Fangen

Kurzprosa zum Thema Beobachtungen

von  Moja

Da sah ich ihn kommen, er preschte durch das weit geöffnete Tor. Ich saß auf der schattigen Veranda, den verlassenen Vorhof im Blick. Es ging auf Mittag zu, die Sonne brannte sengend herunter. Der staubige Hof lag im hellen Sonnenlicht. Der Himmel strahlte in einem dunstigen Glanz. Seit Monaten hatte es nicht mehr geregnet. Draußen wirbelten Staubwolken über den roten Lateritweg. Jeden Tag kam er angerannt, stracks lief er zum Wasserhahn und schnupperte an einem feuchten Sandfleck. Vom hinteren Hof hörte ich das rhythmische Schlagen des Stößels im Mörser. Er hob die Schnauze und sprang auf die Hinterpfoten, seine Zunge schnellte heraus. Der Hund war jung, noch klein, er reichte nicht an den Hahn. Von der Straße drang Kindergeschrei und lautes Gegacker, dann heftiges Flattern, Flügelschlagen, Gejohle. Staubfahnen zogen über die Hofmauer. Eine Kinderhorde stürmte vorbei, voran das Huhn, wild mit den Flügeln um sich schlagend. Die Jungen jagten das Huhn über die Straße, es entkam in den Nebenhof. Nun waren auch die schrillen Rufe der Frauen zu hören, Hundegebell, der gedämpfte Aufschlag von Steinen, heiseres Gejaule, Gewinsel, wieder stob Sand auf, kleine Steine spritzten umher, ich hörte kreischendes Lachen. Ein magerer Hund mit blutendem Ohr hetzte vorbei, die Jungen hinterher, nun aus der anderen Richtung. Einen Moment lang sah ich in die feuchten dunklen Augen des Hundes. Ein Stein knallte gegen das Eisentor, prallte zurück, schlug dumpf auf dem sandigen Boden auf. Dann entfernte sich der Lärm. Im Hof hüpfte der kleine Hund wie ein Ball unter dem Wasserhahn, federte hoch und leckte am Hahn. Der Hahn gab keinen Tropfen her. Das rostige Schloss an der dicken Eisenkette klirrte, die fest um die Wasserleitung gewickelt war. Der Hund trabte in den Hof, unter der Wäscheleine stellte er sich auf die Hinterpfoten. Wäsche flatterte im Wind. Er hob seine Schnauze und fing die klaren Wassertropfen auf.

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Kommentare zu diesem Text


 Februar (20.10.19)
schrecklich wenn die Menschen dürsten, aber wer denkt an die Tiere. Sie sind ja nur zum Zeitvertreib. Ich kenne das aus Gran Canaria. Wenn die Touristen sich nicht erbarmen würden...Rat Dir doch in der Seele weh?

freundliche Grüße Februar
o, ehe ich es vergesse vielen Dank für Deine Empfehlung

 Moja meinte dazu am 20.10.19:
Gerne empfahl ich Deine anregende Geschichte weiter!

Was ich hier beschreibe, ist eine Szene aus Afrika, die ich erlebte. Tiere laufen frei herum, das Verhältnis besonders zu streunenden Hunden ist ein anderes. Ja, das berührte mich sehr.

Vielen Dank für Dein Interesse und liebe Grüße,
Moja
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