Denn alles fließt

Gedicht zum Thema Betrachtung

von  GastIltis

Denn alles fließt, so Heraklit.
Doch irgendwer mit einem Schnitt,
vielleicht jetzt bildhaft mit der Schere,
kommt einem Fluss nun in die Quere.
Zum Beispiel baut er ein paar Wehre
und staut damit des Flusses Lauf.
Hört nun der Fluss zu fließen auf?
Mitnichten. Er steht auf der Kippe.
Stürzt er sich jetzt von einer Klippe?
Beschließt er etwa als Gerinnsel
das Sein, was sonst um eine Insel
sich schmiegt, umschlingend, doch vereint?
Die Frage steht und wird verneint.

Der Fluss strömt hier mit seinem Eifer
für dich, Mensch, der als Scherenschleifer,
als Fluss- und Landschaftsregulierer,
als Nichtmitunstelefonierer
sein Dasein fristet oder nicht.
Er steht mit dir im Gleichgewicht!
Nur dir, dir geht es an die Ehre.
Der Schreiber schreibt von einer Schere,
kann er nicht mehr zu Ende denken?
Nein, kann er nicht. Das Nichtbeschränken,
nur wegen ein paar kleiner Schnitte,
das lohnt doch eh nicht. Danke? Bitte.


Anmerkung von GastIltis:

Empfohlen von:  Annabell, AZU20, franky, Der_Rattenripper, Gerhard-W., Graeculus, Habakuk, Marjolaine, Mullenlulle, niemand, Nimbus, plotzn, princess, Sanchina,  Sätzer, TassoTuwas, tueichler, wa Bash, Walther.
Vielen herzlichen Dank!

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Kommentare zu diesem Text


 princess (16.03.18)
Panta rhei vom Feinsten. Sehr toll gemacht, lieber Gil.

Herzliche Grüße
Ira

 Annabell meinte dazu am 16.03.18:
hier schließe ich mich gerne an. Dafür ein *chen,
LG Annabell

 GastIltis antwortete darauf am 16.03.18:
Liebe Ira, was soll ich dazu sagen? Dass ich mich freue. Sowieso. Sehr. Besonders. Riesig. Dass ich dabei fast vergesse, mich zu bedanken. Nicht ganz. Mit lieben Grüßen.
Ach Annabell, bei dir sieht es natürlich genauso aus. Dich schließe ich mit ein. Selbstverständlich. Ohne Zweifel. Und überhaupt. Und grußmäßig ebenfalls!
Euer Gil.
Gerhard-W. (78)
(16.03.18)
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 GastIltis schrieb daraufhin am 16.03.18:
Lieber Gerhard, danke. Natürlich hat mich Wasser auch immer fasziniert. Abgesehen von meinem Geburtsort habe ich stets Flüsse oder Seen in der unmittelbaren Nähe gehabt. Mein Elternhaus steht in einer Straße, die den schönen Namen „An der Aue“ trägt. Die Kehrseite der Medaille sind jährliche Hochwässer. 2002 stand das Wasser im Haus in Höhe der Arbeitsplatte Küche. Vom Keller samt Ölheizung nicht zu reden. Aber da bin ich lange lange weg. Und mein Neffe, der jetzt dort wohnt, hat alles wieder bestens in Schuss gebracht.
LG von Gil.
Graeculus (69)
(16.03.18)
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 GastIltis äußerte darauf am 16.03.18:
Hallo Graecu, danke für deine Zeilen. Das Kombinat, in dem ich beruflich tätig war (alles in der DDR-Zeit) hieß Spezialbaukombinat Wasserbau, mit Sitz in Weimar, das sagt fast alles. Talsperren, Pumpspeicherwerke, Kanäle, Dämme, Flussverlegungen: eine Palette von nahezu kaum überschaubarer Bandbreite eröffnet sich da. Und Mängel. Wasser hat eine eigene Dynamik.
OK. LG von Gil.

 TassoTuwas (16.03.18)
Also ehrlich Gil,
das sind die philosophischsten Wasserstandsmeldungen sei dem Bau des "Sieben -Schluchten-Staudammes".
Grüß dich und Wasser marsch!
LG TT

 GastIltis ergänzte dazu am 17.03.18:
Hallo Tasso, jetzt muss ich direkt schluchten, nein, schluchzen. Oder, um es mit Gottfried August Bürger zu sagen:
'o wehe! nun hab' ich nichts aufzustehn!'
so schluchzte sie nieder in's küssen.
Dank dir und der hohen Dichtkunst. Viele Grüße zurück von Gil.
wa Bash (47)
(16.03.18)
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 GastIltis meinte dazu am 17.03.18:
Danke Bastian! Schade, dass ich die Kunst nicht beherrsche, etwas Passendes (Foto, Musik, o.ä.) mit einem Link hinzuzufügen. Wie z.B. du! LG von Gil.

 plotzn (17.03.18)
Lieber Gil,

zum Glück hat man inzwischen (mancherorts) erkannt, dass die Schere nicht nur im Kopf Unheil anrichtet und renaturiert die Beschnittenen.

Der Fluss wird sich auch noch in Millionen von Jahren seinen Weg suchen - dann hat er die früheren Misshandlungen längst vergessen...

Liebe Grüße,
Stefan

 GastIltis meinte dazu am 17.03.18:
Hallo Stefan, danke für den Kommentar und die Hinweise. Teil zwei nehme ich raus.
Nun, manchmal ist die Natur schneller. Die Goitzsche (gesprochen: Gottsche) bei Bitterfeld, ein ehemaliger Braunkohletagebau, sollte von 1998 bis 2006 geflutet werden. Doch das Hochwasser der Mulde von 2002 erledigte die Sache innerhalb von 48 Stunden. Jetzt, fast jährlich kann ich mich davon überzeugen, ist die Landschaft ein touristischer Schwerpunkt mitten im ehemaligen Chemiedreieck. Herzliche Grüße von Gil.

 tueichler (02.04.18)
Lustig verdichtet!
‚Nein, kann er nicht, das Nichtbeschränken‘ finde ich besonders gelungen. Gern gelesen,

Tom

 GastIltis meinte dazu am 04.04.18:
Hallo Tom, danke. An dem Satz habe ich auch eine Zeitlang gegrübelt.
Freut mich deshalb besonders. LG von Gil.

 Tatzen (03.04.18)
Das Bild des Flusses ist wirklich gut "ausgemalt" - und die Reime spannend im besten Sinne: besonders gefallen mir denken- Nichtbeschränken und ...regulierer - ...telefonierer.
Das ist ein Text, den man mehrmals lesen sollte - der hat Unterströmung

Gruß Tatzen

 GastIltis meinte dazu am 04.04.18:
Hallo Tatzen, als Seismograph verzeichne ich mit Aufmerksamkeit erhöhte Ausschläge aus deiner Richtung. Und alle sind sinnvoll. Das mit der Unterströmung hat etwas. Danke und LG von Gil.

 Tatzen meinte dazu am 08.04.18:
Du stehst ja auch nicht umsonst in meiner Lieblingsautorenliste - in den Ferien habe ich halt mehr Zeit zu lesen und zu kommentieren als sonst
Leider sind sie jetzt schon wieder um...
Viele Grüße von Tatzen
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