Sozialpädagogik am Campingplatz

Erzählung zum Thema Gruppen

von  eiskimo

Wir haben Fituhhsisch gesprochen, mein Bruder und ich. Fituhhsisch für Fortgeschrittene.  Das war unsere erste Fremdsprache.  Immer,  wenn wir zum Camping aufbrachen, flohen wir förmlich in diesen selbst zusammengestellten Kauderwelsch und wechselten das Gesicht - es  war unsere Geheimwaffe.  Denn wenn wir mit unserem  Vater auf diesem Campingplatz eintrafen, zu Fuß, auf den alten Wanderrücksäcken nur olivgrüne Planen als Ausrüstung angezurrt, da hatten Robert und ich so ein bisschen Bammel. Um uns herum schicke Wohnwagen, nagelneue Hauszelte, Leute mit elektrischen Laternen, Gaskochern und teuren Klappmöbeln. Wir dagegen, naja    …  Aber wir  konnten schon eine Fremdsprache, und das mit sechs (ich) und acht Jahren (Robert).  Echt „hork“, gell! Und „hork“ war auch, dass wir damit sofort obenauf waren, wenn da andere Kinder aufkreuzten. Die hatten Springseile oder Federball-Schläger. Aber Robert hatte schon ein Taschenmesser, und er schnitzte damit Waffen – hooork!  Wenn einer der Knaben mit uns Federball spielen wollte, genügte uns ein geringschätziger Blick und wie aus einem Munde kam „Bark!“  Noch eindeutiger war unsere Ablehnung bei Versteckspielen oder Schwungseil:  „Baaarkhh! „
Unser Ding war eher das Büdchen bauen, wir brauchten einen gut getarnten Unterschlupf im angrenzenden Wald. : „Hüh-Tarn“ ?  -  „Tafte, Hüh-Tarn! Hüh-Tarn hork!“ Und dann war brüderlich vereinbart., ja, wir gehen  in unser Büdchen, in unser so tolles…
In der Zwischenzeit hatte Papa aus den Army-Planen eine Art Zelt gebaut und die Luftmatratzen aufgepustet. Meine war morgens in Mittel-Teil  immer platt – baaark, und ich musste  deshalb Reisig und Moos drunter ausbreiten, damit ich nicht fror. Klar, dass wir auch in „Hüh-Tarn“  eigene Betten bauten. Wichtiger aber war die Tarnung unseres Verstecks – das durfte keiner finden!
Mit unseren selbst geschnitzten Waffen, unserem Leben im Wald  mit eigenem  „Hüh-Tarn" , wuchs das Ansehen bei den anderen Kindern . Und spätestens, wenn wir dann – in einem Anflug von Großmut – Übersetzungsübungen  für unsere Fituhhsisch  ansetzten, hatten wir gewonnen.
Damals schon habe ich gelernt:  Sprache ist DER Schlüssel für gutes Miteinander! Dazu kann man nur „Tafte“ sagen.

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