Der Stern unter der Erde

Text zum Thema Faschismus

von  max.sternbauer

Das blaue Band eines Flusses, schimmerte wie Silber durch eine Landschaft schwarzer Erde.
Dieser Fluss, er  trug den Namen Don, wurde einmal von den Menschen als Grenze zwischen Asien und Europa betrachtet. Aber das war schon lange her. So lange, das sich keiner mehr erinnern konnte, wer das einmal gedacht hatte. Die Menschen in diesem Land, lebten nämlich in einer Zeit mit einer ausgelöschten Vergangenheit. Die Vorfahren dieser Menschen, hatten  alle Zeugen der Vergangenheit zum verstummen gebracht. Es sollte davon nur ein leeres reines weißes Blatt bleiben. Alle Aufzeichnungen die jemals existiert hatten, waren vernichtet worden.
Genauso wie alle Bauwerke und alles was an Kunst existiert hatte.
So mancher Herrscher, hatte schon versucht die Vergangenheit nach ihrem Bild neu zuschreiben.
Aber ihr leeren der Archive, ihre Scheiterhaufen von Büchern, waren zum scheitern verurteilt gewesen. In diesem Land aber, gab es keine Geschichte mehr. Es war verboten sie aufzuschreiben.
In diesem Land ohne Geschichte, floss nun ein Fluss, der von den Menschen einmal Don genannt
worden war. Unweit des silbernen Bandes lag ein Dorf, nach einem strengen Muster gebaut. Eine Straße teilte Felder, die genauso streng angelegt worden waren und führte zu einem anderen Dorf.
Was gleich aussah. Die Straße führte weiter in das Land hinein. Wie an einer Perlenkette, war Dorf um Dorf an ihr angereiht. Betrat man eines von ihnen, führte die Straße in der Mitte zu einen runden Platz. Ein Haus, direkt an dem staubigen Platz, war das Büro des Erntekoordinators, der die Abgaben der Bauern  an die  Kommune kontrollieren sollte.Hinter dem Haus lag ein mit dichten Gras bewachsener Hinterhof der mit einem hohen Lattenzaun umschlossen wurde. Aus einer offener Tür kam das Jaulen. „Du verdammte Missgeburt,“  fauchte eine Stimme. Der vor Anstrengung gekrümmte Rücken eines Mannes, tauchte in der Tür auf. Mit beiden Händen zerrte er an einer Leine. Sein Gesicht war halb rot angelaufen und seine Stirn ertrank in Schweiß. „Wenn du nicht herauskommst, dann erwürge ich dich im Haus.“ Was genau diese Drohung bewirken sollte, war nicht ganz klar. Aber der Hund gab seinen  Widerstand  nicht auf. Sein ganzer Körper war nur noch ein Knoten gespannter Muskeln. Sein Nacken der sich gegen die Leine presste, zitterte zwar gab aber keinen Zentimeter nach. „Woher hat dieses Vieh nur seine Kraft“?
Der Hund kämpft um sein Leben, du Idiot, dachte sich ein älterer Herr, der im Büro das Spektakel betrachtete. Wenn du an einer Leine von deinem Schreibtisch weg gezerrt würdest, zu einem Holzblock mit einer Axt daneben, dann würdest du doch auch kämpfen. Du würdest dich an einem deiner Aktenschränke festklammern und heulen.                                                                                        Mit beiden Händen hielt der ältere Mann einen kleinen Jungen sanft an seinen Bauch gedrückt, der jammerte und schluchzte. Die braun gebrannten faltigen Hände, streichelten dessen Kopf.
Die Tränen seines Enkels, drangen durch den Stoff seines Hemdes und befeuchteten seine Haut.
Sein Enkel weinte laut. Was anderes tat das Mädchen, was von einer Frau um die Vierzig 
zurückgehalten wurde. Das Mädchen war in dem Alter des Enkels. Sie kämpfte mit aller Macht  gegen die Umarmung ihrer Mutter und schrie schrill. Zu einer anderen Zeit, hatten diese Arme sicher Trost gespendet. Jetzt waren sie aber die Mauern eines Gefängnisses.                                        Der ältere Mann sah es in der Gesicht der Mutter, das sich in eine steinerne Maske verwandelt hatte, wie es ihr wehtat, ihre Tochter zurückzuhalten. Der Beamte im Hof schnaufte genervt.                            Kurz schien er sich noch zurückzuhalten. Er wackelte mit seinem Kopf, als würde ein Insektenschwarm seinen Nacken malträtieren. „Schaff die Kleine hier weg, sonst stopf ich ihr das Maul.“ Ja, so spricht ein liebender Vater, dachte der ältere Herr. Behielt aber die Worte für sich.
