Der Fremde im Spiegel

Text

von  Cathleen

Der Fremde im Spiegel

Der Fremde im Spiegel
nimmt dich nicht mehr wahr.
Am Kühlschrank noch Zettel
vom vorigen Jahr.
Im Backofen Strümpfe,
im Brotfach Salat.
Dazu dein Geschimpfe,
du willst keinen Rat.

Du irrst durch die Straßen,
du schaust auf die Uhr,
doch Schilder und Zahlen
verwirren dich nur.
Das Foto von Oma
erkennst du nur schwer.
Und auch dein Geburtstag
bedeutet nichts mehr.

Wenn’s im Gehirn doch noch mal blitzt,
und du dich wieder selbst besitzt
für einen kurzen Augenblick,
empfinde ich das schon als Glück.
Mit jedem Tag verschwindet mehr
von dir, trotz deiner Gegenwehr.

Dein eigener Name
entfällt dir nun auch.
Du bist eine Insel
umgeben von Rauch.
Fast nie dringt mein Lächeln
noch durch bis zu dir.
Dann sagst du ganz fassungslos:
„Du bist ja hier!“

Wenn’s im Gehirn doch noch mal blitzt,
und du dich wieder selbst besitzt
für einen kurzen Augenblick,
empfinde ich das schon als Glück.
Mit jedem Tag verschwindet mehr
von dir, trotz deiner Gegenwehr.

Sie bringen dich auf die Geschlossne Station.
Dein Schuh traf den Arzt, so die Information.

Mit jedem Tag verschwindet mehr
von dir, trotz deiner Gegenwehr.


Anmerkung von Cathleen:

Von diesem Text gibt es eine tolle Vertonung von Marie Wilhelmine Anders.

https://mariewilhelmineanders.bandcamp.com/album/der-fremde-im-spiegel-ep?fbclid=IwAR3NKmteGGj5ZKnzLhwfO96rHyzi2atMbkkhzD65Bvf5gY9JA9UvF48I1uQ

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