Wenn du mal anrufst

Text

von  princess

Eins
Na du, wie geht’s dir denn?

Zwei
Was macht die Gesundheit?

Drei
Hast du schon Urlaubspläne?

Vier
Sind die Kinder wohlauf?

Fünf
Und der Hund?

Sechs
Fährt das Auto noch?

Sieben
In der Arbeit alles okay?

Acht
Wie ist deine neue Wohnung?

Neun
Kommst du jetzt besser klar, so alleine?

Zehn, elf, zwölf
Hast du schon gehört? Weißt du noch? Denkst du noch manchmal?

Dreizehn
Hat meine Mutter eigentlich erzählt?

Ulla und ich, hat nicht so richtig geklappt.
Letzten Sonntag ist sie ausgezogen.

13 Fragen.

Immer dieselben.
Inzwischen kenne ich sie auswendig.
Ich könnte dir deinen Einsatz fast soufflieren,
sofern sie denn jedes Mal Ulla hieße.

Mann.

Und ich? Ich hätte keine 13.
Ich hätte bloß die eine:

„Warum rufst du mich immer nur an, wenn du
dich gerade wieder so richtig scheiße fühlst?“

Aber ich stelle sie dir
nicht.

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Kommentare zu diesem Text


 keinB (07.04.18)
Vielleicht ist es gar nicht so sehr das ‚sich scheiße fühlen‘, sondern vielmehr das Bedürfnis zu jammern? Kriegst du denn auch immer und immer wieder das Gleiche erzählt? (Zwei Gründe, warum meine Verwandtschaft nur die hintersten Plätze meiner Freizeitgestaltung bekleidet ;)

 princess meinte dazu am 07.04.18:
Liebe Tina,

privat habe ich die beste Verwandtschaft der Welt und kann kein bisschen nicht meckern. Bei meiner Freizeitgestaltung steht sie sogar auf Rang 1.

Hier ging es mir um die spezifische Beziehungs-Konstellation eines Ex-Paares. Ich bin mir gerade unsicher, ob der Text das auch so transportieren konnte. Deine Rückmeldung lässt mich eher nein vermuten. Nun weiß ich auch nicht.

Liebe Grüße, Ira

 keinB antwortete darauf am 07.04.18:
Expaar? Nö. Ich dachte tatsächlich eher an ein Geschwisterpaar. Aber (fettes Aber:) was Expaar/Expartner-Gedöns angeht, bin ich absolut nicht repräsentativ, da kenn ich mich bestenfalls mit „Wie gehts meinen Kaninchen?“-Fragen aus, der komplette Kinder-Hunde-Schwiegerdrachen-Pflichtanrufe-Kelch ist zum Glück an mir vorüber.

Die beste Verwandtschaft der Welt. Hach! (Der Neid der Besitzlosen ;)

 princess schrieb daraufhin am 07.04.18:
Danke. Damit kann ich was anfangen.

 drmdswrt äußerte darauf am 07.04.18:
Ich hatte auch ein familiären / verwandtschaftliches Verhältnis vermutet. Allein wegen Frage 13: Hat Mutter eigentlich erzählt?
Mich hat es die ganze Zeit dazu gebracht darüber nachzudenken, wer denn der Anrufer wäre.
Stünde da z.B. »meine Mutter«, wäre es klar, dass diese Frau nicht die eigene Mutter sein könnte.

Ich schwankte übrigens zwischen Bruder und Vater, tendierte am Ende sogar zu Letzterem.

 princess ergänzte dazu am 07.04.18:
Echt interessant, dass es offensichtlich nicht so offensichtlich ist, dass der Anrufer der Ex-Mann oder Ex-Freund ist. Oder jedenfalls sein soll. Da habe ich wohl zu viel von meinem eigenen Bild mitgedacht und dieses nicht transparent genug gemacht. Und jetzt grübele ich ein bisschen, wie ich das verbessern könnte. Frage 9 lautete ursprünglich "kommst du jetzt besser klar, ohne mich?" Wäre so eine Formulierung für das Gesamtverständnis hilfreicher?

 drmdswrt meinte dazu am 07.04.18:
Ja, es wäre hilfreicher. Aber: Es nähme da etwas vorweg. Ich fand es eigentlich spannend, dass ich bis zur 13 nicht weiß, wer der Anrufer ist. (Nun ja, ICH wusste es ja bei der 13 trotzdem nicht...)

