Verschneites Dorf

Haiku zum Thema Jahreszeiten

von  idioma

Illustration zum Text
kana-Kalligrafie
(von idioma)
Vier senkrechte Zeilen
von rechts oben nach links unten zu lesen :


i -sson  wa  ( ichi  son  wa )                ein Dorf
                         
yuki  ni                                                  im Schnee
umorete                                              versinkt

kemuri  kana  !                                    Rauch - oh !


" ichi  son "  =  1  Dorf  wird zu  " i-sson "  verschliffen bzw. abgekürzt
" kana "  wirkt betonend bzw. als Ausruf der Überraschung
Das wertvolle japanische Papier hat nicht nur bläuliche Schattierungen,
sondern auch einzelne kleine Goldpartikel eingestreut, die das ver-
kleinerte Foto aber nicht wiedergeben kann.

Haiku von Siki Masaoka  1867-1902
In der zweiten Hälfte des 19. Jh. öffnete sich Japan allmählich dem Westen.
Zu dieser Zeit war die Haiku-Dichtung angeblich ins Formelhafte erstarrt.
Virtuose Haiku-Ketten-Dichtung war große Mode........
Siki sorgte für eine Renaissance der alten Meister wie z.B.  Basho und Issa,
propagierte wieder das Einzelgedicht aufgrund
echter, original erlebter Naturbeobachtung
und nahm sich gleichzeitig gern Freiheiten vom strengen Silbenschema........


Meine Übersetzung :

Dieses Dorf ist ganz
in Schneemassen versunken
- doch dort steigt Rauch auf !

Ein typisches Beispiel für japanische Überlebensfähigkeit
unter schwierigsten Umständen..............
und auch für die Achtsamkeit, im scheinbar Leblosen
doch Leben wahrzunehmen.
Ich werd für Letzteres noch ein anderes sehr berühmtes Beispiel einstellen........
idi


Anmerkung von idioma:

VIELEN HERZLICHEN DANK
für so viele Favoriten-u.a. Empfehlungen !

Ich möcht versuchen noch viel viel zarter zu schreiben,
verschneiter, im Papier = Schnee verschwindend.............

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Kommentare zu diesem Text


 Martina (05.12.17)
Na, da hast du mir wieder ein schönes Bild gezaubert, liebe Idi.
Verschneite weite Landschaft....man sieht nix....ausser unendliche Weiten, man wähnt sich alleine mit der Natur. Endlich fern von all dem Gebrabbel, der Schnelllebigkeit der Menschen, mitsamt ihren Schwächen und dunklen Seiten.....man atmet tief ein...wähnt sich in Sicherheit vor all dem Wahnsinn....läßt das Auge genüßlich über die weiße Pracht gleiten...als plötzlich das Auge stoppt,der Körper erstarrt, weil dort Rauch aufsteigt!!!
Das heißt: MENSCHEN IN SICHT!
Ohhhh neeeeeeeeee =)))) Vorbei mit dem sich in Sicherheit fühlen, mit dem Allein und in Ruhe sein.... =)
Soo...das war jetzt mein inspiriertes Bild, musste dabei schmunzeln, weil sich eben jeder sein eigenes Bild macht =)
Deines erkenne ich natürlich auch. Und deine Erklärung wieder mal super! Die Überlebensfähigkeit ist oft sehr erstaunlich.
Liebe Grüße zu dir, Tina.

 idioma meinte dazu am 05.12.17:
:-)
Das ist die typische Einstellung bzw. Reaktion des Europäers,
der gerne die Einsamkeit sucht, um dann umso besser seine Individualität und Einzigartigkeit zu spüren........
Bei uns in der Nähe gibt es einen bekannten Hügel mit Kapelle,
von dort hat man einen herrlichen Ausblick auf Stadt und Ländle. Spaziergänger sammeln sich dort gerne, um den Sonnenuntergang zu sehn. Meine längere Beschäftigung mit japanischer Kultur bewirkt, dass es mich überhaupt nicht mehr stört, wenn ich dort mit vielen anderen zusammen dastehe und schaue, im Gegenteil versuch ich sogar, wie bei der Meditation in einer Gruppe, eine Steigerung der Konzentration und Energie zu empfinden und evtl. absichtliche Störenfriede überhaupt nicht als Ärgernis, sondern als zusätzliche Übung von Gelassenheit aufzufassen - zumal mir Gelassenheit bekanntlich SEHR SCHWER fällt, besonders hier im KV.........
idi

