Life matters

Text zum Thema Leben

von  Xenia

Dieser Text ist Teil der Serie  Mit Menschen (Hinter dem Vorhang)
Mein Name ist Dieter. Ich bin KFZ- Mechaniker. Meine Eltern haben mich immer in meinem Tun unterstützt. Dafür bin ich dankbar. Ich mag meinen Job. Er erdet mich. Ich liebe den Geruch von Autolack und meine ölige, schmutzigen Hände. Ich habe eine sehr kluge, humorvolle Frau. Ich finde es entzückend, dass sie so klein und leicht ist. Sie freut sich immer, wenn ich sie auf den Rücken nehme und mit ihr durch die Gegend laufe. Manchmal wehrt sie sich zum Spaß laut dagegen, kratzt und beißt mich. Dann müssen wir beide lachen. Sie ist Sozialarbeiterin in der ortsansässigen JVA für Jugendliche. Wir wollen keine Kinder haben. Ich bin einfach nur ich.

Mein Name ist Jaqueline und ich bin 19 Jahre alt.  Ich habe mit Ach und Krach meinen Hauptschulabschluss gemacht. Die Schule war immer schrecklich für mich. Das Stillsitzen. Ich kann mich nicht gut konzentrieren und besonders schlau bin ich auch nicht. Aber Kopfrechnen kann ich gut. Ich arbeite in einem Supermarkt an der Kasse . Ab und zu deale ich ein bisschen mit Gras . Seit fünf Monaten habe ich eine Freundin. Sie ist wunderschön und macht gerade ihr Abitur. Aus Angst, sie könnte mich dafür verlassen, habe ich ihr bisher nichts von meinem Nebenerwerb erzählt. Ich liebe es, wenn sie mir eins ihrer Gedichte vorliest. Sie schreibt beeindruckende Texte. Gerne würde ich auch so schreiben können. Ich bin einfach nur ich.

Mein Name ist Jürgen. Ich bin schwul. Meine Eltern wollen deswegen keinen Kontakt mehr mit mir haben, dabei war ich immer ihr Aushängeschild : Abitur mit 1.1, Germanistik studiert, Lehrer an einem guten Gymnasium. Das alles war für mich aber niemals eine Erfüllung. Ich habe es nur für meine Eltern gemacht. Ich wollte, daß sie stolz auf ihren Sohn sein können. Seit ich offen zu meiner Sexualität stehe, habe ich keine Selbstmordgedanken mehr. Ich habe meinen Job gekündigt und mit 29 Jahren noch mal ganz neu angefangen. Ich mache jetzt ganz klischeehaft eine Ausbildung zum Frisör. Meine Freunde finden es witzig, unterstützen mich aber in allem. Auch mein Outing war für sie kein Problem. Sie hätten es schon immer gewusst, hieß es nur lapidar. Ich bin einfach nur ich.

Mein Name ist Greta und ich habe Borderline. Seit 10 Jahren bin ich obdachlos und lebe in der Punkszene. Ich bin 26. Autoritäten kotzen mich schon immer an. Meine Lehrer meinten immer, ich hätte so viel Talent und Begabung, ich könnte alles erreichen, wenn ich nur wollen würde.  Ich hatte jeden Morgen Angst, zur Schule zu gehen, weil ich gemobbt wurde. Niemand hat etwas dazu gesagt. Vielleicht hat es wirklich keiner mitbekommen. Ich habe ja nichts gesagt. Nach der 10. Klasse habe ich die Schule abgebrochen. Aus dieser Angst heraus habe einen Hass auf alle Menschen entwickelt. Aber Hass ist niemals die Lösung. Heute weiß ich das. Trotzdem fällt es mir manchmal schwer, vor die Haustür zu gehen. Ich habe ständig das Gefühl, angestarrt zu werden, wenn ich in der Bahn sitze oder durch die Stadt gehe.  Ich kann sehr gut zeichnen. Am liebsten würde ich Kunst studieren. Ich bin einfach nur ich.


4 Leben. 4 Menschen. Reine Fiktion. Vielleicht.

Diese nicht:

Mein Name ist Alice und ich bin polygam. Früher habe ich mich dafür selbst abgelehnt. Es war ein harter Weg für mich, mich so anzunehmen, wie ich bin.  Ich arbeite als Prostituierte, weil ich diesen Job mag, weil ich Menschen mag und weil ich mich darin sehr frei fühle. Mein Freund, der mit mir in einer offenen Beziehung lebt, weiß von meinem Job. Es ist schön, so ehrlich innerhalb einer Beziehung miteinander umgehen zu können. Lange war das für mich nicht selbstverständlich. Besonders gut kann ich zuhören. Für meine Freunde bin ich schon immer die "Kummerkastentante". Es macht mich glücklich, wenn ich ihnen bei einem Problem helfen kann. Sie haben mich immer angenommen wie ich bin. Dafür bin ich dankbar.  Ich bin einfach nur ich.