Die Situation war schon kompliziert genug. Die Miene blieb hart. Aber es schien wie eine milchige Scheibe gegen einen grauen Sturm gepresst. Sie versuchte ihre Tochter, die immer noch kreischte, aus dem Büro zu schieben. Aber leistete sie genauso viel Widerstand wie der Hund.
„Ich kann es  nicht,“ sagte die Frau, war ab fast stumm. „Was heißt das, du kannst nicht,“ kam es aus dem Hof gebrüllt. Der ältere Mann, führte seinen Enkel sanft aus dem Büro hinaus.                Auf die Straße. Dort  wartete ein Traktor auf sie, mit einem roten Anhänger. Ein Teil seiner Ernte, hatte der Bauer in das Dorf gebracht, um es kontrollieren zu lassen. Er setzte den Jungen auf den Hänger und murmelte noch ein paar Worte zur Beruhigung. Dann ging er in das Büro zurück.
Ohne zu zögern nahm er der verdutzten Frau ihr Kind aus den Armen. „Wo ist ihr Zimmer,“ fragte er. Das Mädchen schrie bis ihre Stimmbänder brannten, schlug ihre Ellbogen in seinen Bauch und ihre Fersen strampelten nach seinen Knien und leisten. Ein Treffer landete sie bei seinen Genitalien.
Sein Unterleib wollte sich vor Schmerzen verknoten. Aber er lies das Mädchen nicht los.
„Ihr Zimmer ist die erste Tür links,“ hörte er aus dem Erdgeschoß die Frau rufen. Der Mann trat  an die betreffende Tür zu und musste mit dem Kunststück fertig werden sie zu öffnen, mit einem scheinbar ums überleben kämpfenden Mädchen im Arm. Er brachte die Tochter des Beamten in
das Zimmer und sah nur wie sie auf den Teppich fiel und vor Schmerzen und Kummer fast zerrissen wurde. Gerne hätte er einige Worte des Trosts gesucht und auch gefunden, aber wusste er auch, wie
sinnlos dieses Unterfangen auch war.
Also verschloss er wortlos die Tür. Die Prellungen und Kratzer brannten auf dem Weg nach  unten. Was er dort sah, war fast zum Lachen. Der Hund war noch an Ort und Stelle und er hechelte.
„Du blindes Miststück, dein Tod ist schon beschlossene Sache.“
Diese Worte wurden von dem Beamten gejapst, dessen Brustkorb gierig mit Luft füllte.
Hasste der Mann diesen Hund wirklich so sehr, oder sah er es nur als Pflichterfüllung an, dieses Tier zu töten? Der Großvater blickte auf den Hund, der nichts sehen konnte und ganz langsam  kamen ihm wieder diese Gedanken, die er am besten nicht haben sollte.
„Komm Hermann, ich helfe dir,“ sagte er und  kam schnell von der Treppe herunter.                            Doch der Angesprochene  hob abwehrend die Hand. „Nein, ich habe eine bessere  Idee,“ keuchte er.
Der breite Mann, walzte an ihm vorbei. Gleich unter der Treppe, befand sich eine Tür.  Hermann riss die Tür auf, als hätte sie einen Hader mit ihm. Dahinter kam eine unverputzte Mauer   
zum Vorschein. Eine grelle Lampe beleuchtete sie. „Herauf“, brüllte Hermann in den Keller  hinunter. Kurze Zeit später, erschien die Gestalt eines schlaksigen jungen Mannes in der Tür, den Hermann um gut einen Kopf überragte und den Kopf einziehen musste, um das  Büro betreten zu können. Links und Rechts fliehen die Locken seines langen Haares herab und dazwischen lagen die schläfrigsten Augen, die der Großvater jemals gesehen hatte.
„Ja Chef, was gibt es Chef? Soll  ich etwas schweres in den Keller tragen“?
Die Worte wurden an einer langen Schnur aus seinem Mund gezogen.                                          „Siehst du den Hund da ,“ sagte Hermann und zeigte auf ihn  der weiter nach Luft hechelte.
„Ist das nicht der Hund von Sofia, ein netter Hund, der wird so gerne gestreichelt von mir.“
Hermann ignorierte diese Worte. 
„Nimm ihn nach draußen zu dem Holzklotz und bring ihn um.“
„Aber was, will Sofia das ihr Hund stirbt. Warum denn, dass ist doch ein ganz lieber Hund.“
Hermann ignorierte auch diese Worte, sondern begann bedrohlich zu zischen.
