Ich mag keine Waffen, aber manchmal erfüllen sie eben doch den Zweck

Text

von  kalira

Die Kinder sind bei Klaus, dem Motorradfahrer und Dönermann von der Ecke. Hätte ich die tote Minimiez nicht schon in das Erdloch geworfen, hätte ich vielleicht noch Abdrücke von den Radspuren nehmen können. Dann hätte ich die mit den Rädern vom Klaus vergleichen können. Ich mag mir das nicht vorstellen, aber möglich ist alles. Und wenn das dann so wäre, wie es möglich sein könnte, stände ich auf der Seite des Gewehrs, an der der Abzug einfach und schnell zu betätigen ist. Spannen und Peng! Armer Klaus. Da müsste ich ein tieferes und größeres Loch im Garten graben, vielleicht ein neues Beet anlegen. Arme Minimiez! Auch wenn ich die Katze nicht mochte, gehörte sie zur Familie und ihr Tod tut mir leid.

Die Kinder lieben Erdbeeren und Eis im Sommer. Ich wünsche manchmal im Sommer, es wäre Winter, wie ich es im Frühling auch wünsche, wenn der Sand die Luft körnig macht und selbst die Vögel zu träge zum Zwitschern sind. Erst kitzelt der Schweiß im Nacken, in den Kniekehlen, dann klebt er und wird so sandig wie die Luft. Ich habe den Kindern nicht viel von den Lügen aber doch von den schönen Dingen in meinem Kopf erzählt. Dass Menschen, die ins Meer gehen und nicht an der Stelle wieder herauskommen, an der sie in das Meer hineingelangt sind, dass diese Menschen auf der anderen Seite des Meeres wieder heraussteigen. Sie wechseln einfach die Ufer, habe ich den Kindern gesagt, und dass das magische Menschen sind. Menschen, die durch Raum und Zeit gehen können. Ich habe ihnen auch von den Menschen erzählt, die im Kreis laufen und scheinbar wirres Zeug erzählen. Aber es ist kein wirres Zeug, habe ich den Kindern gesagt, es sind Worte von Menschen, die diese Dinge nicht aussprechen können. Und die Menschen, die da laufen und all das aussprechen, was andere nicht laut sagen können, dass diese Menschen eine besondere Gabe haben und eine besondere Aufgabe übernehmen. Sie nehmen den nicht sprechenden Menschen die Worte ab und geben ihnen ihre Stimme. Ohne diese Menschen gäbe es riesige Wortstaudämme, die dann irgendwann überlaufen und alle überfluten würden.

Genau jetzt, in diesem Augenblick  krabbelt eine Hummel hinter dem rechten Augapfel zum linken hinüber. Erst kitzelt es dort, wo das Nasenbein zwischen den Augenbrauen verschwindet. Dann sticht es links, dann wieder rechts, dann drückt es hinter dem linken Auge und es fühlt sich an, als wolle der Augapfel aus der Fassung fallen. Ich lehne meine Stirn gegen das Fensterglas, sehe auf das Minimiez-Erdloch und kühle mir am Glas den Punkt zwischen meinen Augenbrauen.

Es ist sicherlich noch eine halbe Stunde Zeit, bis die Kinder zurückkommen. Ich lehne mich zurück und wühle den Schlüssel für die Kellertür aus der Schublade. Wenn ich mich richtig erinnere, müssen neben dem Gewehr die Papierzettel mit den aufgedruckten Zielscheiben liegen. Ich hoffe, die Feder wird sich nach so langer Zeit noch spannen lassen. Ich mag keine Waffen, aber manchmal erfüllen sie eben doch den Zweck.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (27.04.18)
Wirr.

Wünsche eine gute Nacht.
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