Steckteufel

Gedicht zum Thema Untergang

von  RainerMScholz

Die Kleinteiligkeit des Lebens
bringt mich um;
kleine Finger an kleinen Händen
bringen mich um;
die Fingernägel an den kleinen Fingern der kleinen Hände
bringen mich um;
der widerspenstige beharrliche Dreck unter den Fingernägeln an den kleinen Fingern der kleinen Hände
bringt mich um;
kleine Stöpsel auf Kugelschreibern
bringen mich um;
winzige Flugzeuge in großer Höhe am Himmel, die ich durch mein kleines Fenster im Hinterhof sehe,
bringen mich um;
Staubkörner auf dem Boden nach dem Staubsaugen
bringen mich um;
und Flusen
bringen mich um;
in einem kleinen kaputten stotternden Auto im Stau stehen,
bringt mich um;
mit Leuten sprechen, die kleiner sind als ich,
bringt mich um;
lichte Stellen auf Hinterköpfen in vollen U-Bahn-Zügen
bringen mich um;
wenn mir beim Zigarettendrehen der eingerollte Filter unter das Sofa rollt,
bringt mich das um;
oder der Filter bleibt an der Lippe kleben und zieht sich aus der Kippe,
das bringt mich geradezu um;
Umlagenabrechnungen meines Vermieter
bringen mich um;
vor allem, wenn da der Kauf einer Feuerschale zur Hälfte mir belastet wird und ich somit der Besitzer einer halben Feuerschale bin,
das bringt mich um;
und das ist längst noch nicht alles,
aber das bringt mich um;
kleine Schrauben für Einbauschränke, die unter die Spüle gerollt sind, nicht wieder zu finden,
bringt mich um;
Pickel und warzige Auswüchse an unerreichbaren Stellen
bringen mich um;
die anderen auch, die, an die ich herankomme,
bringen mich um;
kleines Trinkgeld
bringt mich um;
nackte Penisse im Winter
bringen mich um;
Puzzlespiele und Mikado
bringen mich um;
früher war alles besser,
bringt mich um;
binomische Formeln und deren Anwendung
bringen mich um;
meine Tochter und ihr mathematisches Verständnis
bringen mich um;
meine Frau und das Hinter-mir-Aufräumen, wo ich doch gerade alles blitzblank geputzt habe,
bringen mich um;
Preisschilder auf Schallplattencover
bringen mich um;
auf CD-Hüllen auch,
bringt mich schier um;
die Pingeligkeit meines stupiden Vorarbeiters
bringt mich um;
die Arbeit sowieso
bringt mich zur Verzweiflung und dann um.
Und der ganze andere Rest
tötet mich innerlich ab
und bringt mich vor der Zeit ins Grab.
Dass durch den Perfektionismusanspruch das Große hinter dem Detail verschwindet,
könnte mich umbringen,
doch sei es `drum,
ich kann nicht anderer Leute Wäsche auswringen,
das würde mir Kum-
mer machen,
und all die Sachen
bringen mich um und um und um und um.
Das alles macht dumm.
Ich sitze in den Ecken
und bin stumm.
Sonst brächte ich die Welt um.
Gott ist groß – ich bring´ ihn um.
Der Teufel, das Aas,  ist mehr als die Sum-
me seiner Teile.
So kommt das Böse mit Weile.
Und nistet sich in mir ein.
Mein Sein wird klein.
Und kleiner.
Am Ende bin ich nur ein

© Rainer

M. Scholz

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 harzgebirgler (07.02.18)
der teufel steckt gern im detail
und hält da maulaffen kaum feil
nein er zerstreut den sinn zu gern
abhold seit je des pudels kern.

abendgrüße
h.

 RainerMScholz meinte dazu am 08.02.18:
Der Pudel ist dem Teufel sein Steckenpferd.
Gruß + Dank,
R.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram