Tantalusqualen

Kurzgedicht zum Thema Abhängigkeit

von  Macbeth

Mein qualvoll gutes Leben lechzt
nach Deinem Augenblick
aus hellem Tag gerissen
fällt mein Ich in Dich
verbrenn' im Glutgeknister
vertrauter Dunkelheit
ich reiße
Dich aus mir heraus
geh zurück ins Licht
mein qualvoll gutes Leben lechzt
nach Deinem Augenblick.

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (29.07.21)
Cornelius Gallus: Auf ein Bild des Tantalos
Dieser, der einst an der Tafel der seligen Götter gesessen,
der mit nektarischem Trank oftmals den Leib sich gefüllt,
lechzt nun nach irdischem Naß; doch, ach, die hämische Mischung bietet sich ewige Zeit unter dem Munde ihm dar.
"Trinke", so spricht das Gebild, "und erkenne des Schweigens Geheimnis!
Solch eine Strafe erfährt, wer seine Zunge nicht wahrt."
["Πῖνε," λέγει τὸ τόρευμα, "καὶ ὄργια μάνθανε σιγῆς.
οἱ γλώσσῃ προπετεῖς ταῦτα κολαζόμεθα."]
(Anthologia Graeca XVI 89)

 Macbeth meinte dazu am 30.07.21:
Ich habe lange versucht, Tantalos zu verstehen, nachzuvollziehen was ihn antreibt. Ich interpretiere für mich: Gegen die umklammernde Liebe seiner Götter, die auch gleichzeitig seine Dämonen sind, ist er machtlos. Er ist wie das verwöhnte Nesthäkchen, dem alles durchgeht, der verzweifelt seine Grenzen sucht und erst durch die "Ursünde" Kindsmord Ablehnung findet. Insgeheim ist diese Bestrafung, zum einen verstoßen zu werden, zum anderen Qual fühlen zu können, sein innerster Wunsch. Und zuletzt haben die Götter verloren, weil er den Schmerz erfahren kann, nach dem er sich sehnte.
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