 Martina antwortete darauf am 05.12.17:
Lach..das verstehe ich =)
Gerhard-W. (78)
(05.12.17)
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 idioma schrieb daraufhin am 05.12.17:
Aber wenn das Brechen der Regel "zur Regel wird"
also selbstverständlich und gang und gäbe wird,
dann rutscht man doch leicht in die allzu leichte Willkür ab.........
Berufen sich europäische Haikuschreiberlinge nicht
viel zu gerne auf ihre " künstlerische Freiheit " ?
idi

 Morphea (05.12.17)
Idi, liebste Idi... da hast du wieder Wunderschönes in Wort und Bild gezaubert. Schnee symbolisiert eine Ebene des Verborgenen das dennoch leben unter sich birgt... Schnee hat-wenn frisch gefallen so etwas unschuldiges. Diese symbolische Ebene auf der einen Seite und das steigen des Rauches sowie das versinken des Dorfes ergibt eine Harmonie , eine Ausgewogenheit. Auch die Kalligraphie ist -wie alle deine kalligraphien -interessant anzuschauen, deine Erklärungen zu deinen Kalligraphien und den Haikus sind sehr interessant und Ich freu mich über jedes deiner Haikus...immer wieder!
Lieb grüßt Nova

 idioma äußerte darauf am 05.12.17:
Liebe Nova D A N K E für Deinen Enthusiasmus !
" Schnee symbolisiert eine Ebene des Verborgenen das dennoch Leben unter sich birgt... Schnee hat-wenn frisch gefallen so etwas Unschuldiges. "
= zwei sehr schöne Gedanken ! !
Genau zum ersteren such ich noch ein weiteres sehr berühmtes Gedicht als Beispiel........
idi
Leila (50)
(05.12.17)
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 idioma ergänzte dazu am 05.12.17:
Danke für Deine Begleitung !
Man hat ja wirklich das Gefühl, da gehen zwei durch den Schnee :
Der/die eine sieht zuerst das Dorf und zeigt in die Ferne........
der/die andere entdeckt das Lebenszeichen der feinen Rauchsäule......
idi
Festil (59)
(05.12.17)
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 idioma meinte dazu am 05.12.17:
keinerlei Mühen Festil !
Pure Freude...........

Früher waren mir Haikus immer zu wenig,
sie ließen mich quasi immer hungrig, machten nicht satt............
Das hat sich inzwischen schön verändert
idi

 EkkehartMittelberg (05.12.17)
Aus deinen Erläuterungen zu Haikus kann ich viel lernen.
LG
Ekki

 idioma meinte dazu am 05.12.17:
DANKE DIR Ekki !

Ja es dauert ziemlich lang zu lernen
diese Winzigkeiten wie Delikatessen zu genießen..........
( vgl. auch meine Antwort an Festil )
idi

 Jorge meinte dazu am 06.12.17:
Es ist eine Mischung aus Staunen und Bewunderung die das beschreibt, was ich empfinde.
LG Jorge

 Sylvia (05.12.17)
Die Kalligrafie alleine wirkt wie Schnee mit feinem Rauch. Frei und ungezwungen.
LG Sylvia

 idioma meinte dazu am 05.12.17:
DANKE Sylvia für diese Deine Anregung :
Genau das soll mein weiteres Ziel sein :
viel viel zarter zu schreiben...................
ich muss weiter üben..............................
idi

 Sylvia meinte dazu am 05.12.17:
Liebe Idi,
setz dich aber nicht unter Druck. Es sind kleine Kunstwerke :)
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