Hochhaus

Sonett zum Thema Abgrund

von  Irma

Sie stakste unschuldig-naiv
auf Stöckelschuhen. Niemand ahnte,
wie sie ihren Aufstieg plante.
Sie wollte ganz nach oben, schlief

sich bis zur Chefetage hoch,
um sich gewieft den Boss zu krallen.
Als der dann schließlich vor ihr kroch,
ließ sie ihn knallhart fallen.

Haushoch gewann sie dieses Spiel.
Man hat sie sträflich unterschätzt!
Kaum dass er ihr zu Füßen fiel,

hat sie schon seinen Platz besetzt.
Um ihre Ziele zu erreichen,
ging sie auch über Leichen.

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (07.01.19)
Und Du kennst sie? LG

 Irma meinte dazu am 07.01.19:
Nö. Du? Grüße zurück, Irma.

 EkkehartMittelberg (07.01.19)
Für diese Handlung braucht so mancher Trivialroman etwas länger. Im Gewand eines Sonetts ist sie amüsant und witzig.
LG
Ekki

 Irma antwortete darauf am 07.01.19:
Also eine neue Gattung, das Trivial-Sonett? Lieben Dank, Ekki, für Kommentar und Empfehlung. LG Irma

Antwort geändert am 08.01.2019 um 14:08 Uhr

 princess (07.01.19)
Hochhaus
zum Thema Abgrund finde ich ziemlich cool. Die Story an sich bedient mir zu viele Klischees. Andererseits kann ich so ein Klischeonett hin und wieder ganz gut vertragen.

LG p.

 Irma schrieb daraufhin am 08.01.19:
Ich hoffe, es kam zu keinen Spätfolgen wie Diarrhö? Denn mein Sonett ist ja eher durchgefallen. Aber Durchfall vertrage ich auch. Klärt die Verdauungswege und macht sie frei für Neues.

Ja, auf einem Hochhaus sollte man wohl niemandem vor die Füße fallen, der einem haushoch überlegen ist. Sonst tun sich Abgründe auf.

Lieben Dank und lieben Gruß, Irma.

 Isaban (07.01.19)
Hallo Irmchen,

so richtig gut gefällt mir der Text nicht, ich finde ihn sehr schwierig zu lesen.
Dass ich diese "Nachstellungen" (V1) nicht mag, sondern automatisch in die Rubrik "der Metrik geschuldet" einsortiere, weißt du ja. Hier bebildert sich mir auch nicht, wie jemand auf Stöckelschuhen unschuldig-naiv knicksen kann - aber genau das wolltest du wohl darstellen; nur müsste wohl auch den Protagonisten klar sein, dass da was nicht stimmt.

Mehr noch als dieses "unstimmige“ Bild jedoch stört mich das "nicht", das eigentlich, wenn man den Satz verfolgt, an eine betonte Stelle gehört, aber an unbetonter Stelle zu Versbeginn landet, wo er von mir als Außenstehenden automatisch betont gelesen wird. Schitte, dann passt der Rest des Satzes nicht mehr in den Rhythmus. Wäre das (für mich) als stilistisches Mittel erkennbar, würde ich nicht moppern. Wenn ich länger drüber nachgrübele, soll wahrscheinlich die Ahnungslosigkeit zusätzlich unterstrichen werden, nur liest es sich, wenn man schon so genau hinschaut eher so, als ahnten alle, dass da irgendwas ist und würden es unter den Teppich kehren, was wiederum nicht ganz ins Bild passt.

Ob jemand gewieft ist, wenn er sich nach oben schläft, ist wohl die Frage, ich würde hier auf die Assonanz/den Beinahebinnenreim verzichten und eher sowas wie "um sich zum Schluss/geschickt/alsbald (o.ä.) den Boss zu krallen. Als der dann schließlich vor ihr kroch..." wählen, das klingt nicht ganz so angestrengt.

In S2, V2 müsste nach meinem Gefühl "man hatte sie" stehen - passt aber nicht so gut ins Gefüge. Vielleicht gibt es ja da noch eine andere Lösung.

Insgesamt empfinde ich dieses Sonett als etwas grobkörnig und irgendwie einseitig. Es wird eine klare Geschichte erzählt, aber das "Klingen" des Klanggedichtes, das Herausarbeiten von These, Antithese und Synthese und ein bissl Tiefgang fehlen mir. Sei mir nicht gram, es wirkt auf mich eher wie eine Fingerübung.

Lieben Gruß

Sabine

Kommentar geändert am 07.01.2019 um 21:55 Uhr

 Irma äußerte darauf am 08.01.19:
Okay, das war wohl nix. Schade. Denn auch wenn es sicherlich nicht höchsten Ansprüchen zu genügen vermag - „ein bissl Tiefgang“ sollte dieses triviale Hochhaus-Drama doch zumindest besitzen.

