Mein letzter Besuch bei Victor

Innerer Monolog zum Thema Nachdenken

von  eiskimo

Ich hätte es sagen müssen. Die Schwestern kamen ja ins Zimmer, haben für Victor den Tropf neu bestückt und sein Bett gerichtet. Sehr nette Schwestern. Der andere Patient, der mit Kehlkopfkrebs, hatte auch Besuch. Auch eine nette Frau. Ihr T-shirt hatte auf dem Rücken den Aufdruck Logopädin. Der hätte ich es auch sagen können. Aber ich fand es einfach unpassend. Ich wollte ganz für Victor da sein. Victor, mit dem ich vor Jahren einmal zwei längere Reisen nach Russland unternommen hatte. Zu seinen Eltern, wo ich damals auch wohnte. Nette Leute. Die wissen es noch gar nicht, dass Victor jetzt diesen Tumor hat. Dass er seit einer Woche diese Gewissheit hat: Endstadium. Wir haben über das Schlafen geredet. Wie das ist, mit Schmerzmitteln. Wie das ist, mit dem Aufs Klo Gehen. Und dass Victor keinen Fernseher braucht. Und auch nichts zu lesen. Victor gegenüber habe ich mir nichts anmerken lassen.. Wie gesagt, ich fand es unpassend. Warum auch Theater machen, sich entrüsten?  Krankenhäuser haben einfach diese Probleme mit der Sauberkeit. Ich habe sie einfach nicht weiter beachtet, diese Spinne. Eine dicke schwarze Spinne oben an der Zimmerdecke. Bewegungslos. Unfassbar. Ja, klar! Ich hätte es sagen müssen.

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Kommentare zu diesem Text

Stelzie (55)
(02.09.18)
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 Dieter_Rotmund (03.09.18)
T-shirt -> T-Shirt

besser: Aufs-Klo-Gehen
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