Parakope

Predigt zum Thema Existenz

von  RainerMScholz

Wie schwer es ist mit der eigenen Entität umzugehen, sie zu finden, die Erfahrung des Findens und Aufsuchens zuzulassen – um wieviel herausfordernder ist es da, die Entitäten der Anderen anzuerkennen und im Dunkel dieser Wirrnis, in diesem Geflecht aus Schein und Trug die Blüte der Wahrhaftigkeit zu erkennen. Die Hölle ist die Leugnung dieses Lichtscheins, das Inabredestellen, die Verneinung der Wesenhaftigkeit alles Seienden, der schwarze Morast der Lüge und das Erblinden sehenden Auges, das Schmierentheater des Gaukels, die künstliche Blähung, der Scheuklappentunnelblick wo die Weite der Existenz aufblitzen sollte. Das ist ein Verbrechen an diesem Geschenk, dieser Segnung des Sehens und des Sehenwollens. Frustration und Angst und Verunsicherung bringt dieses Verbrechen der Vernachlässigung hervor – und die Lüge, vor allem die Lüge.
Mein Vater konnte gut mit Tieren; meine Mutter – eine hervorragende Schaumschlägerin; Tanten und Onkel waren traumatisiert und suizidgefährdet und der Rest kriegsversehrt; die Eifel war halb verhungert, und Trier im Loch, wir kriegen dich doch. Und doch bin ich hier. Oder gerade deshalb.
Wie soll ich eingehen dereinst unter Dein Dach, wenn ich nicht alles getan habe, wenn ich nicht jedes Wissen erahnen wollte, das Licht am Himmel sehen und in den Herzen, jeder Tropfen und jeder Atemzug der Welt gleich wertvoll und jeder Gedanke wert, gedacht zu werden; jedes lebende Wesen als solches zu erkennen und ein Versäumnis dessen als Unterlassung zu erachten. Wie will ich – doch als Mensch, der alles versucht hat, Mensch zu sein, der jede Möglichkeit ausgeschöpft hat auf dem Weg zu diesem letztendlichen Ziel. Nicht als tumber und blökender Dämon will ich meiner Entität entsagen, sondern als Lichtsucher und Sternentaucher ein Gewesener sein, wenn die Zeit kommt.
Wir haben die Wasser in den Himmeln, einen unermesslichen Ozean, strahlendblau – ist das nicht fantastisch! Und da fliegen Wesen in diesen Sphären und sie singen und schreien und jauchzen.


© Rainer M. Scholz

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Kommentare zu diesem Text


 Habakuk (31.08.18)
Hebt sich wohltuend vom gewöhnlichen Geblöke ab.

H.

 RainerMScholz meinte dazu am 01.09.18:
Mäh + Dank,
R.
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