„Was Sofia will tut hier nichts zu Sache. Dieses Tier ist eine unnatürlich kranke Kreatur, die ohne das ich es wusste in meinem Haus lebte. Da du dieses Tier kennst, wusstest du auch, das meine Tochter dieses Vieh in meinem Haus versteckt hat.“
Nach dieses Worten, erschienen die Schleier von Angst im Blick des jungen Mannes.                              „Aber Chef, Sofia hat so an diesem  Hund gehangen und ich auch, da wollte ich ihr nicht wehtun . Sie ist ja noch so ein junges Mädchen, mit so einem großen Herzen. Tut mir leid Chef.“
Hermann rieb sich entnervt die Augen und sagte, „schaff mir nur dieses Vieh aus dem Haus und alles ist vergessen.“  Der Großvater konnte kaum glauben was er da hörte. Du selber schaffst  es nicht, ein blindes Tier zu töten. Deswegen muss es ein Gehilfe für dich erledigen?
Aber er sagte nichts, sondern lies geschehen, wie der junge kräftige Mann das Tier an der  Leine  nahm und mit sich zerrte. Er wollte nur noch den Schreibkram erledigen und nichts  wie weg.
„Kannst du mir jetzt die Quittung für meine Lieferung ausstellen, ich muss dann mal nach  Hause.
Meine Frau wartete mit dem Essen auf mich.“
Hermann richtete seine Krawatte und nickte. Das Gesicht leuchtete noch im satten Rot, so dass
der Großvater Angst bekam, ein Herzinfarkt käme der erhofften Unterschrift zuvor.  Aber Hermann setzte sich hinter den seinen Schreibtisch und schnaufte. Er blickte von seinem Sessel kurz in eine Ecke als suche er dort etwas.
„Willst du auch einen kleinen Korn, ich könnte einen vertragen. Der Großvater verneinte mit einem scherzhaften Hinweis, dass seine Frau den Braten sicher riechen würde und er wollte kein Risiko  eingehen. Hermann nannte ihn einen Pantoffelhelden und goss sich nach der zweiten Portion noch eine dritte nach. „Paul ist wirklich ein brauchbarer Berg aus Muskeln, nur das Denken sollte er lassen.“ Hermann unterbrach kurz seine Gedanken und fügte dann noch hinzu.
„Das Reden sollte er auch sein lassen. Wäre besser für ihn.“                                                                    Paul war der große Bursche aus dem Keller. Hermann machte noch keine Anstalten, das Formular zu unterschreiben, worauf der Großvater schön langsam seine Geduld verlor. Draußen auf seinem  Traktor saß sein Enkel, der verwirrt war und nach Hause wollte. Aber Hermann konnte sich auch folgende Worte nicht verkneifen. „Ich meine dieser blöde Hund, damit meine ich  Paul, hätte
es doch besser wissen müssen, als meine kleine Tochter. So ein krankes Tier hat unter meinem Dach
nichts zu suchen. Man muss es doch töten, so etwas was nicht von alleine Leben kann. Ich wollte nicht, dass sie diese wichtige Lektion im Leben so lernt, aber besser sie hat es jetzt hinter sich.
In solchen Momenten frage ich mich, ob Paul einfach nur dumm ist oder wirklich geistig behindert.“ Der Großvater horchte aus seiner Dämmerung des Desinteresse auf. Er war geschockt.
So etwas sagte man in dem Land in dm Land in dem sie lebten, nicht ohne Vorsicht. Jemand zu verdächtigen, er wäre unwertes Leben, war gefährlich. Für den, auf den gezeigt wurde.
Jede Familie wurde auf Erbkrankheiten und genetische Defekte durchleuchtet. Jeder Säugling
wurde bei seiner Geburt nochmals kontrolliert. Eine Ehe und Paarung unter den Menschen, war nur unter schwersten Kontrollen möglich. Menschen wurden in  diesem Land gezüchtet wie Vieh.
Hermann wurde auch gewahr, was er gesagt hatte und blickte auf den Pegelstand seiner Flasche
„Upps, na die stellen wir am besten weg.“
Er sagte das in einem gespielten naiven Ton und lachte dann dümmlich dazu.
Der Großvater wünschte ihn in ein dunkles stinkendes Loch, dass sich an Hinterseite eines schmutzigen Tieres sich befand. Endlich bekam er die Quittung für seine Ernte.
Anstatt seiner Art, faltete er das Dokument nicht sacht zusammen, sondern stopfte es in seine  Hosentasche. Seine Frau, die sehr wert auf Ordnung legte, würde ihn nachher sicher damit nerven,
aber und fragen was ihn denn so wütend gemacht hatte. Aber jetzt war ihm das egal. Er trat auf den Dorfplatz hinaus und stieg auf seinem Traktor. Zuerst drehte der Großvater um und fuhr  Richtung Westen. Sie verließen die asphaltierte Straße und fuhren auf den breiten Schotterweg,  der zu ihrem Hof führte. Die Luft flirrte vor der Hitze des Sommers und wegen des lauten Motors  konnten sie die Grillen nicht hören. Es war ein schönes Land, was sein eigen er für das Kollektiv bestellen
durfte. Seit Generationen ernährte es seine Familie. Diesen Stolz über dieses  Land, hatte er von seinem Vater geerbt. Normalerweise, dachte er mit wehen Herzen daran. Aber bei dieser Fahrt war
etwas anders. Der Grund waren seine Enkel. Der Junge, der mit ihm fuhr, würde ihn bald eine Frage stellen, auf die er keine Antwort geben wollte.