Heute stehe ich vor dir als die nackte Seele. Wenn wir zusammen sind, lass uns diese Dinge nicht allzu wichtig nehmen: Status, Schulbildung, Verdienst, optisches Erscheinungssbild. Lass uns einander mit anderen Augen sehen. Lass uns von Seele zu Seele begegnen ohne Vorurteile. Lass uns die Dinge beim Namen nennen ohne zu verurteilen. Lass uns tiefer blicken, hinterfragen und mit dem Herzen hinhören, - sehen und werten. Es ist OK, Dinge zu bewerten. Man sollte nur bereit sein, seine Annahmen zu überdenken, wenn es vonnöten ist. Und man kann jemanden lieben und schätzen ohne dass man deswegen alles gut finden muss, das die Person macht, denkt, sagt. Niemand ist makellos.

Wir sind einfach nur Menschen. Unvollkommen. Unsicher. Egoistisch.

Aber -
Wir haben ein Herz, das mitfühlen kann.
Wir haben eine Stimme, die gegen Ungerechtigkeiten aufstehen kann.
Wir haben ein Gehirn, das denken kann.
Wir fühlen.
Wir denken.


Wir sind einfach nur Menschen. Nackte, kleine Seelen.

Aber.
Wir.
Leben.

Leben ist Leben.
Leben zählt.

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Kommentare zu diesem Text

HerrU (44)
(30.09.18)
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 Dieter_Rotmund (30.09.18)
Etwas uninspiriert geschriebene Nabelschau mit reduntanten Anteilen. "Ich habe meine Gründe. " -> ja, hier hätte es spannend werden können. Hätte. Konjunktiv.
Xenia, gib' Deinen Figuren mal etwas mehr Profil, das ist alles oft viel zu vage und diese Sado/Maso-Opfer-Vamp-Attitüde, ums mal nur ungenau zu beschreiben, das hat sich nun abgenutzt, da fehlt ein frischer Dreh.

 Xenia meinte dazu am 30.09.18:
Dörte, niemand zwingt dich, meine Texte zu lesen.

 Xenia antwortete darauf am 30.09.18:
Und die Gründe hierfür sind für diesen Text sowas von nicht von Belang, da das einfach nur eine Rechtfertigung und Erklärung wäre für etwas, was die Erzählerin nicht rechtfertigen oder erklären muss, wenn sie nicht will. Wenn sich zwei Menschen begegnen, sollten die zwei Menschen zahlen und nicht irgendein Scheiß, der in einer leistungsorientierten, oberflächlichen Welt vielleicht wichtig sein mag, aber nicht in de Begegnung zweier einander offen begegnenden Menschen. Da ist erst mal nur die Zwischenmenschlichkeit von Bedeutung. Schreib doch mal selbst einen Text, der nicht irgendwo abgekupfert ist, Dörte, anstatt immer Texte zu lesen, die du nicht lesen willst, um Menschen mit deinen Kritiken zu nerven, denen du auch mit wirklich konstruktiver Kritik weiter helfen könntest.

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 30.09.18:
Das ist richtig, das mit dem Texte-von-Xenia-lesen, ich weiss auch nicht, warum ich noch Hoffnung habe, Du könntest/würdest noch die richtige handwerklich-literarische Richtung einschlagen...
Allerdings muss man hier alle (sachlichen) Kommentare ertragen können. Es sei denn, man mag keine konstruktive Kritik, dann kann man seine Texte auf "nicht kommentierbar" stellen. Warum auch nicht, machen viele hier.

Einen schönen Sonntag allerseits möchte ich noch wünschen!

Antwort geändert am 30.09.2018 um 13:04 Uhr

 Xenia äußerte darauf am 30.09.18:
"Nabelschau" ist Im Übbrigen anscheinend eines deiner liebsten Worte - Nur leider in diesem Fall so gar nicht passend, da mein Wunsch nach offenem Umgang ohne Vorurteile ja nicht nur in Bezug auf meine eigene Person gemeint ist. Ich selbst versuche nämlich, mit allen Menschen erst mal so umzugehen, wie ich es mir von ihnen wünsche. Sie nicht nach Äußerlichkeiten zu bewerten, sondern zu entdecken, was in ihnen vor sich geht.

