Die Sache mit den Verbrauchern

Kommentar zum Thema Allzu Menschliches

von  Reliwette

Der Verbraucher hat entschieden, er verbraucht. Wir werden unterschieden zwischen Verbrauchern und Verbrauchern. Der Mensch zählt nix, denn er ist zum Verbraucher degeneriert. Zu Beginn seines Lebens verbraucht er Windeln, der kleine Kackheld. Im Alter Correga Tabs und schmerzlindernde Salben für die kaputten Knie, ach ja – und zerstoßene Ginkoblätter gegen das nachlassende Gedächtnis, natürlich in Tablettenform. Die alternden Paviane könnten die Blätter auch gleich vom Baum fressen, aber es geht hierbei nicht um Paviane, sondern um Verbraucher, und die brauchen die Pharmazie. So will es der Gott Konsum, ohne den die Wirtschaft nicht brummt.
Zwischen frühester Jugend und dem Alterszorn liegt jedoch das weit gefächerte Verbrauchsangebot. Wenn dem einfältigen Verbraucher nix mehr einfällt, was an überflüssigem Krimskrams zu vertilgen, verbraten und zu horten ist, hilft die Industrie mit mehr oder weniger blöden Sprüchen etwas nach. Wenn alle mit braunen Hornbrillenimitaten ihre Augengläser einfassen, dann ist das schick, auch wenn es den Verbraucher alt macht, der keine eigene Meinung haben soll. Er muss nicht aufmucken, sondern mitmachen.
Wer es als Verbraucher endlich zum Mercedes gebracht hat, lässt tagsüber die Garagentür offen, damit andere auch etwas davon haben, wenn sie das „Ick heb schafft – Auto“ im Vorübergehen erfassen. Der Stern scheint zu vermitteln, dass der Eigner eine große Nummer ist, auch wenn es sich um einen Diesel handelt, mit dem er  die Ballungsgebiete weiträumig umfahren soll. Ach, wer konnte das schon ahnen – dass es soweit kommen würde.
Wenn die Verbraucher lange Ohren hätten, könnte man annehmen, es  handele sich um Esel, aber so? So ist und bleiben sie Verbraucher, evangelische oder katholische – egal! Das haben die alten Propheten nicht in ihre Bücher schreiben lassen. Endlich mal etwas  genderfrei in Europa: Die Verbraucher!
The Black Friday! Endlich wird offiziell zur Schnäppchenjagd geblasen. Hallali! Das haut hin! Die Verbraucher könnten etwas verpassen z.B. wenn sie das Meiste gar nicht gebrauchen können. Aber bevor ich etwas in anderen Händen  oder Einkaufstüten sehe, schnappe ich als ein geölter Verbraucher ganz schnell und gezielt zu – wie ein Hai, der sich auf einen Köder stürzt. Och nö, welch gemeiner Vergleich! Nehmen Sie es als Metapher für Schnelligkeit!
Die Sache hat einen scharfen Haken: das Ergatterte muss  bezahlt werden, aber was tut man nicht alles für die Erzeugerindustrie! Man denke nur an die Arbeitsplätze und an die Finanzämter. Das System muss erhalten bleiben, in die Kette darf kein Loch. Wer nicht mitmacht, der säße zu Weihnachten heulend unterm Tannenbaum ohne „Freuerchen“.
Die Schuldnerberatungsstellen haben auch ein Anrecht auf ihre Existenz und auch die Rechtsanwälte, die sich dem Mahnwesen verschrieben haben. Die arme Kreditreform, eine Gesellschaft, die eigens zum Zweck gegründet wurde, Zinsen im Mahnverfahren bis über den Tod des Schuldners hinaus zu verfolgen!  Nee nee, alles gut! Wenn Sie ein männlicher Verbraucher sind, tun Sie etwas für Ihre Eitelkeit! Kaufen Sie GILETTE – Rasierklingen, denn sie sind für das Beste im Mann!
Prost! Austrinken! Aber schneiden Sie sich nicht ins eigene Fleisch!
Wünscht Ihnen der alte Kunstmeister zu Weihnachten 2018

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Kommentare zu diesem Text


 idioma (29.11.18)
Ich möcht diesem bedenkenswerten Text vom
"Gott Konsum" und den "geölten Verbrauchern"
eine kleine persönliche Illustration beifügen :
Ende September bei einer sonnigen Herbst-Radtour entlang hierzulande typischer verwilderter Obstwiesen, um die sich schon längst kein Mensch mehr kümmert, sahen wir das Obst massenhaft zu Füßen der gebrechlichen Bäume verfaulen. Ganz schnell mussten unsre Sachen aus Tasche und Leinenbeutel weichen und so vielen Äpfeln wie nur möglich Platz machen. Zuhause folgte die ungewohnte und mühsame Verarbeitung, denn fast jeder Apfel war natürlich bewohnt von einem gesundundmunteren leibhaftigen Bioindikator....... aber das üppige Kompott-Ergebnis schmeckte tagelang wirklich köstlichst !!!
All das makellose glyphosat-und chlorpyrifos-getränkte Plastikobst kann doch unmöglich gesund sein ! Man sollte es zu gegebener Zeit bestreiken und lieber zu den Obstwiesen radeln..... und vielleicht sogar die Kunst des Einkochens reanimieren............. ???
!!!
idi

 Reliwette meinte dazu am 29.11.18:
Ja, Idi, die Menschen neigen dazu, sich den Gepflogenheiten der "Anbieter" zu beugen, teilweise wollen sie auch eingepackte Gurken und Äpfel mit DIN Formaten, pestizidbehandelt, goldgelb, u.s.w. Leider gipfelt der Konsumwahn über die Lebensmittel hinaus in den "Nonfood-Bereich". Wir sind inzwischen selbst die Parasiten. die den Erdball befallen haben. Ich danke Dir für Deinen Kommentar! Aber es wird Licht: die GRÜNEN haben über 20 & Stimmenanteile bundesweit! Das lange Engagement scheint sich zu lohnen!
Gruß! Hartmut T.R.
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