Ich glaube, du siehst es nicht... [oder: We'll never find the cure. Useless me and useless you]

Tagebuch zum Thema Alles und Nichts...

von  ZornDerFinsternis

Wir spielen heute kein Spiel.
Wir machen keine Selfies.
Wir erinnern uns nicht.
Wir lieben uns nicht.
Wir suchen und wir lachen nicht.
Wir finden keinen Schatz - wir finden uns nicht.
Wir gehen auf keine Reise - wir gehen verloren.

Zuerst stellen wir sicher, dass niemand sehen wird, wie es uns innerlich zerreißen wird.
Tränen bedeuten Schwäche. Inneres Ungleichgewicht. Und wir wollen doch stark und ausgeglichen sein. Sportlich. Dünn und schön.
Wir wollen doch strahlen. Strahlen, als könnte es kein Nordstern und keine Leuchtreklame je mit uns aufnehmen.
Wir wollen doch leben. Wir wollen doch lachen. Wir wollen doch ein Teil der dummen, grauen Masse sein.
Ganz gleich, was es kostet.
Geld und Intelligenz spielen keine Rolle.
Von Gefühlen brauchen wir nicht sprechen.
Wir "leben" auf einer blauen Kugel aus Gleichgültigkeit. Übersät mit Arroganz und Kontinenten aus Krieg und Kälte.
Wir sind im Wandel.

Aber kommen wir zurück zum Wesentlichen.

Stell schon den scheiss Whisky auf den verdreckten Tisch und dreh die verdammte Musik lauter, damit du nicht hören musst, wie du atmest.
Damit es im Kopf endlich stiller wird.
Damit die Lichter langsam ausgehen und es endlich Nacht wird.
Damit du nicht sehen musst, dass du genau an dem selben jämmerlichen Ort, in der selben verdreckten, mickrigen Scheissbude bist, wie vor sieben Jahren.

Lass dich voll laufen, damit Wärme durch dich pulsiert. Damit sie nicht kommen.
Damit dich keiner von ihnen findet.
Damit sicher ist, dass dich niemand liebt.
...dass dich keiner vermisst.
...dass du nichts fühlst.
...dass es dich nicht zerbricht.

Immer im Takt bleiben.
Flasche auf. Glas voll. Mund auf. Whisky rein.
Es hat sich nicht viel geändert.
Mein Wille zu schreiben ist geblieben.
Mein Wunsch zu gehen ebenfalls.
Die richtigen Worte, beeindruckend und niedermetzelnd aneinander gereiht, betörend wie die ganzen gesichtslosen SchönheitenHipsterSchlampen... ihr dürft raten..
Scheiss drauf.

Gut..
Fahren wir fort.
Selbstanalyse für Anfänger und Fortgeschrittene - ein Leitfaden für Selbstmitleid.
Ich würde drüber schmunzeln, wenn ich nicht mit kotzen beschäftigt wäre, wenn ich mir vorstelle, wie mein fettes Gesicht sich dabei verzieht.

Es hat sich einiges getan. Und doch läuft alles unwissentlich-wissend nach dem selben Schema, wie die vergangen Jahre:
Zerstörung.
Hass.
Selbstzweifel.
Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, die sich immer mal auf ne billige Nummer treffen und den anderen dann doch fallen lassen. Weil ein besserer Fick wartet oder es gerade einfach nicht passt. Man nichts Festes will und Beständigkeit ja eh voll out ist.

Wir müssen früher ansetzen.
Den Schnitt präziser ausführen.
Tiefer schneiden.
Blut reicht nicht aus, um uns wieder in Unschuld zu hüllen.
Darauf erstmal einen Whisky.
In der jämmerlichen Hoffnung, dass ich verbluten könnte, wenn sich später der Hass in einem Dutzend Schnitten auf mir verewigt.
Haha... Wer will kann sich hier pathetisches Gelächter einfügen und seine verdammte Fresse halten.

Es ist nie genug.
Man ist nie genug.
Zuletzt erkennen wir Werte erst, wenn wir aufhören in stumpfen Einheiten wie Zahlen zu messen.
Uns öffnen, für tiefergehende und gleichzeitig banal erscheinende Fragen.

"Erinnerst du dich daran, wie wohlwollend Stille sein kann?
Wer du warst, als sich die Wellen langsam das erste Mal an dir brachen?
An den ersten Schnitt? Diesen beinahe magischen Glanz in deinen Augen, als du zum ersten Mal eine Schneeflocke beim Landeanflug auf deine kleine Nasenspitze beobachten konntest...?"

Wenn du könntest, würdest du über dich hinauswachsen... soweit über dir selbst stehen, dass deine Angst sich im Schatten deines neuen Ichs still und heimlich selbst richtet?
Würdest du wagen, diese vergessenen Glücksmomente so intensiv in dich aufzunehmen, wie jeden einzelnen Zug deiner verdammten Joints?
Würdest du dich losreißen und springen?
Würdest du es zulassen Liebe zu erfahren?
Wärst du bereit eine neue Ebene von Schmerz und Verzweiflung zu begehen, wenn die Aussicht stimmt?
Würdest du das Messer gegen den Schmerz des Vermissens eintauschen?

Mittlerweile kann ich nicht mehr stehen.
Zum einen ist das vielleicht der Flasche Whisky zu schulden, vielleicht aber auch der 3. Trainingseinheit auf dieser komischen Konsole.
Möglicherweise ist es auch einfach egal.
Denn ich vermisse dich.

Finde weder Schlaf, noch mich selbst.
Versuche mir zwanghaft dein Lächeln in Erinnerung zu rufen, um Halt zu finden.
Klammere mich hilfesuchend an meine alten Freunde.
Beide sind nicht gut für mich. Und doch halten wir entschlossen aneinander fest.
Bis wir uns selbst auflösen.
Bermuda-Dreieck.
Blut ist dicker als Wasser.
Whisky ist besser als Koks.
Und wenn ich könnte, würde ich schreien.
So laut, bis jemand kommt. Die Tür eintritt. Vielleicht die Bullen ruft.
Hauptsache, ich könnte weg.
Weg von hier.
Weg von mir.

Aber...
Ich kann nicht.
Nicht vergessen.
Nicht verschwinden.
Nicht an Wunder glauben.
Ich sehe dich an und erkenne, wie ich eigentlich nur völlig verzweifelt versuche mich selbst zu verleugnen. Darauf hoffe, dass du siehst, wie ich wirklich bin. Meine wahre Farbe und meine einstmals unschuldige Seele siehst. Etwas Zartes. Gutmütiges. Etwas, das lebendig ist. Rein. Ansteckend und vernichtend, wie ein Kinderlachen oder Cholera.

Aber...
Ich glaube, du siehst es nicht.
Du siehst mich.
Aber nicht, wie es mich immer wieder zerfetzt.
In Brand setzt. Ermüdet. Verätzt.

Aber...
Du hörst nicht, wie die Stille meinen verdammten Schädel zerfickt.
Du siehst nicht, was Einsamkeit auf einmal mit mir macht.
Aus Zuflucht, Entspannung und schützenden Mauern wird ein Galgen.
Ein endlos tiefes, gefräßiges, kaltes Loch.
Ähnlich wie mein Herz.
Farblos und beinahe tot.
Ein unnötiges Organ. Ähnlich wie ein Blinddarm.

Ich bin unfähig zu sagen, woher ich kam.
Wohin ich will...
Mir fehlen die Worte, zu beschreiben, wie sehr ich dich liebe.
Ich bin nicht groß genug, um dir die Sterne aus dem Firmament zu reißen und nicht klein genug, um deine gut gemeinten Lügen zu glauben.

Ich bin nicht sicher, ob ich mich finde oder ob ich mich verliere.
Ob ich wachse oder (zer-)falle.
Ich bin ein ewiger, nie endenwollender Widerspruch.
Ich zerreiße mich und setze mich zusammen. Weil wir funktionieren müssen.
Weil wir eine Einheit sind.
Setze mich zurück.
Nicht um zu vergessen.
Nicht um nachzugeben.
Weil hier kein Platz für mich ist.
Weil ich nie ankommen werde.
Weil ich nie ertragen werde, wie sich Liebe anfühlt.
Weil es sich immer falsch anfühlt, wenn man mir aufrichtig begegnet.
Und eigentlich ist es wie immer...

Ich werde neben dir liegen und durch dein Haar streichen. Werde in mich hineinlächeln, während ich mich in Selbsthass und alten Erinnerungen verliere. Werde die Decke um dich legen, damit du nicht frierst.
Ich werde die ganze Nacht neben dir liegen. Wach sein. Leise weinen. Meinen Wert nicht kennen, weil alle Skalen einander ähneln - fehlerhaft, voreingenommen.
Erst schlafen, wenn Whisky und
Marihuana die Lichter sanft löschen..

Egal.

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Kommentare zu diesem Text

Sin (55)
(22.02.19)
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 ZornDerFinsternis meinte dazu am 22.02.19:
Hi Sin ^^
Das ist viel zu lieb von dir - dankeschön ^^'
...aber Wucht, Kraft und Kreativität haben doch schon arg gelitten... ich hoffe, das ändert sich recht bald.
Vielen Dank für die lieben Worte :)
Liebe Grüße in deinen Abend,
Anni

 Augustus (22.02.19)
Ich finde im Text gegenüber deinen älteren Texten nicht wirklich eine Entwicklung; wiederkäuende Gedanken, die die alte Substanz wiedergeben; ungefähr so wie man einen Menschen seit Jahren nicht gesehen hat und wieder trifft und sagt; oh, Du hast Dich gar nicht verändert. So ist’s mit diesem Stück auch.

 ZornDerFinsternis antwortete darauf am 22.02.19:
Das sehe ich ähnlich... ich habe auch keine Entwicklung festgestellt.
Dennoch hatte ich das Bedürfnis zu schreiben...
Ich hoffe sehr auf Besserung und danke für dein Feedback ^^
Liebe Grüße,
Anni
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