Lückenfüller

Sonett zum Thema Sucht

von  Irma

Mein Blick streicht über mürbe Bücherrücken
dreht Runden um den schmucken Wetterhahn.
sucht Sammeltassen zwischen Einzelstücken
von einer alten Märklin-Eisenbahn.

Ich bücke mich, um einen Schein zu  zücken,
schnapp mir die Schallplatte von Dschinghis-Khan.
Beim Kranich glückt es mir, den Preis zu drücken.
Zum Schluss schieß ich den Schwan aus Porzellan.

Drei Dutzend Kisten stehen an der Wand,
ihr Inhalt ist mir gänzlich unbekannt.
Der Celan-Band ragt aus dem Bücherbord heraus.

Weil mich der Kaufrausch ständig übermannt,
nimmt Tand in meinem Zimmer Überhand.
Er füllt den Leerraum in mir bis zum Rand aus.

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Kommentare zu diesem Text


 tigujo (13.02.19)
Toll, schön, hab betreten diesen Raum betreten und sinniert.

Die Sucht, die sucht,
doch was sie findet,
ist, dass sie tief're Suche bindet...

So, und jetzt miste ich mal bei mir aus ;)
lg tigujo

 Irma meinte dazu am 13.02.19:
Tja, das ist das schöne an der Schreibsucht. Sie benötigt höchstens ein wenig Speicherplatz. Und füllt das Dachstübchen nur imaginär.

Lieben Dank für Kommentar und Empfehlung, Irma

 LottaManguetti (13.02.19)
Kleine Anmerkung dazu:

Drei Dutzend Kisten stehen an der Wand,
ihr Inhalt ist mir gänzlich unbekannt.
Der Celan-Band ragt aus der Bücherwand heraus.

Wie fändest du meinen Vorschlag, die zweite "wand"
durch "bord" zu ersetzen?

Drei Dutzend Kisten stehen an der Wand,
ihr Inhalt ist mir gänzlich unbekannt.
Der Celan-Band ragt aus dem Bücherbord heraus.

Nun gut, eine Bücherwand ist kein Bord, aber vielleicht ließe sich die Doppelung auf diese Weise oder anders vermeiden?

Schön finde ich den Binnenreim Tand- Überhand und die Alliteration Schluss-schieß-Schwan.
Wie immer hast du viele Stilfiguren in deinem Gedicht versteckt! :D

Es grüßt dich
Lotta

 Irma antwortete darauf am 13.02.19:
Dankeschön, Lotta. Ja, ich schraube dein Bücherbord sofort an meine Wand. Es trägt gut zum Überborden bei!

Ganz liebe Grüße zurück, Irma.

Antwort geändert am 13.02.2019 um 09:36 Uhr

 Didi.Costaire (13.02.19)
Vom KauFRAUsch überMANNt, da kommt viel zusammen.
Liebe Grüße, Dirk

 tigujo schrieb daraufhin am 13.02.19:
Das nenn ich findig... Nicht schlecht!

 Irma äußerte darauf am 13.02.19:
Oh Didi, du hast ein feines Auge! :D Ja, als ich die Frau im Kaufrausch entdeckte, fühlte ich mich ertappt. Und musste sie gleich mit ihrem Mann vereint in eine Zeile packen.

Freue mich über dein aufmerksames Lesen und Grüße dich lieb zurück, Irma

Antwort geändert am 13.02.2019 um 10:45 Uhr

 Isaban (13.02.19)
Liebes Irmchen,

ich hab jetzt gründlich darüber nachgedacht - aber sooo viele Schuhe habe ich gar nicht.

Du weißt ja, wie es um meine Zeit bestellt ist - daher kurz und in Klammern hinter den Versen, einverstanden?
Liebe Grüße in deinen Mittwoch,
Isaban

Mein Blick streicht über mürbe Bücherrücken (alte oder viel gelesene Bücher)
dreht Runden um den schmucken Wetterhahn. (Langeweile, auf der Suche nach etwas, Wetterhahn neben Büchern= Sammelsurium, also Sammler oder Messi - nee, Flohmarkt!)
sucht Sammeltassen zwischen Einzelstücken (hier finde ich die Einzelstücke der alten Märklin-Bahn, die ja im Singular steht, nicht ganz so gelungen - vielleicht "der Marke Märklin-Eisenbahn" oder "Einzelstücken,
Wagons der Märklin-Spielzeugeisenbahn" o.ä.?)
von einer alten Märklin-Eisenbahn.

Ich bücke mich, um einen Schein zu zücken,
und schnapp die Schallplatte von Dschinghis-Khan. (eventuell "schnapp mir"?
Beim Kranich glückt es mir, den Preis zu drücken.
Zum Schluss schieß ich den Schwan aus Porzellan. (Fette Beute! :D)

Drei Dutzend Kisten stehen an der Wand,
ihr Inhalt ist mir gänzlich unbekannt.
Der Celan-Band ragt aus dem Bücherbord heraus. (Hübsch, wie bildlich hier auch der Vers silbenmäßig herausragt!)

