Haltlos

Text

von  Xenia

Dieser Text ist Teil der Serie  Herr U. und ich
Es zieht mich näher zu dir hin, als wärst du ein schwarzes Loch. Es ist so schön, wenn du lachst, aber du lachst nicht. Du bist ganz ernst und siehst mich an. Siehst in mich. Du atmest meine Lungen ein. Wir ersehnten diese Nähe beide, doch sie brennt. Sie verbrennt uns fast, durch die Ahnung: Bald geht es nicht mehr näher.

Manchmal hasse ich alles, was du liebst. Dann möchte ich das alles zerstören, verbrennen, zertreten, in Schutt und Asche und Trümmer legen, ermorden- Damit dich nichts mehr von mir ablenken kann und du für immer bei mir bleibst, nur mich liebst und dich nur mit mir beschäftigst.


Aber im Moment ist alles gut. Du liegst auf mir und siehst in mich, Liebe und Wahnsinn im Blick und sagst:
" Manchmal möchte ich deinen Oberkörper aufschneiden, damit ich für immer in dir wohnen kann."
Im ersten Moment erschrecke ich mich, doch dann meldet sich eine  Stimme in mir.... Es drängt mich, aufzustehen und auf kaum hörbaren Schritten in die Küche zu gehen.

Ich stehe auf. Ein paar Augenblicke hörst du mich in Schubladen kramen. Laut. Du denkst nicht nach darüber, was ich dort mache. Du bleibst einfach ganz ruhig liegen und wartest darauf, dass ich wieder komme. Und ich komme wieder, ein Messer in der Hand.

"Mach." Meine Stimme ist ganz ruhig, doch meine Finger zittern und ich schwitze. Die Angst ist da. Doch die Liebe, diese wahnsinnige Liebe, ist viel größer. Ich atme nur flach und unregelmäßig. Du nimmst mir das messer aus der Hand. Dein Lächeln zündet ein warmes Feuer in mir an. Ich habe keine Angst, zu sterben, solange du nur bei mir bist. Ganz und gar bei mir.

Du setzt dich in den Schneidersitz. Das Messer viel zu nah an deinem Fuß. Ich schnappe erschreckt nach Atem: " Was tust du? Tu dir nicht weh!" Du lächelst noch breiter und wieder sehe ich den Psychopathen in dir. Doch ich fühle nichts außer Liebe und Angst um dich. Keine Angst vor dir. Ich habe nie Angst vor dir.

Du setzt an und schneidest dich. Ich weine. Aber ich halte dich nicht auf. Immer noch lächelst du. Der Schnitt war nicht tief. Du hast dir nur ein Stück Hornhaut von der Sohle geschnitten. Nicht viel. Du musst nichts sagen, ich weiß, was in dir vorgeht. Meine Hand öffnet sich und du legst das Stück Haut hinein.

Ich nehme es entgegen und esse es auf. Näher geht nicht. Wir müssen beide lachen und nehmen uns in den Arm.

"Ich liebe dich", wie aus einem Mund. Ich kann dich in mir fühlen. Es fühlt sich an, als wäre ich schwanger. Ich weiß nicht mehr, wo du aufhörst und ich anfange. Was macht es, dass wir beide nicht ganz dicht sind?

Am Ende...
Am Ende bleibt nur die Liebe,
diese wahnsinnige Liebe.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (02.09.18)
Am Ende...
Am Ende bleibt nur die Liebe,
diese wahnsinnige Liebe.

Das Gefühl kenne ich. Sehr schöner Schluss.
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