Spät, später, zu spät

Kurzprosa zum Thema Gesundheit

von  loslosch

Cineri nunc medicina datur (Properz, ~48 v. Chr. bis ~15 v. Chr.; Elegiae). Jetzt wird der Asche Medizin verabreicht.

Emphatische Dichterworte in einer Liebeselegie. Wenn die Gunst der Liebe verspätet genutzt wird. Ein unscheinbarer Ausspruch, der gleichwohl über die Jahrtausende Beachtung fand. In überscharfer Zuspitzung modern um- und ausdeutbar, im Zeitalter der Apparatemedizin, wenn klinisch Tote medizinisch-technisch am "Leben" erhalten werden und der juristische Streit entbrennt, ob überhaupt und, falls ja, wann die Schläuche gekappt werden dürfen oder sollen.

Jetzt wird der Asche Medizin verabreicht. Welch ein Bedeutungstransfer nach über 2.000 Jahren seit der Niederschrift.

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (23.01.18)
Der Spruch ist in Deiner Deutung brutal, aber realistisch.
LG Irene

 loslosch meinte dazu am 23.01.18:
ja, so wird ein oller spruch modern.

meine demente mutter bekam maßschuhe, vom orthopädie-schuhmachermeister verabreicht, zum preis von 1.200€. später erfuhr ich von pantoffeln mit vierfachem reißverschluss zum preis von unter 100€. die maßschuhe hatten den "vorzug", dass beim vertauschen von links mit rechts schmerzen verabreicht wurden.
Graeculus (69)
(23.01.18)
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 loslosch antwortete darauf am 23.01.18:
na, das lob heimse ich mal ein.

 TrekanBelluvitsh (23.01.18)
Auf den ersten Blick zustimmenswert. Das Problem: Die Grenze zwischen Leben und Tod ist nicht so eindeutig, wie es scheinen mag. Der Hirntod ist eher eine juristische Absicherung für Mediziner, die notwendig ist, weil zu viele Menschen in zu vielen Ländern Jura studieren und nach Abschluss des Studiums mit irgendetwas ja den Bentley finanzieren müssen.

Sicherlich ist das eine Frage, der wir uns auch wegen der Geätemedizin stellen müssen. Auf der anderen Seite war früher die Asche allein der ältere Mensch von dem man glaubte, dass er zu nichts mehr von Nutzen war. Da hat die Familie, der große "Wert" der Konservativen, die älteren Lieben alten schon mal gerne verhungern lassen - oder gleich selbst über den Jordan geschickt. Und wie ich gerade gelesen haben, werden überflüssige Alte nach der Beseitigung ja noch heute gerne mal eingemauert - zumindest im traditionsbewussten Bayern.

Darum habe ich auch den Eindruck, dass die Vorkommentatoren es sich ein wenig zu einfach machen. Und wenn es z.B. darum geht, ob die Asche noch Autofahren soll, wird der Widerspruch meistens lauter - wenigstens aus Aschekreisen.

 loslosch schrieb daraufhin am 23.01.18:
ich denke, die kommentator(inn)en machen es sich nicht zu einfach, zumal sie das meiste des lebens bereits hinter sich haben und im text der juristische streit angesprochen ist.

ein ansporn sei mir helmut schmidt. er soll gegen ende gehaucht haben: ich kann und ich will nicht mehr.
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