Noch schwieg der Junge, wohl weil er den Kummer des Großvaters spüren konnte.
Sie fuhren zu dem Waldstück, das die Sicht auf den Hof verstellte. Hinter dem dichten grünen
Büschen lag ein Teich. Man konnte ihn nicht sehen, weil sein Ufer so zugewachsen war.
Der Großvater hielt an und prompt konnte er die Frösche hören. Er wischte sich den Schweiß von  der Stirn mit seinem haarigen Arm.
Der Junge schwieg noch. „Ganz schön laut die Frösche, was. Mich wundert es schon seit Jahren, das wir Nachts schlafen können. Der Junge begann nach vorne zu dem Traktor zu klettern  und setzte sich auf den Schoss des alten Mannes. Er sah wie sein Vater aus, dachte er.
„Der Hund von Sofia, der wurde krank geboren oder, der kam so wie er war auf die Welt“?
„Ja,  das stimmt.“
„Warum ist es denn schlimm wenn jemand krank ist.“
Er spürte das Gewicht des Jungen, der auf seinen Knien saß. Bald bist du erwachsen, dachte er.
Aber war er schon alt genug, die Wahrheit zu erfahren. Zu erfahren, was wirklich in ihrer Familie passierte.“Schau, der Hund hatte eine andere Krankheit, als die du manchmal gehabt hast. Wenn du ganz hohes Fieber bekommst, meine ich. Wir werden alle mal so krank, müssen husten oder kriegen
schnupfen. Der Hund hat aber einen Fehler von Geburt an mitbekommen. Nämlich das er nichts sehen kann. So kann er auch nicht leben. Es gibt starkes Leben und es gibt schwaches Leben, unwertes Leben. Das muss getötet werden.“
Der Junge sah nachdenklich aus. Er wirkte dabei nicht wie ein Kind, sondern wie ein großer Mann.
„Hättest du mich auch umgebracht, wenn ich blind auf die Welt gekommen wäre.“
Der Großvater hatte mit dieser Frage gerechnet. Deswegen konnte er ruhig antworten. 
„Nein, weil unsere Ärzte gute Test haben, mit denen wir feststellen können, ob jemand krank ist, oder nicht.“
„Haben Mama und Papa auch so einen Test gemacht, als ich noch in ihrem Bauch war.“
„Ja, das haben sie und die Ärzte haben gesagt, dass alles mit dir gut sein wird.“
Bei diesen Worten, sah er auf sein Haus oder versuchte es. Die Äste der Bäume verdeckten dessen Fassade. Er sah nur das Grün der Blätter, und das Licht was hindurch stach.                                          „Ist mein Bruder denn nicht krank“?
Der alte Mann musste an die Wochen vor der Geburt der Zwillinge denken. Der Arzt hatte den Großvater zuerst unter vier Augen sprechen wollen. Weil beide alte Freunde waren, und dadurch war es dem Arzt leichter gefallen, zuerst mit ihm zu sprechen.                                                            Eines der beiden Kinder würde nicht den Normen entsprechen, es würde eine große Chance geben, das eines der beiden eine schwere Gehirnstörung haben könnte. Genauer hatte sein alter Freund an dem Tag nicht werden können. Der Großvater hatte seinen Freund gebeten vorerst zu schweigen, bis die weiteren Ergebnisse vorlagen. Als dann die Nachricht endlich gekommen war, saß die ganz Familie bei einer kleinen Runde zusammen und besprach die Zukunft.
Der Großvater hatte das Nachrichtenterminal im Schlafzimmer  für das Gespräch genutzt und genau darauf geachtet dass niemand das falsche hörte.
Es hatte festgestanden, eines der Kinder würde eine psychische Behinderung haben. Das Kind würde niemals normal sein. Der Großvater wäre am liebsten in diesen Minuten eines mit den Schatten in dem Zimmer geworden. Verschmolzen zu einer Welt ohne Kummer                                    Wie konnte das sein, seine Familie war  gesund, die seiner Frau auch. Seit Generationen wurde ihnen Urkunden ausgestellt die ihre genetische Reinheit bestätigten. Sein alter Freund hatte ihm auch  nicht  weiter helfen können. Mit leiser Stimme hatte er den Arzt um eine schwere Bürde gebeten. Er hatte gebeten, diesen Fall noch nicht zu melden. Eigentlich hatte er zuerst seiner Familie diese schlimme Nachricht noch ein paar Tage aufschieben lassen wollen. Aber er hatte gefühlt, dass das nicht genug war. Nicht genug für ihn, nicht für seine Familie. Er hatte seinem alten Freund, dem Arzt gebeten zu lügen. Zu sagen und zu dokumentieren, das Kind sei doch gesund.
Das war ein Verbrechen, ein schweres. Die Reinheit der Art, war eines der obersten Gesetze ihres Volkes, das in einem Land ohne Geschichte lebte.
Sein alter Freund hatte sich dann doch überreden lassen. Aber die Gefahr war dennoch groß gewesen, entdeckt zu werden. Was bisher aber nicht geschehen war. Die beiden Kinder waren
geboren worden, aber das eine hielten sie auf dem Hof versteckt.
„Ja, dein Bruder ist auch krank.“ 
Der Junge wurde auf einmal ganz leise.“Bringst du ihn eines Tages weg, meinen Bruder. Ganz weit weg.“ Der Großvater rang nach Worten.“Nein, das werden wir nicht.“
Der Junge war erst fünf Jahre alt. Noch verstand er nicht, warum er lügen sollte.  Am besten war er ehrlich zu dem Jungen. Bald würde er doch alles verstehen. Da war es besser, ihn schrittweise einzuweihen. Das war nämlich  das Damoklesschwert, das permanent über ihre Familie hing.                  Er war ein Kind und Kinder reden nun mal, das war so. Noch hatten sie den Kontakt mit anderen Familien eingeschränkt, soweit es nicht auffiel. Bald würde er aber öfters mit anderen Kindern spielen. In der Schule, mit denen der Nachbarn. Jetzt war dieser Tag da, wo er ihn einweihen musste. „Du darfst niemandem sagen, das du einen Zwillingsbruder hast. Wenn andere
davon etwas hören, kommen sie in den Nacht und nehmen ihn mit und du wirst ihn nie wiedersehen. Dann werden wir, deine Großmutter und ich, deine anderen Geschwister, einfach alle auch bestraft und du siehst keinen von uns jemals wieder. Dann wärst du ganz alleine.“
Er konnte kotzen, wegen dem was er dem Jungen antat. Aber er musste ihn erschrecken, damit er verstand wie wichtig das war. Links und Rechts floss ein Strom aus Tränen, aus einem Gesicht, was noch keinen Kummer kennen sollte. Der Großvater versuchte sich mit einer alten Phrase zu trösten.
Wenn du erwachsen bist, wirst du es verstehen.
Er drückte den Jungen fest an sich und für einige Sekunden war es ihm egal, das er keine Luft bekam. Schweigend fuhren sie den Rest des Weges. „Komm, spring runter und geh schon mal in das Haus, ich muss den Traktor in dem Schuppen parken.“ Der Junge tat wie geheißen und sprang von dem Traktor. Auf dem Weg zu der Eingangstür blieb er stehe und drehte sich zu seinem Großvater um. „Spielen wir nachher etwas.“
Der Großvater schüttelte den Kopf. Eine Sekunde, aber wirklich nur eine Sekunde,  amüsierte er sich an der Enttäuschung seines Enkels.
„Wie wäre es, wenn wir später an unserem Fort im Wald, weiterbauen.“ Der Junge verschwand im Haus und er konnte nur noch die atemlosen Rufe nach seiner Großmutter hören.
Das lenkte ihn kurz von dem Schmerz in seinem Herzen ab. Er montierte den leeren Hänger ab und
parkte ihn und den Traktor in dem großen Schuppen. Dann, bevor er das Haus betrat, ging er noch zu dem heiligen Schrein seiner Ahnen. Sein Vater hatte ihm einstmals das beten beigebracht.
Der Schrein lag außerhalb des Hauses und war ein kleines Gebäude, dessen Wände mit heller Farbe bestrichen worden waren. Mit schweren Herzen, öffnete er die Seitentüren des Schreins und das schwindende Tageslicht fiel in den Raum hinein.
Auf dem Altar, leuchtete eine goldene Swastika (Hakenkreuz). Das Zeichen seines Volkes und der Ahnen. Trotz ihrer Technologie, waren sie tief in dem Glauben ihrer Vorfahren verwurzelt. Wie mit ihrer Heimat. Vor dem Altar, war eine mit dicken roten Stoff überspannte Holzleiste, auf der man knien konnte. Er sank darauf nieder und stützte sich mit den Ellbogen ab.In seinen Händen, roch er noch den langen Arbeitstag. Den Schweiß, den Geruch von Erde. Er entschuldigte sich bei seinem Vater in Gedanken und gönnte sich das Lächeln bei der Vorstellung, wie sein Vater ihn deswegen einen Narren im Jenseits nennen würde. Du bist ein Bauer, also rieche auch wie einer.
