Attribut "deutsch" ?

Gedanke zum Thema Nachdenkliches

von  millefiori

Was bin ich jetzt eigentlich – Deutsch?

Ich weiß nicht, es hört sich so endgültig an.
Ich mag es nicht, wenn etwas so klare Abgrenzungen hat.
Als Tochter einer deutschen Fabrikarbeiterin und eines italienischen Gastarbeiters wurde ich in Deutschland geboren.
In meiner glücklichen Kindheit kann ich mich nur an seltene Begegnungen ausländerfeindlicher Art erinnern.
Sicher liegt es auch daran, dass ich in einem verrufenen Viertel unserer Stadt aufwuchs.
Die Bewohner dieses Viertels vereinten dort sämtliche Nationalitäten, manchmal schon nur in einem Häuserblock.
Trotzdem funktionierte das Zusammenleben ohne größere Probleme.
Natürlich gab es immer wieder mal Kabbeleien zwischen Kartoffel-, Spaghetti- und Knoblauchfressern.
Aber die waren meistens am nächsten Tag wieder vergessen.
Ich hatte Glück die Tochter eines Italieners zu sein, das galt damals wenigstens ein wenig als hip.
Die Leute verbanden damit positive Dinge wie: Urlaub, Sonne, Meer, gutes Essen, schöne Musik.
Bei manchen spürte ich aber auch, dass sie irgendetwas an mir störte.
Da war z.B. Frau Kupfer, meine Hauswirtschaftslehrerin. Sie hielt vorzugsweise im Dirndl Unterricht und sah immer aus wie eine erwachsene Heidi.
Sie wurde es nie müde mir eine Karriere als Marktschreierin vorauszusagen. Frau Kupfer
schob meine Lebhaftigkeit sicherlich auf die italienischen Gene.
Kein Wunder, sie kannte meine Eltern nicht, da sie damals nicht ständig zur Elternsprechstunde kamen, so wie es heutzutage üblich ist. Zu dieser Zeit wurde noch nicht jeder Fliegenschiss mit dem Lehrer besprochen.
Meine Eltern hielten sich weitestgehend von Schule und Lehrern fern.
War ein Lehrer ungerecht, wird er schon seine Gründe dafür gehabt haben, so hörten wir immer unsere Eltern sagen, wenn wir uns beschwerten.
Also, aus besagten Gründen, wusste diese Lehrerin nicht, dass dieses vermeintliche italienische Temperament eher meiner Mutter zu verdanken war.
Wenn meine Mutter wieder einmal aufgrund der Doppelbelastung von Fabrikschichtarbeit und Haushalt völlig überbelastet ausrastete, scherte sie sich einen Teufel darum, dass man ihre Schimpftiraden auf Gott und die Welt und insbesondere die faulste Familie auf dem Erdenball, drei Straßen weiter noch ohne Probleme hören konnte.
Mein Vater dagegen verhielt sich immer eher „unitalienisch“, also: ruhig, geduldig und sehr diplomatisch.
Als ich dann später tatsächlich den Beruf Verkäuferin erlernt hatte und Frau Kupfer eines Tages als Kundin den Laden betrat, konnte ich nicht anders, als ihr mit einem Augenzwinkern zu sagen:
„Sie hatten gar nicht so Unrecht, Frau Kupfer, mein Beruf ist dem der Marktschreierin ziemlich ähnlich“, statt wie erwartet ein humorvolles Lächeln, erntete ich einen vernichtenden Blick von ihr.
So oft ich danach dieser Dame begegnete und freundlich grüßte, bekam ich nur noch diesen Blick von ihr und nichts anderes.
Je mehr ich nachdachte, und reflektierte, desto mehr Kleinigkeiten und Bemerkungen fielen mir ein, die ich in meiner kindlichen Naivität nicht wahrgenommen hatte.
Der Satz meines Kunstlehrers: „Zügele dein italienisches Temperament“
Schon wieder! Es gibt kein italienisches Temperament, Temperament ist keine nationale Eigenschaft! Hallo?!
Die absurde Frage meines von allen gefürchteten Englischlehrers, ein sehr unangenehmer Zeitgenosse. Jeden Tag schaffte er es eine Schülerin bloßzustellen und zum Weinen zu bringen.
Zu diesem Zeitpunkt frischte ich mein italienisch auf und in meinem Kopf vermischten sich ständig die italienischen mit den englischen Wörtern, so dass mir immer gerade das jeweils nicht sprachlich passende einfiel.
Er fragte bei mir die Vokabeln ab und ich wusste das englische Wort für Spinat nicht.
Daraufhin meinte er:“Was machst du eigentlich wenn du mit deinem Vater in Italien ein Restaurant besuchst und ihr die Speisekarte, die auf englisch geschrieben ist, nicht versteht?“
Ja, ernsthaft, ich schwöre, das hat er mich gefragt!
Die Antwort, dass wir einfach mit dem Kellner italienisch sprechen würden, konnte ich ihm natürlich nicht an den Kopf werfen. Er hätte mich in Grund und Boden gebrüllt, das spürte ich.
Also zuckte ich nur mit den Schultern und er sagte dann triumphierend in die Runde:“ und genau dafür braucht ihr die Vokabeln!“
„Setzen, Sechs!“ das war einer seiner häufigsten Sätze.
Je älter ich wurde, desto mehr erfuhr ich von Begebenheiten, die sich in der Vergangenheit abgespielt hatten.
Meine Eltern erzählten, dass sie die Konfirmation meines Bruders in einer deutschen Gaststätte im Stadtviertel feiern wollten. Als sie anriefen um den Termin festzulegen, hieß es mit Bedauern, dass der Termin leider schon vergeben sei.
Meine Eltern waren aber nicht auf den Kopf gefallen und ließen meinen deutschen Opa anrufen und  Oh Wunder! Der Termin war frei!.
Überflüssig zu sagen, dass meine Familie weder Konfirmation noch sonst je wieder irgendetwas in dieser Gaststätte veranstaltete.
Meine Mutter konnte meinen Vater nicht mehr an den Wochenenden zu den Fußballspielen des italienischen Vereins begleiten, weil sie aufs übelste als Italienerhure und Nutte beschimpft wurde. Angesichts dieser Aggressivität der deutschen Landbevölkerung hielt sie es für besser uns Kinder nicht mehr dorthin mitzunehmen. Wobei wir Migrantenkinder stets friedlich mit den Dorfkindern im Sandkasten spielten, nichts wissend von den Verständigungsproblemen der Erwachsenen.
Ich interessierte mich kaum für Fußball, aber trotzdem nervten mich meine Lehrer, die ansonsten keine sportlichen Unterhaltungen mit mir pflegten, bei jeder EM oder WM mit Fragen wie:“Na? Für wen bist du den bei der WM?“
Trotzig und genervt entschied ich mich für Italien zu sein, damit sie endlich die Klappe hielten.
Als die Italiener daraufhin wirklich die WM gegen Deutschland gewannen, legte meine Mutter mir und meinen Vater nahe unsere Koffer zu packen, um nach Italien zurückzureisen.
Meine Lehrer hielten endlich die Klappe, die Jungs unserer Clique leider auch und zwar mieden sie mich, meine italienische und meine spanische Freundin eine volle Woche.
Das war nur eine WM!!! Heute frage ich mich was in wirklich ernsten Situationen passieren wird?