Schwierig. Wenn Du auf die Spannung verzichten möchtest, kannst Du es so ändern.
Für mich würde es reichen, »Mutter« in »meine Mutter« abzuändern. Dadurch zwingst Du den Leser noch zu einem kurzen Nachdenken, es wird einige geben, die es dann noch nicht begriffen haben und erst im Laufe der letzten Zeilen ihre Augen geöffnet bekommen. Denke ich.

 princess meinte dazu am 07.04.18:
Nee, die Spannung möchte ich eigentlich nicht rausnehmen. Aber dein Vorschlag, aus der "Mutter" "meine Mutter" zu machen (also seine), der gefällt mir. Und den setze ich jetzt gleich mal um! Vielen Dank Herr Dr. Mdswrt
Stelzie (55)
(07.04.18)
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 princess meinte dazu am 07.04.18:
Gute Frage, liebe Kerstin. Es könnte ja voll nur mal so gedacht rein theoretisch sein, dass es sich hier um ein von beiden gepflegtes Beziehungsritual handelt. Aber genau weiß ich es natürlich nicht. Woher auch? Ich danke dir und schicke liebe Grüße, Ira
RedBalloon (58)
(07.04.18)
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 princess meinte dazu am 08.04.18:
Lieber Herr Roter Ballon,

ich sehe: Verständnis hast du für Ulla. Verständnis hast du für IHN. Verständnis hast du für den Mann an sich, der quasi dauergelackmeiert ist. Nur für eine einzige weitere beteiligte Person hast du kein ... nee, mehr sag ich nicht.

Doch, eins vielleicht:

Na du, wie geht’s dir denn?
Was macht die Gesundheit?
Hast du schon Urlaubspläne?
Sind die Kinder wohlauf?
Und der Hund?
Fährt das Auto noch?
In der Arbeit alles okay?
Wie ist deine neue Wohnung?
Kommst du jetzt besser klar, so alleine?

:-)

Danke!

Herzlich
Ira

 unangepasste (07.04.18)
Ach, ich glaube, beim nächsten Verwandten-Anruf, bei dem mir nichts mehr einfällt, mache ich deinen Fragenkatalog auf

 princess meinte dazu am 08.04.18:
Schön, dass er seine Verwendung multipliziert!

 princess meinte dazu am 08.04.18:
P.S. Der Fragenkatalog, nicht der Verwandten-Anruf. Nur um das klar zu stellen.

 EkkehartMittelberg (07.04.18)
Hallo Ira, ich wundere mich, dass das nicht schon früher jemand thematisiert hat. Fast jeder kennt diese Stereotypen, fast jeden nerven sie. Und doch, wenn man sich vorstellt, dass die Anrufe ganz unterblieben, möchte man wohl doch nicht darauf verzichten.
Liebe Grüße
Ekki

 princess meinte dazu am 08.04.18:
Lieber Ekki,

ein wenig kommt es wohl auch darauf an, wer es denn ist, der solche Stereotypen auf uns loslässt. Wenn es, wie hier, der Versuch ist, an ein verlorenes "wir hatten uns doch mal was zu sagen" anzuknüpfen, dann ist das etwas, das mich nicht unberührt lässt.

Herzlichen Dank für deine Rückmeldung. Wie immer habe ich mich darüber gefreut.

Liebe Grüße
Ira
matwildast (37)
(07.04.18)
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 princess meinte dazu am 08.04.18:
Es ist ein für mich ausgesprochen spannender Blick, den du auf diesen Text wirfst, matwildast. Ich kann ihm sehr viel abgewinnen, auch wenn er nicht unbedingt meine eigene Perspektive wiederspiegelt. Herzlichen Dank dafür!

Zu deinen Fragen
Warum die eigene Frage nicht stellen oder unvorhersehbare Antworten geben? Warum in einer Dynamik bleiben, die für beide unergiebig ist? Hier würde es interessant für die beiden
nur so viel:

Wir wissen nicht, ob die hier skizzierte Dynamik für beide unergiebig ist. Die Momentaufnahme dieser telefonischen Kommunikation legt die Vermutung durchaus nahe. Dennoch ist vorstellbar, dass genau diese Situation als notwendiger Schritt in eine mögliche Weiterentwicklung führt, die aktuell noch nicht sichtbar ist. Manchmal ist ja gerade in sehr engen Beziehungen scheinbarer Stillstand nur eine Zwischenphase, um neue Möglichkeiten überhaupt entdecken und über Altes hinauswachsen können. Die Sprachlosigkeit, die Distanz, das Festgefahrene zu spüren und auszuhalten – so wie die beiden Protagonisten im Text – kann neue Ebenen öffnen.