Still, ohne ein Wort, sprach er die üblichen Worte, die nach dem Schutz für seine Familie baten.
Dann dachte er darüber nach, weswegen er wirklich gekommen war.  Der Grund für sein schweres  Herz. „Was soll ich nur tun, Vater, Großvater. Gebt mir bitte einen Hinweis.“
Er dachte darüber nach, was seine Vorfahren getan hätten. Was man seit es ihr Volk gab, mit unwerten Leben machte. Er wusste keine Antwort darauf. Das Gebet spendete ihm keinen Trost.
Er sandte seinen Ahnen noch einen letzten Gruß und betrat das Wohnhaus seines großen Hofes.
Seine Frau war in der Stube mit einer Gruppe junger Mädchen beschäftigt, die sich  Zöpfe flochten.
Seine Frau unterrichtete die Mädchen des Dorfes in den Sitten ihres Volkes und welchen Teil sie dazu beitragen sollten, als Frauen und Mütter. Seine Frau unterbrach kurz ihre Tätigkeiten um mit ihm zu sprechen. Die Frage nach den Geschehnissen im Dorf, wurden mit einer Bitte nach später verschoben. Das zerknüllte Dokument, brachte ihn den erwarteten Tadel ein. Aber der war nur kurz  und von eher bürokratischer Natur. Mit einem Vorwand, sich kurz ausruhen zu wollen, ging er in den ersten Stock. Aber er ging an dem Schlafzimmer vorbei und betrat eine steile Stiege, die zu dem Dachboden seines Hauses führte. Die Treppe quietschte unter seinen schweren Schritten.
Für einen kurzen Moment, glaubte er sich in einer Halle, tief unter der Erde. Aber das lag daran, dass hier oben nur wenig Licht gab. Das wenige, sickerte wie Wasser honigfarbend zwischen den Dachschindeln hindurch. Der Dachboden wurde von einer Mauer in zwei Hälften geteilt.
Eine Tür war nicht zu erkennen, aber sie war dennoch da. Denn er hatte sie gut versteckt.
Er betrat den Raum, der sich hinter der versteckten Tür befand.
Es war, als würde man ein anderes Haus betreten.                                                                            Dahinter lag nämlich ein fröhlicher, heller Raum, der das komplette Gegenteil von dem staubigen dunklen Dachboden war. Das Zimmer war mit einem dicken Teppich ausgelegt, so das man überall
gemütlich sitzen konnte. In der Ecke stand ein Bett, bewacht von einer Armee aus Plüschtieren.
Tageslicht kam von einem Dach, dessen Spitze aus durchsichtig war. Fenster an den Seiten des Daches, hätten Fragen zu diesem Zimmer aufgeworfen, bei den Nachbarn.
Auf dem Boden saß ein kleiner Junge, der die Ankunft des Großvaters nicht bemerkt hatte.
Neben ihm lag ein Tablett, mit einem kaum angerührten Mittagessen darauf.
Er setzte sich mit unterschlagenen Beinen auf den Boden und seufzte innerlich, bei dem Anblick des Essens. Die Mahlzeiten waren ein Grund für einen täglichen Krieg.
Der Junge aß nämlich zu wenig und musste ständig dazu ermahnt werden.
Vor allem, wenn der Junge zeichnete, was er in diesem Moment tat, vergaß er die ganze Welt um sich herum. Sein Enkel zeichnete ständig, aber nicht Dinge die er sich ausdachte, sondern nur Dinge die er sah. Er zeichnete so genau, das man sie mit Fotografien verwechseln konnte. Es war nichts kindliches darin. Er malte einen Regenbogen, nicht wie es ein Fünfjähriges Kind tun würde, sondern wie ein Architekt das Grundgeschoß eines Hauses entwerfen würde.
Die Gesichter von Menschen, die Gegenstände im Haus,  er zeichnete so etwas lieber, als Fabelwesen, die sich Kinder in ihrer Phantasie  ausdachten.
Der Großvater hatte ein Dutzend Bilder aufgehoben, auf denen seine Zahnbürste porträtiert  worden war. Er wusste nicht zu sagen wieso, aber diese Bilder mochte er am liebsten. Er erhob sich , um
einen Blick auf den Skizzen block des Jungen werfen zu können. Was der Großvater sah, war der Waldrand, hinter dem Haus. Sein Enkel konnte alles was er nur in einem Augenblick sah, perfekt kopieren.  Jedes Loch in einem Blatt, das Muster der Rinde auf den Bäumen, die Höhe der Grashalme, alles würde identisch sein, wenn der Junge mit seinem Bild fertig war. Der Stift  lies
gerade einen Käfer durch die Luft fliegen.