Es waren im Großen und Ganzen nur Kleinigkeiten, aber diese Kleinigkeiten haben mich sensibilisiert.
Sensibilisiert im Umgang mit Menschen, die anders aussehen, anders glauben, anders essen und anders beten.
Ich kann damit umgehen.
Mit der Zeit wurde Deutschland toleranter und deutsch sein bedeutete für mich, Demokratie, Miteinander, kulturelle Vielfalt.
Wir essen Gyros beim Griechen, Pasta beim Italiener, wir essen türkisch, chinesisch, indisch und amerikanisch. Das ist ja was gaaanz anderes, der Georgios von nebenan ist ja kein Ausländer!
Der Antonio von der Pizzeria Stella, der arbeitet ja auch fleißig.
In der Firma in der ich arbeite, sind Russen, Türken, Kroaten, Philippinen, Halbitaliener (grins) und Deutsche beschäftigt. Wir verstehen uns blendend! Würden alle nicht rein deutschen Mitarbeiter  die Arbeit niederlegen, müssten wir den Laden wegen Personalmangel schließen und nein! Es gibt nicht genug Arbeitslose, die darauf warten bei uns zu arbeiten. Denn die meisten wollen nicht in einen popligen Dienstleistungsjob oder ins Handwerk, die meisten wollen lieber in ihren Sessel furzen.
Leider gibt es mittlerweile Gruppierungen, die am liebsten alle Ausländer evakuieren würden.
Die Zeiten haben sich wieder geändert und manche Menschen sprechen heute dem Attribut deutsch Eigenschaften zu, die mich gruseln lassen.
Nein, ich bin nicht nur deutsch, ich bin multikulturell und
nein, ich habe nix gegen Ausländer, aber – gegen Intoleranz!

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (07.10.18)
Guten Abend.

Handwerklich gesehen ohne Erzählfluß, ohne Spannung. Keine glaubwürdig wirkende Szenen, weil ohne Details, keine Figurentiefe. Hier und da Schlampigkeitsfehler, z.B. "Bei Manchen".
Inhaltlich möchte ich nichts dazu sagen.

 millefiori meinte dazu am 08.10.18:
Das Leben erzählt nicht immer glaubwürdige Szenen, diese hier sind real. Deine Kritik nehme ich an, da ich noch kaum Erfahrung habe.

Du musst Dich zum Inhalt nicht äußern, es sind meine Gedanken, die ich für mich aufgeschrieben habe.

millefiori

Antwort geändert am 08.10.2018 um 08:57 Uhr

 loslosch antwortete darauf am 08.10.18:
in dem text steckt - von einigen wenigen längen - jede menge erzähfluss!

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 08.10.18:
Mendacium est.

 loslosch äußerte darauf am 08.10.18:
verum dico neque quicquam nisi vero.

