Nachkriegsgeschichten. Der Chic der Fünfziger Jahre

Bericht zum Thema Mode

von  EkkehartMittelberg

In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg sah es mit der Mode in der BRD traurig aus. Der Durchschnitt der deutschen Bevölkerung besserte seine alte abgetragene Kleidung aus und das Geld reichte kaum für ein Sonntagskleid.
Nach der Währungsreform 1948 folgte auf die Fresswelle schnell die Bekleidungswelle, die mit ihr seit 1950 einherging.
Ganz am Anfang spielten dabei modische Gesichtspunkte eine geringe Rolle, denn man achtete fast nur auf Qualität, weil das Neue möglichst lange halten sollte. Ich bekam 1952 meinen ersten Anzug, den Konfirmationsanzug, den ich wegen seiner Solidität bis zum Abitur tragen konnte.
Zu öffentlichen Tanzveranstaltungen kamen Männer noch bis zum Ende der Fünfziger Jahre in Anzügen.                                                                                                                                        Jugendliche Schüler, falls sie nicht aus begüterten Familien stammten, mussten in den Ferien arbeiten, um sich Kleidung im Rockabilly-Stil von Elvis Presley oder James Dean leisten zu können. Dazu gehörten:
      „ .  Eine schwarze Lederjacke oder eine Collegejacke
Ein weißes T-Shirt oder Unterhemd, alternativ ein Jeanshemd
Eine Jeans
Lässige Arbeiterstiefel oder Bikerstiefel, alternativ Budapester
Optional: Eine Sonnenbrille im Wayfarer-Stil und eine Zigarette.“
http://www.erdbeerlounge.de/fashion/styling-tipps/50er-mode-fuer-maenner-trugen-die-herren/
Wenn man bedenkt, dass die Damenmode damals durch Grace Kelly, Hildegard Knef, Marilyn Monroe oder Romy Schneider präsentiert wurde, wundert man sich nicht, dass sie die Taille, die Hüften und den Busen betonte. „Weite Röcke und figurbetonte Blusen formen die Körper der Damenwelt. Stöckelschuhe mit Pfennigabsätzen machten lange Beine und die Mieder-Ware drückte und pushte dort, wo es gewünscht war.“ (siehe oben www.erdbeerlounge.de)
Ich kann mich deshalb noch sehr genau erinnern, was junge Damen und Herren damals trugen, weil wir in den Fünfziger Jahren Tanzkurse besuchten und man sich außer zu den obligatorischen Mittel- und Schlussbällen noch zu sog. Hausbällen einlud, wo man ausreichend Zeit fand, die meist sorgfältige Auswahl der Kleidung zu bewundern. Das klingt so hochtrabend mit den Bällen, doch die Kleidung war gefällig, aber nicht besonders kostspielig. Die Damen trugen meistens Blusen und ließen die Röcke über ihren Petticoats schwingen, während die Herren in schwarzen engen Röhrenhosen steckten und ihre Lederjacken lässig überwarfen. Es war ein Outfit, das gut zu dem damals dominierenden RocknRoll und Boogie-Woogie passte.
Auch die ältere Generation, deren modische Vorstellungen von Versandhauskatalogen geprägt wurden, kleidete sich nach einer tragbaren Mode und machte sich in einem bescheidenen Rahmen chic, wie die folgenden Bilder zeigen.                                            http://www.wirtschaftswundermuseum.de/mode-der-50er-jahre-1.html
Die elegante Damenmode wurde damlas von Christian Dior geprägt (Vgl. Damenmode der Fünfziger Jahre  http://www.20jahrhundert.de/50er-jahre-mode.html ) und die elegante Herrenmode orientierte sich an dem Outfit von Frank Sinatra. http://www.erdbeerlounge.de/fashion/styling-tipps/50er-mode-fuer-maenner-trugen-die-herren/
Als die Bekleidungswelle Anfang der 50er Jahre anlief, machte der Durchschnitt der Bevölkerung noch keine Reisen in teure Hotels mit Modenschauen, und so habe ich die hochelegante Mode, die es in den Fünfzigern natürlich auch gab, nur in Filmen bewundern können. Da sie aber niemand in meinem Bekanntenkreis trug, wurde sie dort nicht zum Objekt von Neid.
Doch in den Jahren des Wirtschaftswunders brauchte keiner ganz und gar auf Eleganz zu verzichten. Dafür sorgte der Deutsche Modeschöpfer Heinz Oestergaard, der Dior von der Spree, der chicke Mode für alle Teile der Bevölkerung entwarf.  http://www.deutschlandfunk.de/heinz-oestergaard-der-modemacher-zum-wirtschaftswunder.871.de.html?dram:article_id=363050.
© Ekkehart Mittelberg, November 2017

