Weltpuff Berlin/Systemtheorie

Erzählung zum Thema Liebeszauber

von  toltec-head

Schöne Schilderung einer deleuzianischen Frauwerdung des Mannes in dem Buch von Borchardt:

"Da", jauchzte Karla, während Agnes halb verlegen zurückfuhr, "ich habe den Gott geweckt" und sass blitzschnell verkehrt auf mir, vornübergebeugt, sich den Pflock mit Auf und Abwiegen ins Paradies dringen lassend. Agnes sagte "Oh" und verbarg das Gesicht, ich stiess und liess die fest auf mich aufgerammte mit langen Stössen tanzen; die Wollust schien unüberbietbar, aber sie wurde überboten, denn Agnes, aufgestanden und hinter mir niedergekniet, zog sich meinen Kopf rückwärts, stülpte mir die glühenden Lippen über den Mund und versenkte die Zunge in mich, steif wie einen samtenen Penis, mit rhythmischen Ab und Auf. Ich besass beide auf einmal...

Beide Frauen. Aber offenbar auch "beide" Geschlechtsteile.

Überlegenheit der Bi- über die Homosexualität, aber auch über den Transgenderquatsch. "Stockschwul" - da findet eben kein Werden mehr statt. Die Transe will nur ein anderes Sein - wie langweilig! Wieviel geistreicher sich oral durch einen weiblichen Penis penetrieren zu lassen, als aus seinem Penis durch eine krude, biologistische Operation das zu machen, was er (in ungestülpter Weise) eh schon ist, eine Vulva.

***
Immer wieder genügend Gründe, um an der Beschränktheit des Weltgeistes aus Oerlinghausen zu verzweifeln. Das Bielefeld der 90er Lichtjahre vom Berlin der 20er entfernt. Verblüffter Alexander Kluge, dem Luhmann im Interview mit überlegenem Lächeln (man muss sich auf Youtube das Video dazu ansehen!) erklärt, Männer gerieten im Vergleich zur Frau immer in die Verlegenheit, ihre Liebe nicht durch Hingabe beweisen zu können.

KLUGE Beschreiben Sie die Paradoxie „Sei natürlich“.

LUHMANN Man bricht die Aufforderung und muß dann der Aufforderung folgen und nicht mehr natürlich sein. Wenn man etwas vorgeschrieben bekommt, ist man nicht mehr natürlich.

KLUGE Wenn Immanuel Kant sich sagt „Nicht an Lampe denken“, das ist sein Diener, mit dem er verfeindet war, ist das die beste Methode, an ihn zu denken. Können Sie mir die Paradoxie „Sei aufrichtig“ an einem Liebespaar beschreiben?

LUHMANN Zunächst hat man die Asymmetrie, daß die Frau ihre Liebe beweisen kann, indem sie sich hingibt, und der Mann kann sich nicht beweisen. Die Hingabe der Frau ist die definitive Bestätigung der Liebe, aber der Mann verführt, wo er will – und das beweist zunächst nichts. Deswegen kommt der Mann in eine Beweisnot. Er muß Aufrichtigkeit mimen. Dann gibt es Erzählungen oder stilisierte Geschichten, wo er selber das Opfer seiner eigenen Aufrichtigkeit wird. Erst will er nur verführen und dann, wenn es zu spät ist, merkt er, daß er sich verliebt hat. Er wird also Opfer seiner eigenen Technik. Das findet sich im Adolphe von Benjamin Constant. Die Paradoxie liegt darin, daß man das Gebot, aufrichtig zu sein, als Gebot ausführen muß und deshalb nicht aufrichtig sein kann, weil es nicht spontan ist.

https://volltext.net/texte/alexander-kluge-niklas-luhmann-liebe-passion/

Davon, dass die Frau, wenn auch keine Erektion, wohl aber, anders als ein Mann, einen Orgasmus mimen kann, keine Spur. Fehlende Empirie?

Die praxistauglichen Tipps der Systemtheorie dann auch immer völlig unbrauchbar. Hier der berühmte "immer Freitags" Tipp:

Ich erinnere einen Fall aus einem familientherapeutischen Institut, wo die Partner unglücklich waren, daß sie sich nie darüber verständigen konnten, wann es zum Geschlechtsverkehr kommen sollte. „Möchtest Du heute? Ja, wenn Du möchtest, mache ich es auch.“ Es kam zu einem Abstimmen in der Beobachtung: „Ich tue es, wenn Du es willst. Ich will es auch, aber ich möchte nichts sagen, weil ich Dich sonst zwingen würde, ja zu sagen, obwohl Du eigentlich nicht willst.“ Die Regel war: immer freitags. Es war eine Situation mit therapeutischer Beratung, die entwickelte sich auseinander aus Übersensibilität für das, was der andere denkt, wenn man etwas tut oder umgekehrt. Die therapeutische Beratung gehörte zum Typ Mailänder Schule. Man arbeitet mit Weisungen, die zugleich therapeutisch und diagnostisch sind. Wenn es funktioniert, ist es in Ordnung, wenn es nicht funktioniert, warum hat es nicht funktioniert? Da hat man versucht, die Verständigungsschwierigkeiten auszuklammern durch eine Regel, die generell gilt.

Das eigentliche Problem ist, dass so etwas ein-, zweimal  funktioniert und dann - mit einigem Glück hat der Therapeut seine Rechnung mittlerweile bezahlt bekommen -  nie wieder. Um sich von so etwas beeindrucken zu lassen, muss man schon ein total verquaselter, geistreicher Causeur wie Kluge sein.

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Kommentare zu diesem Text


 Oskar (16.01.19)
Wenn es funktioniert, ist es in Ordnung, wenn es nicht funktioniert, warum hat es nicht funktioniert.

Warum benutzt keiner.

Weil du in heißen Phasen keine andere Wahl hast.
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