Ich weiß, dass du das weißt. Oder sollte ich mich irren?

Liebe Grüße, Ira

P.S. Frage 6 ist wirklich völlig bescheuert!
matwildast (37) meinte dazu am 08.04.18:
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 princess meinte dazu am 08.04.18:
Sanftmut. Ach, liebe Frau matwildast, wenn Sie wüssten! Vom Naturell her bin ich die Ungeduld in Person. Erst mit den Jahren und den Blessuren bin ich auf andere Ideen gekommen. Nicht besser, nicht schlechter, nur anders ungeduldig.
Sätzer (77)
(07.04.18)
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 princess meinte dazu am 08.04.18:
Lieber Uwe,

ich habe voll die super Nachricht für dich. Und zwar ist es mir unter Einsatz modernster Spezialtechnik gelungen, in deine Zukunft zu schauen! Aus datenschutztechnischen Gründen wurde deine Stimme weiblich markiert. Hiermit präsentiere ich dir die Aufzeichnung eines grandios authentischen [exturl= https://www.youtube.com/watch?v=pxPMemeSeMA]netten Gespräches[/exturl], wenn du hundert bist!

Liebe Grüße
Ira
Sätzer (77) meinte dazu am 08.04.18:
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 princess meinte dazu am 08.04.18:
als Schwerhöriger bleibt dann nur noch die Wahl, solche Stammeltexte zu schreiben.
Setzt natürlich voraus, dass man mit den Ohren schreibt! Uwe, du schaffst es immer wieder, mich zu erheitern. Danke dafür und liebe Grüße
Ira

 GastIltis (07.04.18)
Liebe Ira, dass ich jetzt etwas ganz Anderes schreibe, geschieht mit großem Respekt. Weil mich deine Zeilen immer bewegen ...
Wenn man einen Freund hat, einen richtig guten Freund, dann ruft man sich gelegentlich an. Meist war ich im speziellen Fall der Anrufer. Von der anderen Seite kam dann: „Ich wollte dich auch grade anrufen!“ Gut. Irgendwann fällt es auf. Dann habe ich gewartet. Nichts geschah. Lange. Nichts! Also schrieb ich einen Brief. Inhalt: folgendes Gedicht:

„Das Ende unserer Träume

Der Tanz war von so kurzer Dauer
und man zum Vorspiel viel zu müd.
Das Blümchen auf der alten Mauer
war sowieso fast ganz verblüht.

Der Morgen brachte kalte Füße.
Das Mittagsmahl fiel dadurch flach.
Am Abend gab es Regengrüße
und für die Nacht nicht mal ein Dach.

Es waren furchtbar kalte Wochen,
die Landschaft gänzlich grau in grau.
Kein Mensch war da und hat gesprochen.
Nicht einmal eine alte Frau.

Auch Bäume hatten Depressionen.
Die Aktienkurse wurden Staub.
Fast täglich starben Millionen.
Die Menschheit war auf einmal taub.

Das Jammern war kaum noch zu hören.
Dann wurde es allmählich still.
Im Garten spielten noch die Gören.
Und dann verlosch der letzte Grill.“

Als Adresse hatte ich übrigens per Aufkleber angegeben:
Templerclub
Invalidenstraße 46
10115 Berlin.

Dazu kein Beitext, kein Gruß, kein Hinweis.
Obwohl er weiß, dass ich Gedichte schreibe, geschah folgendes:
Erst rief er seine Cousine in Berlin an (er wohnt in Sachsen), ob es eine Invalidenstraße in Berlin gäbe. Ja! Dann befragte er die Polizei in Berlin telefonisch nach dem Templerclub. Nein, er könne ganz beruhigt sein, gibt es nicht.
Irgendwann, wahrscheinlich beim nächsten Geburtstag von ihm oder mir, fragte ich nach dem Brief. „Ach, du warst das?“ Und da lag sogar etwas Enttäuschung in der Stimme.
Das Ende unserer Träume?
LG von Gil.

 princess meinte dazu am 09.04.18:
Lieber Gil,

ich habe mich so sehr gefreut, dass du mir diese Geschichte hier gelassen hast. Denn wenn ein fremder Text- in diesem Fall meiner - einen anderen auf eigene Geisteswege - in diesem Fall deine - schickt, dann geschieht da zwischen Text und Leser etwas, das auf spezielle Weise berührt. So empfinde ich es zumindest. Für mich ist es ein echtes Geschenk, dass du dein Ende unserer Träume unter diesem Text mit mir teilst.