Nun gut, ich will versuchen, noch einmal im Einzelnen auf deine Kritikpunkte einzugehen. „Dass ich diese "Nachstellungen" (V1) nicht mag, sondern automatisch in die Rubrik "der Metrik geschuldet" einsortiere, weißt du ja.“ Hier weiß ich ehrlich gesagt nicht so recht, was du meinst. Die Nachstellung von Adjektivattributen bei Substantiven (Nichts als Weidegras zu beiden Seiten - kräftig, fett.“ ist sprachlich auffällig und unschön, wenn sie rein reimgeschuldet und nicht als Stilmittel eingesetzt wird, da gebe ich dir vollauf Recht. Aber hier in diesem Fall „Sie knickste unschuldig, naiv auf Stöckelabsätzen.“ sind die Adjektive ja adverbial und dem normalen Sprachgebrach folgend eingesetzt, es liegt keine Inversion vor. Ich greife mal deinen Vorschlag auf und schreibe sie gebunden mit Bindestrich: „Sie knickste unschuldig-naiv auf Stöckelabsätzen.“ Oder vielleicht eher "stakste" anstelle von "knickste"?

Zur Bebilderung: Eine Frau, die wackelig auf Stök-kel-ab-sät-zen (hier gefiel mir das staksige Staccato) daher knickst, wirkt doch eher harmlos als berechnend und abgrundtief böse. „Man ahnte / nicht, wie sie ihren Aufstieg plante.“ Die Leseschwierigkeit kann ich jetzt, deinen Ausführungen folgend, gut verstehen. Obwohl für mich natürlich ganz klar die Betonung auf dem „wie“ liegt und liegen muss: „Man(n) ahnte nicht, WIE sie ihren Aufstieg plante.“ (wie heimtückisch, wie raffiniert, wie hinterhältig, wie manipulativ) Jede Frau hat Aufstiegswünsche, aber dass sie dabei klar einplant, auch „über Leichen“ zu gehen, davon geht wohl kein Mann aus.

Wenn ich die Stöckelabsätze etwas niedriger schleife zu Stöckelschuhen und den in V.2 anklingenden Mann plus Auftakt V.3 rausnehme, sähe S.1 jetzt folgendermaßen aus:

Sie stakste unschuldig-naiv
auf Stöckelschuhen. Niemand ahnte,
wie sie ihren Aufstieg plante.
Sie wollte ganz nach oben, schlief

Ich denke, so müsste sich das flüssiger lesen lassen. Was meinst du dazu?

Zur zweiten Strophe: Der Weg nach oben geht klar über den Boss. Insofern war es von Anfang an ihr Ziel, sich „gewieft den Boss zu krallen“. Das erfordert ein geschicktes Vorgehen. Zwischen „um sich geschickt den Boss zu krallen“ und „um sich gewieft den Boss zu krallen“ sehe ich inhaltlich jedoch keinen so großen Unterschied, und Letzteres klingt schöner. Möchte ich insofern gerne so belassen. „Als der schlussendlich vor ihr kroch, / ließ sie ihn knallhart fallen.“ Okay, das „schlussendlich“ klingt wohl wirklich etwas bemüht. Scheiß aufs knallharte „Schluss machen“, der Knall und der Aufprall sollten „schließlich“ auch so zu hören sein. Das macht dann für S.2:

sich bis zur Chefetage hoch,
um sich gewieft den Boss zu krallen.
Als der dann schließlich vor ihr kroch,
ließ sie ihn knallhart fallen.

Zum Tempus in V.2 der dritten Strophe: „Man hat sie sträflich unterschätzt!“ Ich denke, man muss hier nicht auf die Vorvergangenheitsform zurückgreifen. Denn der Umstand bleibt ja bestehen. Auch als er tot am Boden zu ihren Füßen liegt, wittert wohl niemand einen Mord. Sonst säße sie wohl im Knast und nicht kurzerhand auf seinem Stuhl.

Insgesamt hatte ich gehofft, dass sich dieser anfangs so harmlos erscheinende und sich dann als ein mörderisches Spiel entpuppende Aufstieg, die Umkehr der Machtverhältnisse (Hochhaus, haushoch), die im Fallenlassen gipfelt, schon ausreichend Gehalt für ein Sonett bietet. Aber gut, wer in den Abgrund stürzt, fällt tief. Und ist am Ende Matsche. Ich hole trotzdem mal den Besen und kehre die Reste zusammen. Vielleicht klingt es jetzt zumindest etwas sauberer?

Hochhaus

Sie stakste unschuldig-naiv
auf Stöckelschuhen. Niemand ahnte,
wie sie ihren Aufstieg plante.
Sie wollte ganz nach oben, schlief

sich bis zur Chefetage hoch,
um sich gewieft den Boss zu krallen.
Als der dann schließlich vor ihr kroch,
ließ sie ihn knallhart fallen.

Haushoch gewann sie dieses Spiel.
Man hat sie sträflich unterschätzt!
Kaum dass er ihr zu Füßen fiel,

hat sie schon seinen Platz besetzt.
Um ihre Ziele zu erreichen,
ging sie auch über Leichen.

Herzlichen Dank, liebe Sabine, für deine intensive Beschäftigung mit meinem Text und deine ehrliche Meinung dazu. Und gram bin ich dir nie, das weißt du doch! Liebe Grüße, Irma.

Antwort geändert am 10.01.2019 um 09:12 Uhr
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