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 30.09.18:
Nun ja, aber da in Deinen allermeisten Texten ein Ich-Erzähler Gefühle beschreibt, ist und nun einmal eine Nabelschau. Und ja, dieses "Genre" ist hier auf kV sehr beliebt.

Ein wenig über z.B. die Schulausbildung des Protagonisten zu erfahren, würde der Geschichte nicht schaden, sondern sie lebendiger machen. "Leistungsorientiert" ist das nicht, Du musst ja keine qualititative Aussage darüber machen.

Antwort geändert am 30.09.2018 um 13:08 Uhr

 Xenia meinte dazu am 30.09.18:
Danke. Es geht doch, Dörte. Damit kann ich arbeiten. Danke. Warum nicht gleich so?

 Xenia meinte dazu am 30.09.18:
Dann muss ich den Text aber doppelt so lang machen. Oh Gott. Das wird dann ein halbes Buch :)

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 30.09.18:
Achso, da lag der Hase im Pfeffer?
Zu konkret will ich meine Verbesserungsvorschläge oft nicht machen, viele Weg führen nach Rom und es wäre auch etwas respektlos, den Autoren alles haarklein und detailliert vorzuschreiben.
Und ja, mehr Tiefe bedeutet leider mehr Länge, mehr Arbeit.

 Xenia meinte dazu am 30.09.18:
Wenn du Kritik zu allgemein hältst, läufst du Gefahr, dass sie polemisch wirkt. Mit zu ungenauer Kritik kann ich außerdem nicht gut umgehen, weil ich dann nicht weiß, wo genau der "Fehler" liegt.

Antwort geändert am 30.09.2018 um 13:26 Uhr

 Xenia meinte dazu am 30.09.18:
Witzig. Ich habe deinen Kommentar genau für das kritisiert, wofür du meinen Text kritisiert hast. Und es ist durchaus etwas wahres an deiner Kritik. Ich schreibe die meisten meiner Texte innerhalb von weniger als 30 Minuten. Da bleibt das eine oder andere auf der Strecke.
HerrU (44) meinte dazu am 30.09.18:
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 Xenia meinte dazu am 30.09.18:
Nachvollziehbar, aber ein Teil vom Schreiben. Ich denke, dazu ist Kritik da.
HerrU (44) meinte dazu am 30.09.18:
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 Xenia meinte dazu am 30.09.18:
Stimmt.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 30.09.18:
Ja, so ist es. Aber eine Diskussion findet oft leider nicht statt und nutr die allerwengsten Autoren sind bereit, ihren Text so grundlegend zu verändern wie Xenia.
Man hätte den aktuellen Text auch extra einstellen können.

 Xenia meinte dazu am 30.09.18:
Ich denke gerne über Dinge nach. Kritik ist eine wichtige Hilfe dazu.

 DukeofNothing meinte dazu am 01.10.18:
Hallo Xenia,

ein sehr guter Text, wie ich finde.

Ich glaube es gibt viele Menschen, die sich in den einen oder anderen Protagonisten wiedererkennen bzw. sich in verschiedenen Teilen wiedererkennen...

Mir geht es auf jeden Fall so.

Ein Rat für eine Verbesserung deines Textes (oder auch Texte)
kann ich dir nicht geben.

Ich überlege nur, was du für Texte schreiben würdest, wenn du mehr Zeit bei Entstehung investieren würdest...?

Gruß DkoNg

 TrekanBelluvitsh (01.10.18)
Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, dass zu lesen. Dabei geht es gar nicht um die Bedeutung des Einzelnen und dessen, was er über sich berichtet. Jeden könnte ich jetzt analysieren und jeder und jede vorgestellte Person hat Stärken und Schwächen, offenbart die Fähigkeit, das eigene Glück zu finden, oder sich selbst zu zerstören.

Aber darum geht es hier nicht.

Es ist ein Text, der Andersartigkeit präsentiert und zwar so, wie sie ist. einfach anders Nicht böse, nicht gut, nicht bedrohlich, nicht einladend. Einfach anders.

 Xenia meinte dazu am 01.10.18:
Danke. Dörte und Herr U haben mir bei diesem Text sehr geholfen.
Manni (38)
(01.10.18)
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 Xenia meinte dazu am 02.10.18:
Right.

 Dieter Wal (03.01.19)
"Wir sind einfach nur Menschen. Unvollkommen. Unsicher. Egoistisch."

Schöner Text. Glückliches 2019!
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