Ganz herzlichen Dank und liebe Grüße
Ira

Antwort geändert am 09.04.2018 um 19:36 Uhr

 GastIltis meinte dazu am 29.07.19:
Liebe Ira, ich schreibe dir zum Text noch eine PN.
LG von Gil.

 Augustus (07.04.18)
Könnten „Überbleibsel“ erloschener Gefühle sein oder anders ausgedrückt; „Ruinen vergangener Zeiten“

Ave

 princess meinte dazu am 10.04.18:
Hallo Augustus,

deine Einschätzung als Ruinen vergangener Zeiten trifft exakt, was ich im Text darstellen wollte. Es freut mich außerordentlich, dass du das sehen und in ein derart passendes Wortbild gießen konntest.

Herzlichen Dank und liebe Grüße
p.

 harzgebirgler (09.04.18)
der kerl kommt sich verlassen vor
und sucht dann einfach nur ein ohr
von dem er weiß es hört ihm zu
obwohl des wunsch "laß mich in ruh'!"
im zuhören durchaus zu hör'n
doch welchen kerl tat das je stör'n?!

herzliche abendgrüße
henning

 princess meinte dazu am 12.04.18:
Lieber Henning,

mir scheint, du kennst deine Pappenheimer. Bzw. natürlich meine.

Ich danke dir herzlich und schicke liebe Grüße
Ira
tileo (37)
(27.04.18)
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 princess meinte dazu am 27.04.18:
Richtig. Der klassische Fall einer ungelösten Verflechtung.

Danke, tileo, und liebe Grüße
p.

 Perry (10.05.18)
Hallo Ira,
gut getroffen, die bekannten Fragen der Allgemeinkommunikation.
Der Unterschied ist wohl, ob man gebraucht oder geliebt wird. :)
LG
Manfred
PS: Umsteigen auf WhatsApp etc. hilft, dann kann man schnell drüberlesen.
Sin (53)
(12.06.18)
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 Oggy (23.06.18)
Hallo Ira,

mich interessiert einfach einmal:
Warum ist beim Eintreffen solcher Anrufe der Akku ausgerechnet immer randvoll??

LG,
Oggy

 princess meinte dazu am 24.06.18:
Lieber Oggy,

die Erklärung ist einfach: Es gibt Situationen, in denen sich Akkus der neueren Generation vollständig an den Energiezustand des sie benutzenden Menschen anzupassen vermögen.

Im oben geschilderten Fall sind beide entsprechend geladen. Ist schon toll, was die Technik inzwischen alles kann!

Dankeschön und liebe Grüße
Ira
Serafina (36)
(23.08.18)
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 princess meinte dazu am 15.10.18:
Vielen Dank, liebe Serafina. Etwas spät, mein Dank. Aber besser spät als nie.
Cassiopeia (57)
(15.10.18)
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 princess meinte dazu am 15.10.18:
Ja, liebe Cassiopeia, die "fremden" Perspektiven auf einen eigenen Text empfinde ich stets als ausgesprochen spannend. Manchmal führen sie sogar zu einem neuen Blick bei mir selbst. Herzlichen Dank für deine freundliche Rückmeldung!
fdöobsah (54)
(17.12.18)
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 princess meinte dazu am 17.12.18:
Ich bin froh, dass du bis zur entscheidenden Wende durchgehalten hast. Das ist bei dem hier gewählten Einstieg ins Thema nicht selbstverständlich. Ich weiß nicht mal, ob ich es selbst geschafft hätte.

Die Anregung in Sachen Titel gefällt mir gut. Darüber möchte ich noch ein bisschen brüten.

Herzlichen Dank für dein Feedback und viele Grüße
p.

 Kontrastspiegelung (22.02.19)
Manchmal ist es wirklich besser keine einzige Frage zu stellen... :/

und sach mal, ist mir der text wirklich entglitten? ich kann mich eigentlich an fast alle deiner texte erinnern, nur nicht den ^^

anregende Grüße, Konti

 princess meinte dazu am 22.02.19:
Manchmal ist es wirklich besser keine einzige Frage zu stellen... :/
So ist es, Konti!

Und zu deiner Frage: keine Ahnung. Jetzt hast du ihn ja gefunden.

Dankeschön und liebste Grüße
Ira
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