Wo wir lebten

Skizze zum Thema Biographisches/ Personen

von  blauefrau

Das Haus meiner Eltern steht in einer Reihe von Stichstraßen. Es befindet sich in einer Reihenhaussiedlung ganz in der Nähe eines Naherholungsgebiets. Zu jeder Tages - und Nachtzeit hört man das Brüllen der Löwen, der Elefanten und anderer Tiere aus dem Zoo, der per Luftlinie nicht weit von meinem Elternhaus entfernt liegt.
Als ich vier Jahre war, zogen meine Mutter, mein Vater, mein Bruder, meine Schwester und ich  in dieses Haus ein. Kurz nach unserem Einzug  wurde meine zweite Schwester geboren.

In der Nähe meines Elternhauses gab es einen Kaufmannsladen, P. . Etwa 200 Meter von diesem Laden entfernt befand sich der Metzgerladen.
Neben dem Metzger gab es noch einen zweiten Lebensmittelladen, Rox. Dort kauften wir nur selten ein. Die Inhaberin war uns zu frech. . 
Hinter Metzger und "Rox" befanden sich reihenweise Mietshäuser. Schnell wurde deutlich, dass Leute, die dort wohnten, als sozial schwächer als wir galten bzw. es aus anderen Gründen nicht ganz in ein Haus "geschafft" hatten.
Auf riesigen Wiesen zwischen diesen Mietshäusern spielten meine Geschwister und ich mit den Kindern aus der Siedlung. Engere Freundschaften wurden daraus nicht.
Mit Kinder auch aus diesen Häusern besuchte ich die Volksschule(heute: Grundschule). Am Gymnasium habe ich sie dann nicht mehr gesehen.
Der Lebensmittelladen in der Nähe meiner Eltern, P, , war ein wichtiger Bezugspunkt für uns. Fast täglich ging jemand aus unserer Familie dort einkaufen. Der Inhaber war ein freundlicher Mann. Seine Frau, die häufig  an der Kasse saß, ansonsten aber das Regiment führte,  war schon zickiger. Sie teilte auch den Eltern die Diebstähle von Lutschern, Kaugummis, einzelner Bonbons  durch die jeweiligen Kinder mit, und die Eltern gelobten, dass dies nie wieder vorkomme.
Die Verkäuferinnen und das Inhaberpaar kannten alle Kund*innen, sprachen sie mit Namen an und führten, wenn überhaupt Zeit war, kleine Gespräche. Informationen wurden ausgetauscht, Lebensmittel angepriesen, auf kommende Ware hingewiesen. Nachbar*innen trafen sich dort, teilten das Tagesgespräch, sprachen über Geburten, Todesfälle, Probleme mit den Kindern.
Wenn Sonntags abends Brot oder Milch fehlte, konnten wir bei dem Inhaberpaar klingeln. Ohne das Gewünschte gingen wir nie nach Hause.
10 Meter nach rechts von P.  gab es ein Schreibwarengeschäft, K,, wo wir Kinder unsere Schulhefte, Radiergummis, Füllhalter und Tintenpatronen kauften. Der Laden wurde von einem Ehepaar betrieben, das teils recht merkwürdige Sprüche von sich gab.

Alle genannten Läden sind heute verschwunden. Die Gebäude wurden abgerissen. Zum Teil entstanden an ihrer Stelle Mietshäuser. Der letzte Laden inclusive Wohnhaus der Familie P., wurde erst vor wenigen Jahren abgerissen. Zurück blieb ein Schutthaufen, aus dem ein handgefertigtes Treppengeländer aus Holz ragte.
Der Kaufmann P. starb vor wenigen Monaten  in einem Pflegeheim.

Zum Einkaufen anderer Ware fuhren wir mit dem Bus in die "Stadt", die ca  3 km von meinem Elternhaus entfernt liegt.
Wir fuhren nicht mal eben so in die "Stadt". Die Kinder, die mitgingen bzw. mitkommen durften, mussten sich "anständig" anziehen. Dazu gehörten tadellos gebügelte Kleidung und  ausführlich gekämmte und geflochtene Haare (bei den Töchtern).
Meine Mutter hatte eine lange, umfangreiche Einkaufsliste erstellt, die sie in der "Stadt" sorgfältig abarbeitete.
Bevor wir los fuhren, schärfte unsere Mutter uns ein, dass wir uns "ordentlich" zu benehmen hätten.
Zwischen den Einkäufen gingen wir mit meiner Mutter und  meiner Großmutter in ein Café, wo wir jede(r) zu unserer großen Freude Kakao oder Saft und ein Stück Kuchen bestellen durften.

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (15.09.17)
Da hat sich schon eine Menge geändert. Zum Besseren? LG

 blauefrau meinte dazu am 17.09.17:
Hallo, Azu,

die Lebensmittelgeschäfte sind auf die grüne Wiese ausgelagert. Alte Leute, die in der Gegend wohnen, müssen mit dem Taxi die Lebensmittel herankarren. Oder die Familienangehörigen.

Das alles bestimmte meine Leben.
Du kannst aus einem Haus ausziehen, aber das Haus zieht nicht aus dir aus.So gesehen halte ich meine Erinnerung fest, um Pixel meines Lebens zu bannen.

Viele Grüße blauefrau
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