Vom Bibelschulvirus erfasst

Erzählung zum Thema Glaube

von  Bluebird

Wo  so viele junge Männer und  Frauen mit gemeinsamen zusammenleben, bleiben Verliebtheiten natürlich nicht aus. Und so hatte Bruder Krüger, der Bibelschuldirektor, gleich in seiner Begrüßungsrede angeraten, sich doch lieber auf das Lernen zu konzentrieren und die Frage einer  Partnerwahl offenzulassen. Das wäre dann vielleicht ein Thema  nach der Bibelschulzeit.
    Bruder Krügers Rat fiel allerdings auf wenig fruchtbaren Boden. Allein in meiner Klasse gab es nach dem ersten Schuljahr drei Hochzeiten, unter Anderem heiratete die Tochter von Bruder Krüger einen Schweizer Mitschüler.

Auch ich selber wurde leider von diesem Verliebtheits-Virus befallen. Eine Schweizer Mitschülerin, nennen wir sie mal Vilja, saß bei den Mahlzeiten einige Male neben mir am Tisch. Und natürlich kamen wir ins Gespräch. Mir gefiel ihre ruhige, sanfte Art und eh ich mich versah, waren gewisse Gefühle bei mir entstanden.
    Nun wäre das vielleicht alles nicht weiter schlimm gewesen, denn ich war durchaus willig mich an Bruder Krügers Rat zu halten. Aber Vilja setzte sich nun quasi bei jeder Mahlzeit neben mich und ich deutete es natürlich als ein Interesse an meiner Person.
    Kurzum, recht bald hatte der Virus mich vollständig erwischt! Zwar nahm ich die schulischen Dinge weiterhin Ernst, aber in meiner freien Zeit kreisten meine Gedanken immer öfter um Vilja. Aber was sollte ich tun? Die Sache ansprechen oder einfach weiterlaufen lassen und so tun, als wenn nichts wäre?

Einerseits war es schön, sich mit ihr zu unterhalten, andererseits belastete mich die ungeklärte Situation. Und so schlug ich ihr einen Spaziergang in die nähere Umgebung vor, dem ich sie auch bereitwillig zustimmte.
  Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte, aber die Sache nahm doch eine recht unerwartete Wendung für mich. Während wir also umherwanderten und uns unterhielten, setze auf einmal schlagartig mein Verliebtheitsgefühl aus.
    Ich hatte mich so an dieses Gefühl gewöhnt, dass mich der plötzlich Normalzustand regelrecht aus der Fassung brachte: Was ist los?, fragte ich mich irritiert, während ich mir nach außen hin nichts anzumerken lassen versuchte,  Aber der Zauber war irgendwie verloren gegangen und war ich froh, als wir wenig später wieder in der Bibelschule ankamen.
    Ich erinnere mich, dass ich diese Begebenheit durchaus als einen göttlichen Warnschuss empfunden habe. Aber als Vilja sich beim Abendessen wieder neben mich setzte, kehrten die Verliebtheitsgefühle zurück und alles war wie zuvor.


Anmerkung von Bluebird:

Folge 76 meiner autobiografischen Erzählung (1985 - ...)

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