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 30.10.19:
Problematisch sind auch die extrem viele Sätze, die mit "ich" beginnen, das macht wirklich keinen einnehmenden oder gar sympathischen Eindruck.

 millefiori meinte dazu am 30.10.19:
Die viele "n" Sätze mit "ich" werde ich bei Gelegenheit überarbeiten.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 31.10.19:
Es ist auch einfach schlechter Stil.

 millefiori meinte dazu am 01.11.19:
Ich hab grad andere Sorgen.
Graeculus (69)
(08.10.18)
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 millefiori meinte dazu am 08.10.18:
Hallo Graeculus,
Es gibt da ganz viele Widersprüche, bei diesen Menschen.
Ich habe auch schon erlebt, das jemand sich bei einer ausländischen Kollegin über Ausländer auslässt, ohne zu bemerken, dass so einer vor ihm steht.
Es wird dann scheinbar ausgeblendet, dass derjenige auch ausländische Wurzeln hat. Er wird quasi adoptiert und zählt dann wohl automatisch nicht mehr dazu.
Ich möchte nicht immer gleich die Nazikeule schwingen, nur aufzeigen, dass man ein wenig sensibler sein sollte, in manchen Äußerungen und auch mal sein eigenes Verhalten hinterfragen.
Jahrzehntelang hat in Deutschland das multikulturelle gut funktioniert.
Das die Politik zufrieden ist, wenn sich die Bürger auf die Flüchtlingspolitik stürzen, weil dann andere Fehler bzw. Entscheidungen zugunsten von Konzernen und somit auch den Politikern im Nebenverdienst keine große Aufmerksamkeit bekommen, ist ja klar.

Liebe Grüße
millefiori
Danke für deinen Kommentar

Antwort geändert am 08.10.2018 um 09:00 Uhr
Introitus (37) meinte dazu am 08.10.18:
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Echo (34) meinte dazu am 08.10.18:
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Introitus (37) meinte dazu am 08.10.18:
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Marjanna (68)
(08.10.18)
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 loslosch meinte dazu am 08.10.18:
weiter oben hat einer den mangelhaften erzählfluss moniert. welch absoluter quatsch.

 Willibald (08.10.18)
Ein feiner/feines Essay.

gratias.
ww

 millefiori meinte dazu am 08.10.18:
Sorry, habe bis 20 Uhr gearbeitet und deswegen keine Zeit gehabt zu reagieren.
An Alle die der Text angesprochen hat, ein Dankeschön.
@Dieter und Loslosch, ihr beide werdet Euch wohl in diesem Leben nicht mehr einig werden, schmunzel, aber so wird es wenigstens nicht langweilig. Leider kann ich kein lateinisch.
Mich würde schon interessieren wie man so verschiedene Situationen in einen besseren Erzählfluss bringt, (ehrlich!), wobei es sich ja hierbei nicht einmal um eine Geschichte handelt. Ich gabe einfach meine Gedanken zu Papier gebracht.
Was die nicht integrierbaren Türken betrifft oder jegliche nicht integrierbaren, wir haben in Deutschland auch Deutsche, die sich nicht integrieren können.
Die Frauen als Freiwild sehen, die ihre Religion als die Einzige wähnen, die Fleischesser oder Vegetarier diskriminieren.
In jedem Land gibt es Fanatiker. Leider.
Aber die Frage ist, sind wir nicht auch ein bisschen schuld daran, wenn wir die Menschen die nicht nach unserem Geschmack sind, weil sie Kopftuch tragen, oder tätowiert sind oder einen Irokesen auf dem Kopf tragen oder Veganer sind aus dem Weg gehen , statt mal ein Gespräch anzufangen und die Hintergründe kennenzulernen. Nein, wir machen die Schublade auf, bevor wir der Person die Möglichkeit geben sich zu erklären.
Was steckt hinter dem Kopftuch, oder der Lederjacke oder auch der spießigen Lehrermütze.
Am Ende ist das ein ganz anderer Mensch als wir vermuten.

Antwort geändert am 08.10.2018 um 21:20 Uhr

 GastIltis (22.10.18)
Hallo Patrizia, hat mir gut gefallen, dein sehr persönlich gehaltener Text. Schöne und überzeugende Beispiele aus deinem Leben hast du gewählt, um das Thema Toleranz, deine Abscheu vor jeglicher Intoleranz deutlich zu machen. Ich finde den Beitrag sehr gelungen. Wir sollten viel öfter wagen, offen über uns und unsere wahren Ansichten zu schreiben, auch wenn Mut dazu gehört! Viele liebe Grüße von Gil.

 millefiori meinte dazu am 22.10.18:
Danke, lieber Gil,
ich wollte das einfach mal niederschreiben und habe festgestellt, die Menschrn aus meinem näheren Umfeld doch sehr überrascht war, was ich so erlebt hatte.
Mir selbst war es zum Glück, gar nicht so bewusst. In den Zeiten, wo viele Ausländer raus rufen, wird das wieder lebendig.
Liebe Grüße
millefiori
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