Ablaufdatum

Kurzprosa

von  nautilus

Seit Tagen diese Fadesse mit mir selbst. Eingeschlossen in einen Raum mit meinen Problemen, sitze ich und lausche dem Ticken der Vergangenheit. Ich könnte etwas Produktives machen und wenn es nur das Aufschlagen eines neuen Kapitels wäre, aber die geistige Handbremse ist angezogen. Kein nach vorne, kein zurück. Die Knochen schmerzen vom Rasten, Gehirnzellen sterben ab, ich werde älter. Das Duracellhäschen ist tot. Ich muss es wissen, ich nahm ihm erst die Schlegel, dann die Trommel und übergoss es schließlich mit Batteriesäure. Jetzt lärmt die Stille, läuft im Raum auf und ab und stellt mir existenzielle Fragen. Ich schieße mit Kaffeetassen nach ihr und bleibe wach. Braune Flecken an den Wänden sind das Resultat, die könnte man in Massen produzieren, jeder Fleck das Äquivalent zu einer verpassten Chance. Langsam entsteht Sinnhaftigkeit hinter meinem Scheitern. Irgendwann werde ich müde werden, Kaffee und Tassen werden zur Neige gehen und die Stille wird mich verschlingen. Alles hat ein Ablaufdatum. Ich hinterlasse euch mein Kunstwerk, braune Flecken auf einer Raufasertapete. Interpretiert, schubladisiert, bestaunt, hasst und vernichtet es.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (27.05.18)
Ein weiterer der vielen, vielen, vielen Depressionstexte hier.

 Habakuk (27.05.18)
Dichten heißt, im Scheitern das Sein erfahren. (Joseph Conrad)
Manche haben weder von dem einen noch von dem anderen einen blassen Schimmer.
Aha (53) meinte dazu am 22.05.20:
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