Die Welt, wie sie aussah konnte er akkurat einfangen. Nur in seine hinein zu gelangen, das war sehr schwer. Er reagierte nicht aus Unhöflichkeit darauf, das sein Großvater neben ihm saß.                    Der Junge hatte ihn einfach noch nicht bemerkt.
Ganz vorsichtig, schob er das Tablett mit dem Essen, über den Skizzenblock. „Iss etwas davon, dann kannst du deinen Käfer zu Ende zeichnen.“
Stumm setzte sich der Junge auf und klemmte sich den Stift hinter das Ohr. Er hob die Schüssel auf und begann laut zu schlürfen.
Der Großvater sah ihn beim Löffelheben zu und hielt  hinter dem Rücken einen Keks versteckt.
Auf einem Teller lagen noch zwei andere Kekse. Auch wenn er diese Sorte mochte, so wollte er nur immer nur zwei davon. Sein Großvater wusste nicht zu sagen wieso, aber sie mussten bei dem Jungen auf feste Rituale achten. Veränderungen verwirrten ihn. Oder, erschreckten ihn sogar.
Zum Beispiel erzählte er bei vielen Tätigkeiten im Alltag, was er gerade getan hatte.
Wenn er sich die Schuhe zuzog, sagte er im abwesenden Tonfall, „So jetzt habe ich die Schnüre über kreuzt, jetzt nehme ich eine der Schnüre in die eine Hand und mache eine Schlaufe. Dann nehme ich die andere Schnur und wickele sie herum.“
Was  aber dem Großvater weh tat war, dass er kein normales Gespräch mit seinem Enkel führen konnte. Nicht so, wie mit seinem Bruder. Der lachte über seine schlechten Witze, erzählte Lügengeschichten, was er unter dem Tag so erlebt hatte.
Wenn sein kranker Bruder abends mit seinem Computerterminal im Wohnzimmer saß, dann spielte
er nicht die Spiele seines Bruders, sondern besah sich schwere mathematische Gleichungen.
Der Großvater wusste nicht zu sagen, ob dieser Junge, der gerade seine Suppe aß, glücklich oder unglücklich war. Der alte Mann  sah sich nochmal den bald fertigen Waldrand an.
„Darf ich das Bild dann haben, wenn es fertig ist.“
Der Junge murmelte etwas, was der Großvater nicht verstand.“Kannst du Bitte lauter sprechen.“
Dann sah er, das  etwas Suppe seinen Mundwinkel verklebte.                                                              Er nahm die Serviette von dem Tablett. „Du hast da etwas, ich wische nur weg.“
Der Junge sah skeptisch aus, aber er wehrte sich nicht. „So das, war es, hat doch nicht weh getan ,“
sagte der Großvater. Der Junge sah ihn verständnislos an. „Was soll denn nicht weh getan haben“?
Der Großvater winkte ab. „Wenn das Bild fertig ist, kannst du es gerne haben,“ sagte sein Enkel zum Abschied, als der Großvater sich erhob und mit dem Tablett das Zimmer verlassen wollte.
Viel Zeit für trübe Gedanken hatte er nicht, denn der andere Bruder, erinnerte ihn ziemlich lautstark an sein Versprechen, an dem Fort weiter zu bauen. Sie zogen sich an und nahmen noch einige Bretter und Werkzeuge mit. Da das Licht bald verschwunden war, wollten sie sich beeilen die Baustelle im Wald zu erreichen. Eigentlich war es für das Bauen  eines Forts doch etwas spät, aber
er wollte seinem Enkel noch eine kleine Freude machen und ein paar Handgriffe gingen sich schon aus. Der Außenwall war schon fast fertig. Bald wollten sie mit dem Bau des Hauptgebäudes anfangen. Über der Baustelle, hing ein Zelt, damit falls sie vom Regen überrascht wurden, einwenig Schutz hatten.  Kaum war das Fort zwischen den Bäumen aufgetaucht, war der kleine Junge schon, voraus gerannt. Er wollte weiter an seinem Versteck bauen, für Soldaten die in der Nacht wache halten sollten. Der Großvater lud die Bretter ab und streckte erst mal den Rücken durch.
Er schaute auf das Tageslicht und seufzte leicht. Die Schatten waren schon länger geworden, als er erhofft hatte. Über den Wolken, konnte er das rötliche Band der Abenddämmerung ausmachen.
Bald würde er wieder umkehren müssen. Das würde ein Gezeter geben.
Aber dann dachte er sich, solange der Junge Energie hatte, konnte er ruhig noch ein wenig Zeit dran hängen. Nach der Geschichte mit dem Hund, würde etwas mehr Spaß ihm sicher gut tun, dachte der Großvater und schaltete eine Lampe ein.