Weil mich der Kaufrausch ständig übermannt, (Liest sich so, als würde das LI lieber anderweitig "übermannt" werden. )
nimmt Tand in meinem Zimmer Überhand. (Gut platzierter zusätzlicher "and-Reim"!
Er füllt den Leerraum in mir bis zum Rand aus. (Sicher? Bei jeder Sucht- auch bei der Kaufsucht - bleibt immer immanenter Resthunger, der nicht gestillt werden kann. Das könnte in diesem Falle - gelungen unterstrichen durch die Schieflage/unbetonte Kadenz des Schlussverses- zu weiteren Kisten unbekannten Inhalts führen.)

 Irma ergänzte dazu am 13.02.19:
Wenig Zeit und wenig Schuhe? Aber viele Worte und viele Anregungen. Danke dir dafür. Den einen schnapp ich mir doch sofort: "schnapp mir" klingt nicht nur gefälliger, sondern fügt sich lautlich ("mir") auch wunderbar an das "Dschinghis". Genommen für 'nen Euro. :D

Die Einzelstücke der Märklin-Eisenbahn sind auf Flohmärkten oft zu finden: Drei Weichen, ein gerades Gleis, zwei Kurven, anderthalb Wagongs, ein Travo, einzelne Häuser - eben die von den Sammlern geplünderten Reste der Komplett-Anlage. Ich glaube, da will ich nichts dran ändern.

Den Schlussvers hast du schön interpretiert mit dem unbetonten "aus". Ich denke, man könnte es auch mit Zäsur wieder betont lesen, und der Hebungspraller hebt das Anstoßen am Rand der eigenen Denkwände hervor.

Freue mich jedenfalls, dass du mit mir in meinem Chaos versunken bist. Ebay-Grüße, Irma

Antwort geändert am 13.02.2019 um 12:56 Uhr
Trainee (71)
(13.02.19)
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 Irma meinte dazu am 15.02.19:
Liebe Trainee,
ich befinde mich wohl auch bereist im letzten Drittel. Aber da mir das Wegwerfen schwerfällt und ich all das, was sich bei einer großen Familie angehäuft hat, immer versuche an den Mann (die Frau) zu bringen, bin ich umgeben von Kisten und Kästen mit Ebay-Krempel. :D

Ja, das mit dem Verschieben den "aus" in eine Extra-Zeile hatte ich auch in Erwägung gezogen, aber damit müsste man es in jedem Fall betont lesen und schlösse die zweite Lesart (unbetonte Kadenz, siehe Isaban) aus.

Ich danke dir herzlich für Kommentar und Empfehlung, Irma.
Agnete (66)
(25.07.22, 12:18)
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 Irma meinte dazu am 25.07.22 um 13:59:
Dankeschön, liebe Agnete.

Nein, Rilke geht nicht, es muss schon Celan sein wegen dem Dschingis-Khan und dem Porzellan, das mit der Betonungsverschiebung von der zweiten Silbe bei diesen beiden Wörtern zur ersten Silbe bei Celan zu Bruch geht.

Mir war auch die von dir genannte Betonungsvariante geläufiger, aber ich habe extra nochmal nachgeforscht, und Celan wollte seinen Namen wohl auf der ersten Silbe betont wissen:  https://geschichtedergegenwart.ch/akute-dichtung-celans-zumutungen/

Dort heißt es: "Tsélan? Für Betonungsfragen interessierte sich Celan auf ganz verschiedenen Ebenen. Mit Blick auf die Aussprache seines Namens in einer Rundfunksendung bittet er in seinem Brief an Ernst Schnabel vom 23. Februar 1964 darum, „den Sprecher darauf aufmerksam zu machen, daß ich meinen Namen nicht französisch ausspreche, sondern tselan, also ohne Nasallaut am Ende und mit Betonung auf der ersten Silbe.“ Wollte man neben der Betonung die Klangfarbe des „e“ weiter präzisieren, müsste man es mit einem Akut (accent aigu) schreiben: „é“. „Celan“, seinerseits ein Anagramm von „Ancel“ (rumänisch für „Antschel“, wie Celan ursprünglich hieß), ist zudem ein verschliffenes Lautanagramm von „Lanze“ – spitz wie der Akut."

Herzliche Grüße, Irma.

Antwort geändert am 25.07.2022 um 14:09 Uhr

Antwort geändert am 26.07.2022 um 01:35 Uhr
Agnete (66) meinte dazu am 25.07.22 um 19:37:
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 Irma meinte dazu am 26.07.22 um 01:37:
😉😊
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