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(24.11.17)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.11.17:
Merci, Graeculus. Ja, die Wirkung von James Dean auf die Mode der Fünfziger war durch seine drei großen Erfolgsfilme "Denn sie wissen nicht, was sie tun" , "Jenseits von Eden " und "Giganten" sehr groß.
Ich habe ihn auch erwähnt. Das hast du wohl überlesen: "Jugendliche Schüler, falls sie nicht aus begüterten Familien stammten, mussten in den Ferien arbeiten, um sich Kleidung im Rockabilly-Stil von Elvis Presley oder James Dean leisten zu können."
Ich finde deinen Hinweis auf den Cool Jazz sehr interessant, wenngleich die Musik dieser Jahre ein Extra-Thema ist, das ich noch behandeln möchte.
Graeculus (69) antwortete darauf am 24.11.17:
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 jennyfalk78 (24.11.17)
Ach, wie wundervoll! Schon alleine elegant und Wirtschaftswunder, gepaart mit hochelegant und Tanzkurse!
Bin ja Fan der ersten Fünfziger Jahre Stunde!
Herzlichst die Jenny, die gerne Petticoaut trägt!

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 24.11.17:
Merci, Jenny, es freut mich, dass sich junge Menschen wie du für diese Zeit interessieren, die in puncto Mode und Musik gar nicht so schlecht war. Über die reaktionäre Politik wollen wir hier lieber schweigen.
Herzliche Grüße
Ekki

 Sanchina (24.11.17)
Du hast die Tupfen vergessen! Die Kleider der Damen waren alle getupft.
Gruß, Barbara

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 24.11.17:
Stimmt, Barbara, da diese Kleider relativ häufig getragen wurden, haben meine Kameraden und ich sie in Anspielung auf getupftes Geschirr von Lindes spöttelnd als Lindes-Kleider bezeichnet.
Gracie und LG
Ekki

 TrekanBelluvitsh (24.11.17)
Die Geschwindigkeit scheint im Nachhinein erstaunlich. Allerdings: Wenn man für die deutsche Industierproduktion am 1. September 1939 einen Indexwert von 100 festlegt, betrug dieser am 8./9. Mai 1945 ebenfalls 100. Es wurde zwar viel durch den Krieg zerstört, aber eben auch viel neu gebaut. Ein weiterer Punkt ist, dass die Fließbandproduktion, vor dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland eher eine Seltenheit war, sich im Krieg aber durchsetzte.

Unter Reparationen und Demontagen hatte in erster Linie die sowjetische Zone zu leiden. Die politische Ungewissheit/Unsicherheit war in den Westzonen das größere Problem. Vielleicht hatten deine Eltern nach dem Krieg ja auch einen der unzähligen deutschen Stahlhelme, die zu Kochtöpfen umgearbeitet wurden und viel benutzt wurden, weil es so viele von ihnen gab und sie darum preiswert waren.

Als die Währungsreform dann alles Wirtschaften - nur im Westen - auf eine neue Grundlage stellte, gab es in Deutschland tatsächlich einen Nachholbedarf, denn das Land hatte ja nicht nur (das Gefühl) einen Krieg aufzuholen, die Wirtschaftskrise der ausgehenden 20er hatte ja viele Menschen auf das Lebensnotwendige zurückgeworfen. Und die NS-Zeit war in puncto Mode eine Mischung zwischen Gleichschaltung und Spießertum gewesen. Alles andere wurde als undeutsch gebrandmarkt. Darum: Doch, was die Mode betrifft war damals alles schlecht!

So mussten also über 20 Jahre "aufgeholt werden". Das mag uns oberflächlich klingen und in einem gewissen Rahmen war die 50er das auch. Doch sind wir es heute ja gewohnt, unserer Persönlichkeit durch unsere Kleidung Ausdruck zu verleihen. Das musste der Einzelne damals erst "lernen" und verbrauchte dafür vielleicht ein wenig mehr Energie, als es uns heute nachvollziehbar erscheint.

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 24.11.17:
Vielen Dank, Trekan, dass du noch einmal die Kriegs- und unmittelbare Nachkriegsswirtschaft mit ihrere Gleichmacherei in der Mode herausstellst und als Fazit, dass der Einzelne in jenen Jahren erst lernen musste, modisch seinen persönlichen Stil zu finden. Dazu muss man natürlich sagen, dass Mode zu jeder Zeit die Tendenz zur Vereinheitlichung hat, damit sie seriell hergestellt werden kann. Wäre es nicht so , könnte man nicht sagen, dass irgendetwas in Mode ist.
Sätzer (77)
(24.11.17)
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 Annabell meinte dazu am 24.11.17:
meine liebe Mutter hat mein Tanzstundenkleid sebst genäht. Es war hübscher als alle anderen. Zum Tanzen kam ich aber nicht, da hat mich jemand ganz schnell vorher weggeheiratet.
Annabell

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.11.17:
@ Sätzer: Ja, danke, Uwe, man kann meinen Text noch ausweiten im Hinblick auf die damals sehr charakteristische Möbel-Mode. Da wären noch die Nierentischchen zu erwähnen und Schränke, die rustikal wirken sollten. Man wollte eine gefällige, harmonische Behaglichkeit schaffen.
Du kannst rückschauend froh sein, dass du einen Tanzstundenanzug erhalten hast. Bei mir musste noch der Konfirmationsanzug herhalten
LG Ekki
@ Annabell: Merci. Ich kann mir gut vorstellen, wie du mit diesem Kleid die Blicke auf dich gezogen hast. War es für euch nicht möglich, trotz Heirat zum Tanzen zu gehen? Oder wollte dein Mann dich begehrlichen Blicken entziehen?
LG Ekki

 Annabell meinte dazu am 24.11.17:
Dannkeschön für Deine lieben Worte. Lieber Ekki, mein Mann war damals schon ein Tanzmuffel und ist es bis heute geblieben. Leider.
LG von Annabell und ein schönes WE!

 TassoTuwas (24.11.17)
Hallo Ekki,
wenn ich mich recht erinnere hieß der Modetrend "New Look".
Damals war eben alles neu, Mode, Demokratie, Kaugummi!
Heute muss die Hose zerrissen sein ))
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.11.17:
Merci, Tasso. Wie sich die Zeiten ändern: Wenn damals jemand mit bewusst zerrissenen Hosen herumgelaufen wäre, hätte man ihn entweder für verrückt erklärt oder ihn als Verschwender kritisiert.
Herzliche Grüße
Ekki
michaelkoehn (76)
(24.11.17)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.11.17:
Danke, Michael, wir kommen beide aus F amilien, in denen Mode eine Rolle spielte. Meine Urgroßmutter hatte eine Patentschneiderei und verdiente damit viel Geld und meine Schwiegermutter brachte nach dem Kriege als Schneiderin chic aufs bayerische Land

 AZU20 (24.11.17)
Na ja, zwischen 10 und 15 Jahren in einer Kleinstadt nahm ich an der Modewelle noch kaum teil. Später erinnere ich mich noch an weite Schlaghosen u.a. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.11.17:
Danke, Armin, interessant, dass du die Schlaghosen erwähnst, Soweit Männer in der Provinz bewusst an Mode teilnahmen, reduzierte sich das meistens auf weit oder eng gearbeitete Hosenbeine. In vielen Fällen war das Gott sei Dank so, denn es war kein Geld für modischen Wechsel vorhanden.
LG
Ekki
Gerhard-W. (78)
(24.11.17)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.11.17:
Gracias, Gerhard, ja, modische Frisuren waren damals sehr wichtig.
Wir wechselten sie oft, weil die Frisöre nicht so teuer waren. Über die Schmalztolle von Elvis sahen meine Eltern noch großzügig hinweg, aber sie regten sich auf, als ich mit einem Bebop nach Hause kam. Immerhin konntet ihr diese Moden als Klosterschüler mitmachen.
An die Eisen unter den Schuhen kann ich mich auch deshalb noch gut erinnern, weil wir mit ihnen beim Tanzen den Rhythmus zu skandieren versuchten.
LG
Ekki

Antwort geändert am 24.11.2017 um 13:55 Uhr
Sabira (58)
(24.11.17)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.11.17:
Liebe Sabira,
Grazie dafür, dass du die Attraktivität der damaligen Mode herausstellst. Sie war in all ihren Varianten ästhetisch und es gab niemanden, der sich bewusst hässlich machte, um als Persönlichkeit zu erscheinen.
LG
Ekki

 Didi.Costaire (24.11.17)
Oft wirkt modische Kleidung im Nachhinein eher peinlich. Beim Chic der 1950er ist das nicht der Fall.
Eine interessante Beschreibung. Was ich noch vermisse, ist die Geschichte vom modischen Auftreten des jungen Ekkis, mal abgesehen davon, dass sein Konfirmationsanzug etwas länger vorhalten musste. Wie hast du denn die Mädels beeindruckt?
Liebe Grüße, Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.11.17:
Merci, Didi, ich stimme dir zu. An der Mode der 50er Jahre war nichts peinlich.
Ich bin eher durch Schüchternheit aufgefallen als durch meine Kleidung. Aber bei der Damenwahl hatte ich meistens Glück, denn ich konnte gut tanzen.
Liebe Grüße
Ekki

 harzgebirgler (26.11.17)
entwürfe von heinz oestergaard
war'n in der tat total apart
und kosteten auch nicht die welt
was damals so wie heute zählt.

herzliche abendgrüße
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.11.17:
Merci, Henning, so ist es, die aparte Mode von Heinz Oestergaard war für alle erschwinglich.
Herzliche Grüße zurück
Ekki
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