Er bohrte gerade Löcher für Scharniere in ein Brett, was später dann einmal eine Tür werden sollte, als sein Enkel angerannt kam. „Opa, ich hab ganz was komisches gefunden.“
„Du hast doch kein totes Tier angefasst, oder,“ sagte der Großvater streng und reflexartig. Aber der Junge schüttelte den Kopf so schnell, als wolle er das er von seinem Hals abriss.
Der Junge gab ihm etwas, was der Großvater verdutzt in das Licht seiner Arbeitslampe hielt.
Es war ein kleiner Anhänger aus Metall, das seinen Sechs zackigen Stern darstellte.                              Er hatte vorher so etwas nicht gesehen. Das Symbol kannte er nicht. Er bat seinen Enkel, ihm die Stelle zu zeigen. Es war dort, wo er sein Versteck baute. Zuerst sah der Großvater gar nichts.    Dann fuhr er in der Erde herum und spürte etwas festes. Er packte es und zog daran.                                  Er war überrascht, über die Schwere dessen, was er da hochzog. Es war eine schwere Holzkiste.
Die Zeit in der Erde, hatte sie deutlich gezeichnet, trotzdem war sie noch gut im Schuss.
Das Vorhängeschloss, womit die Kiste verschlossen worden war, konnte der Großvater mit einigen Hieben seiner Schaufel öffnen.
Bevor er den Deckel aufschlug, sah er darauf, ein Zeichen was er kannte. Es war eine Swastika, das Symbol seiner Vorfahren. Hatten sie diese Kiste hier vergraben?
Er hielt wieder den Anhänger in die Luft und verglich ihn mit dem Zeichen auf der Kiste, was er so gut kannte. Der kleine Junge preschte nach vorne. „Opa, mach endlich die Kiste auf, ich will sehen, was da drinnen ist.“ Der Großvater schob ihn beiseite  und machte den Deckel selber auf.
Was er darin fand, waren kleine dünne Bücher. Er nahm eines raus und betrachtete es.                      Jedes hatte nicht viele Seiten.                                                                                                                    Es waren nur kleine Mappen, gerade groß genug für eine Hosentasche. Was seltsam war, war dass in jeder von  diesen Mappen, Fotos von Menschen sich befanden.                                                        Dazu Namen und Daten von Gewicht und Größe. Das mussten so etwas wie Ausweise sein, dachte er. Er kannte nur das elektronische Zentrale Datenregister.
Er las einen der Namen für sich und musste staunen. So einen Namen hatte er noch nie gelesen.
Avger Bronstein. Was war das für ein Name?
Er las noch andere und sah sich die Bilder der Menschen an. Er fuhr mit dem Daumen über eines und der Kleber löste sich auf. Das Bild fiel aus dem Ausweis und landete auf der Erde des Waldes neben der Kiste. Auf dem Bild war ein alter Mann zu sehen,  mit einer dichten weißen Mähne um seinen Kopf. Der Mann hieß Mendelsohn.
Wer waren diese Menschen, wer war dieser Mann gewesen, dachte der Großvater und lehnte sich gegen einen Baumstumpf. Über die Vergangenheit wusste er nur die Mythen die man sich in ihrem Volk weitergab. Einst hatte es einen großen Krieg zwischen den Menschen und anderen Völkern gegeben, die sie hatten ausrotten wollen. In dieser dunklen Zeit, hatten die Menschen nur knapp überlebt. Wer diese Wesen gewesen waren, hatten ihre Vorfahren nicht überliefert.
Aber es sollten degenerierte Monster gewesen sein.
Der alte Mann war ratlos, was er tun sollte. Er legte den Anhänger mit dem Stern in die Kiste zurück und verschloss sie wieder. Dann  nahm er mit zum Fort und schob sie unter die Plane.
Er wollte sich später darum kümmern. Sein Enkel war sichtlich schwer enttäuscht. „Ich hab mir einen Schatz erhofft. So einen alten Räuberschatz. Wie aus deinen Geschichten, die du mir immer erzählt hast.“
Der Großvater wollte es gar nicht, aber er musste über das schmollende Gesicht seines Enkels herzlich auflachen. Aber er tröstete den Jungen und sagte, das sie morgen wieder herkommen wollten und nach weiteren Dingen zu suchen. Vielleicht fanden sie ja dann einen Schatz.
„So und jetzt komm, Adolf,  zeit das wir nach hause gehen.“


Anmerkung von max.sternbauer:

Eine Utopie verwirklicht von den Faschisten.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 RainerMScholz (20.03.18)
Total überarbeiten? Und herausarbeiten, worum es eigentlich gehen soll?
Gut gemeint reicht nicht.
Grüße,
R.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram