Hephocapalytirosises

Dokumentation zum Thema Medien

von  Oggy

Legendär sind die zahlreichen falschen Todesmeldungen der Qualitätsmedien.

Der ehemalige erste Bundeskanzler und mit 91 Jahren älteste Bundestagsabgeordnete Konrad Adenauer (* 5. Januar 1876, + 19. April 1967) war schon 1956 (in der Blüte seines ereignisreichen Lebens; von der schwedischen Zeitung Nachrichten des Tages) für tot erklärt worden und wurde es erneut (ein paar Tage zu früh; vom Westdeutschen Rundfunk) am 13. April 1967. In der damaligen Bundeshauptstadt Bonn wurde aufgrund der WDR-Ente Trauerbeflaggung angeordnet, das Kabinett wurde mit Beileidsbekundungen geradezu überschüttet, Sondersitzungen wurden einberufen und Parlamentarier übten sich in schluchzenden Schweigeminuten. Da behaupte einer, die Staatsmedien verfügten über keinen rheinischen Humor.
Bereits 1964 vermeldete der (in dieser Hinsicht sehr kreative) WDR aufgrund einer per Fernschreiber erhaltenen "Blitzmeldung" der bundesdeutschen Vertretung einer japanischen Tageszeitung den Tod des sowjetischen Staats- und Parteichefs Nikita Chruschtschow, friedlich und rapide dahingeschieden an akuter Hephocapalytirosises. Im Nachbarland Frankreich wurde infolgedessen der öffentliche Rundfunk unterbrochen und Trauermusik gespielt, Sportveranstaltungen fanden ein abruptes, trauriges Ende. In englischen Zeitungsredaktionen wurde bei den üblicherweise vorab verfaßten (und ständig aktualisierten) Nachrufen auf Nikita Chr. hektisch an überzeugenden Abschlüssen gefeilt ("hell - what kind of desease?"). An der Börse von San Francisco begannen die Kurse zu fallen. Weder den Schnitterbesuch noch die (aus einer Aneinanderreihung kryptisch klingender Silben frei erfundene) Krankheit gab es. Chruschtschow soll auf den Schreck erst mal einen doppelten Wodka gekippt haben, wonach es ihm - nach unbestätigten Meldungen - schlagartig besser gegangen sein soll ("Chruschtschow tot? Nein, er trinkt Wodka!" titelte das seriöse englische Blatt Daily Herald am Folgetag).
Das Moskauer Büro der Deutschen Presse-Agentur dpa wurde infolgedessen geschlossen und ein deutscher Korrespondent ausgewiesen - der diesbezügliche Humor der Sowjets ("verleumderische Provokation") hielt sich im Sog des sog. Kalten Krieges in engsten Grenzen.

Weitere vorschnelle Todesverkündungen gab es z.B. bei Marlene Dietrich (im Alter von 90) und Ingrid Bergmann (beide durch Tageszeitungen). Letztere versuchte ihre Lebendigkeit ausgerechnet durch eine Zeitungsmeldung zu beweisen (der Autor dieser Zeilen hätte dringend davon abgeraten), Erstere meldete sich bei einem Magazin sicherheitshalber (und hörbar empört) per Telefon.

Chruschtschow - in dieser Hinsicht offensichtlich weniger eitel als die beiden populären Actressen - verzichtete auf ein persönliches Dementi gänzlich.


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Quellen: Süddeutsche Zeitung online, Spiegel online, Wikipedia.

Für die medizynisch Interessierten unter uns:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Hephocapalytirosises

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(09.09.18)
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 harzgebirgler (09.09.18)
toll aufgespiesst und dito so geschrieben
mit durchaus nöt'gen fake-news-seitenhieben.

lg
harzgebirgler

 Oggy meinte dazu am 10.09.18:
Die zahlreichen Fake News machen die langweiligen Medien doch erst richtig interessant!

Danke und LG,
Oggy

 TassoTuwas (09.09.18)
Ach Oggy,
lassen wir die Toten ruhen. Hauptsache, Elvis lebt!
LG TT

 Oggy antwortete darauf am 10.09.18:
Hallo TT,

...und die Wüste und kv auch, da sind es erfreulicherweise schon drei!

Herzliche Dankesgrüße,
Oggy

 Dieter_Rotmund (10.09.18)
Sehr geschmeidig und handwerklich top geschrieben, dafür mein Lob.

 Oggy schrieb daraufhin am 11.09.18:
Ich bin richtig geschockt.
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