Aus den Erinnerungen eines Reiseleiters

Kalendergeschichte zum Thema Augenblick

von  eiskimo

Kapitel: Fotografieren
In Ägypten habe ich das einmal am ganz extrem erlebt.Ein Ehepaar, beide sehr kulturbeflissen, brauchten immer am längsten, bei jedem Stopp.
Eines abends in der Hotelhalle habe ich SIE gefragt, warum sie beide so viele Fotos machten – wenn einer knipste, würde das doch reichen. Ihre Erklärung war  dann frappierend:
„Ich fotografiere für mich,“ sagte sie abgeklärt. „Ich will zu Hause nach-erleben können, wo ich war.“ Sie zeigte auf ihre kleine Digitalkamera .“Und dafür reicht die hier.“
Dann zeigte sie in Richtung ER, der – wie immer auf dieser Tour - eine pfundschwere Spiegelreflex-Kanone vor der Brust in Schuss-Bereitschaft hielt. “Mein Mann fotografiert mit einem ganz anderen Ehrgeiz, er sucht immer das Meister-Foto. Im Grunde will er den Leuten zu Hause nur beweisen, was für ein toller Fotograf er doch ist!“


Anmerkung von eiskimo:

Sehen, wie andere sehen, das öffnet die Augen

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (26.01.19)
Die meisten fotografieren wohl für sich. Aber das andere Motiv, vorzeigen zu wollen, ist auch stark vertreten. Gott sei Dank hat sich herumgesprochen, wie langweilig Filmvorführungen von Urlaubsbildern sein können.
LG
Ekki

 eiskimo meinte dazu am 26.01.19:
Trotzdem möchte ich eine Lanze brechen für den ambitionierten Fotografen, den Foto-Reporter im positiven Sinn: Im Idealfall "formuliert" er eine Botschaft, die kein Verse-Schmied je so prägnant hinkriegen könnte. In dem Maße, wie wir mit Bildern überflutet werden, erschwert das natürlich den Job.
lG
eiskimo (Verse-Schmied UND auch gerne mit denm Fotoapparat unterwegs)

 AZU20 (26.01.19)
Für sich ja, alles andere: schrecklich. LG

 eiskimo antwortete darauf am 26.01.19:
Sei nicht so streng, bitte! Es gibt Ausnahmen
eiskimo

 niemand (26.01.19)
Sind beide Arten nicht voll berechtigt und ist das mit der Schreiberei nicht ähnlich? Der eine schreibt, weil er etwas herauslassen möchte [vielleicht nicht ganz nur für sich] weil es ihn quasi von innen heraus drängt und ein anderer schreibt in erster Linie um sowas wie Anerkennung plus Applaus seitens der anderen Schreiberlinge zu bekommen. Verschiedene Persönlichkeiten, verschiedene Absichten/Motivationen. LG niemand

 eiskimo schrieb daraufhin am 26.01.19:
Da kann ich nur voll und ganz zustimmen. Das gibt es in beiden Techniken sich mitzuteilen: Eitel-selbstbezogen oder sachorientiert.
In beiden Techniken wird "verdichtet" , werden "Botschaften" formuliert. Die Sprache der Fotografie ist m.E. direkter, auch manipulativer, die Adressaten werden leichter erreicht und ... leichter wieder verloren. Lesen verlangt mehr Aufwand.
Für den Autor ist der kreative Prozess aber sehr ähnlich, egal ob er in Worten "malt" oder in Bildern "spricht".
lG
eiskimo
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