nur auf der Leitung? :D

 Muuuzi äußerte darauf am 27.06.17:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 27.06.2017 von Muuuzi wieder zurückgenommen.
Graeculus (69) ergänzte dazu am 27.06.17:
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 Muuuzi meinte dazu am 27.06.17:
Okay, dann habe/hatte ich eine andere Bedeutung von Vernunft Aber du kannst mich gerne belehren! :)
Ich kritisiere gar nichts, ich überlege nur!
Graeculus (69) meinte dazu am 27.06.17:
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 Muuuzi meinte dazu am 27.06.17:
Ich kann nicht mehr denken heute. Ich schreibe dir bald!

Gute Nacht!
Graeculus (69) meinte dazu am 27.06.17:
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 Dieter_Rotmund (28.06.17)
Der Protagonist diesen Gedankens rühmt sich zwar eines offenbar überbordenden Freiheitdranges, aber dessen Manifestationen sind doch eher adolezenter Natur und brechen keine gesellschftluchen Tabus (Ausnahme: Kinder aus Hüpfburgen schubsen). So gesehen finde ich den hier dargestellten Freiheitsbegriff eher harmlos. Die wahren Freiheiten werden eher verkannt und vergeudet, finde ich.

P.S.: Genetiv vergessen bei "Meeresboden".

 Muuuzi meinte dazu am 28.06.17:
Danke für den Hinweis.

Tja, dieses Ich ist offenbar schon frei, wenn es diese harmlosen Sachen macht! Nicht weiter schlimm, finde ich.

Nicht jeder kann die Sau rauslassen! :D

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 28.06.17:
Ja, eben, das Geschilderte ist nur "Sau rauslassen", mehr nicht.

Schreib’ doch mal ’ne echte Geschichte, z.B. wie dein juveniler Protagonist Kinder aus der Hüpfburg schubst usw.!

 Muuuzi meinte dazu am 28.06.17:
Ja, das war ein Auftrag einer Schreibwerkstatt.
Vielleicht komm ich mal dazu! :)

 RainerMScholz (19.09.17)
oder lecke meinen Ellbogen ab...ich dreh´durch.
Grüße,
R.

 Thomas-Wiefelhaus (24.12.20)
In einer Gruppe sollten wir als Aufgabe notieren, was zum Glück dazugehört.
Nur ich hatte Freiheit (Ganz oben) auf meiner Liste!

Freiheit sinnvoll nutzen wollen und daran gehindert zu werden, macht sicher nicht glücklich. Beispiel in meiner Jungend: Nicht zur Schule gehen zu dürfen.

Wünsche dir einen Happy Geburtstag, auch am Heiligabend!
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