NETZTRAUER

Gedicht zum Thema Internet

von  hermann8332

NETZTRAUER
( Public Sadness)

Der
Leid-Enthusiast,
Trauer-Fledderer
Betroffenheits -  Virtualist
Mitleid- Netzartist
und Trauerort-Drapierer

Ein Attentat
ein Terroranschlag
eine blutige Katastrophe
mit Verletzten und mit Toten


kaum hat es
fürchterlich geknallt

kaum ist
der Donnerschlag
verhalllt,

schon
scharren

zigtausende 
von Hyänenpfoten

der
Gefühlsfledderer
über die Tasten

wenn die
Betroffenheitsblogger
und Aasgeiersurfer

hechelnd
durch die Netze
hasten

zusammen mit den
Solidaritätszombies

und
Entrüstungs-
schreihälsen


den
Trauergeilern

und
Opfervampiren

und allen,
die sich
da aufführen,

wie durch
Elektroschocks
reanimimiert

durch
fremdes Leid
und Unglück

nun vitalisiert

als  untote,
scheintote,
Manselbst-
geschöpfe,

sie
zombiehaft
im Netz
agieren

ohne eigenes
Ichselbstwesen

und
leben auf,

sind
bestens drauf

wenn sie
den eklen
Trauerbrei

im Netz
aufsaugen
und auflesen

Ihr Gesülze
und
Geschreibsel

ist  überall
dabei,

auf daß
die Welt doch sehe,
wie  empathievoll
und gefühlvoll

man als
Sozialblogger
doch sei

wie sozial
und human

was man
von den Tätern,
diesen Soziopathen

nimmermehr
behaupten kann

auf daß
der Eindruck
der sittlichen Bürde,

der eigenen
Humanität
und Würde

sie
vor sich selbst
heroisch macht

und ihr
geliftetes
Größenselbst
sich dabei
ins Fäustchen
lacht ....

sich aufrecht
zeigen darf,
sich reckt

sich
bis zur
Selbst-
beweih-
räucherung
streckt ........

diese
ewig
Zukurz-
gekommenen

und
ressentiment-
beladenen

Angstbeißer
und Konformisten

diese Sozialblogger
und Narzissten 

ausgestopft
mit Larmoyanz

vom Brägen oben
bis zum Schwanz

Moralisch
gebauchpinset

man im Netz
allzugern winselt:

Als Gutmensch
fühlt man
sich nun high

dank der
vernetzten
Trauerei

und dem
hehren
Trauerbeweis

für den
gesamten
Freundeskreis 

Dazu noch
das Trauer-
wellnessgefühl:

Außer
ein paar
kitschigen Floskeln

kostet es ja
nicht viel

vermittelt
wohlige Trauer

samt
dem wohligen
Schauer,

wie gut es
einem doch
geht

und daß man
weit besser
dasteht

als eines
der vielen Opfer,

das jämmerlich
zugrunde geht

Alles wird
ausführlich
dokumentiert

medial begleitet,

interpretiert

man machts sich
gemütlich ...

genießt es daheim

sicher und behütet

beim Kaffee
auf der Couch

zuhaus
im warmen
Kämmerlein:

keinerlei Aufwand,
auch kein mentaler

alles wirklich
ganz  kostenfrei

Allest weit weg
alles  anonym

nirgends ist man
selbst dabei 

Setzt sich
an sein Tablet
weil gerade
nichts anderes
abgeht

stellt seinen Blogg
und sich selbst

stupid und dreist
ins Netz hinein

Oh mein Gott wie kann das sein,
so infam und so gemein "

" Das sind keine Menschen mehr
da muß die Todesstrafe her "

" Die armen Opfer tun mir leid
So ihr lieben Facebookfreunde
jetzt wißt ihr Bescheid:

Ich bin gegen Terror
und gegen Krieg
Ich hab alle Ausländer lieb „

....und ein anderer Traueridot :

" Kann gar nicht begreifen

wie man über einen Tod
trauern kann, still und allein

um in sich zu gehen
niemand zu sehen,

im Dunklen ohne Licht
in seinem Kämmerlein

Das verstehe ich
einfach nicht ! "

Das soll Trauerarbeit sein, 

wenn die anderen
nichts davon hören

Nichts davon sehen,
einfach ihres Weges gehen....  ?

und nicht mitkriegen
mein Engagement

weil keiner
meine Teilnahme würdigt

und als Gutmensch
meine Teilnahme erkennt

Da kann ich es ja
gleich sein lassen

Niemand
würde mich dafür hassen

aber niemand
würde mich dafür lieben
wäre ich ganz still geblieben

Reiß lieber im Netz
die Schnauze auf :

Beim Netz- Trauern
bin ich stets gut drauf ! "

Und hat er
die Gelegenheit, 

und  ist es
nicht allzu weit,

verläßt er
die Couch
und macht
sich auf
zur aktiven
Trauerarbeit

Begibt  sich hin
zum Unglücksort.

Viele andere
Hyänen
sind inzwischen
auch schon dort.

Stellt
zum Trauerkitsch

sein:

Kerzchen ,
Häschen
Bildchen,
Blümchen,
Schäfchen
Herzchen

oder den
Trauer -
Teddybären

und niemand
von den Toten

kann sich
dagegen
wehren ....

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