Tratsch uppn Kerkhoff

Drama zum Thema Wahrnehmung

von  LottaManguetti

Up dän Kerkhoff, gliek am Bronnen,
ist dä Platz, wo fern von’ Pfaff,
intrigander Klatsch jesponnen
un jelogen ward int Kaff!

1. Büerin to Else:

„Ick häb hüt dyn Oll’n jetroffen!
Dä is wohl een Fruenschworm?
Hinnerm Grondkrouch*, stänkbesoffen,
un äam hang än Weib am Orm!“

2. Büerin:

„Töv man Else, bit he nöchtern,
dann smiets dän tou Dör hinaus!“

3. Büerin:

„Else is dotau tau schöchtern!
Dä steiht völlich hinnerm Klaus!“

Eene Büerin daneben
hockt in’ Busch und seicht un strullt:
„Miener künnte wat erleben!“,
bläktse, „Över wer is schuld?“

„Goden Dach, wat sunnig Wedder!“
Oh myn Gott, de Pfoff kümmt, rasch
Gosche halden, dat is bedder!
Woteremmer, Geeßkann, …

Oll Büerin’ tausamm:

„Goden Dach, god Dach,  Herr Pfarrer!“
He goht smonzelnd tau de Else.
(derch dän Busch de Blick wärd starrer
un es recken sich dä Hälse)

(He küsst Elsen de Flosse!)

Anjewurzelt stoht de Menge.
Keener secht wat, keener rührt
sick vom Flegg, schweicht im Jedränge,
wei än Pfoff dä Els "verführt".

Stimme vun hinnerm Busch:

„Lot us beten! Lot us beten!“

Dann, tu Hus by Hund un Ochs,
heeßts: „Wat san de Lü beschäten!“,
zeterts: „Wat för een Jesocks!




* Grondkrouch: Grundkrug, Waldgebiet hinter Solpke/Altmark Richtung Hellberge


Anmerkung von LottaManguetti:

Ich widme diesen Text den verrücktesten Weibern dieser Welt.

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Kommentare zu diesem Text

Trainee (71)
(28.02.19)
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 LottaManguetti meinte dazu am 28.02.19:
So ist es gemeint, Tränchen. Beobachten ließe es sich gewiss auch an anderer Stelle, aber ich hatte eben dieses Bild vor Augen. Immer wieder heimelig für mich ...


Und den Ochsen gibt der Bulle im Stall. Früher gabs den noch.
Heute jedoch ... nee, ich will nicht die Empfehlung aufs Spiel setzen!
Lach.

Lotta
Piroschki (57)
(28.02.19)
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 LottaManguetti antwortete darauf am 01.03.19:
Ach Piroschki, ich glaube auch, die Archäologen werden ihre helle Freude an meinen Beschreibungen haben. Da müssense gar nicht mehr inne Kirchenbücher kramen, steht ja alles hier.
In Kirchenbüchern wurde ja schon immer jelogen und betrogen! Und nicht nur da. Sie brauchen nur noch meine Ausführungen zu lesen und ersparen sich viel Aufregungen! Von mir ist keine Konstantinische Schenkung zu erwarten.



Lotta

P.S. Lottes-Dienst, morgen um Achte unter dem Fliederbusch!

 GastIltis (28.02.19)
Zum Glück kann ich ja mitreden und -lesen. Solpke ist der Geburtsort meines schon mehrfach erwähnten Urgroßvaters Joachim Friedrich Gerike, seines Zeichen Barbier, Heigehülfe und Musikus. Jedenfalls stammt das Zeugnis dafür von 1867. Deine Frauen, Lotta, waren ein wenig jünger; es könnten aber Verwandte dabei gewesen sein. Köstlich! LG von Gil.
Was haben wir jetzt eigentlich für eine Zeit?

 LottaManguetti schrieb daraufhin am 01.03.19:
Lieber Gil, nu isset raus: Wir sind wahrscheinlich verwandt! Fast lässt es sich bis in die Jetztzeit nachverfolgen. Kein Wunder, entspringen unserer Linie doch die berühmtberüchtigsten Aufschreiber! Für mich: Beweis genug. Da ist etwas im Blut, das sich nicht leugnen lässt. Oder liegts an der Erde, in der unsere Mohrrüben reiften?
Ich muss mal im Kirchenbuch stöbern.
Die Weibsen stammen bestimmt aus ner Nebenlinie, aufm Dorf sind ja gemeinhin viele miteinander verwandt.
Und was wir jetzt für ne Zeit haben? Ich tippe auf ne besondere, die man nach uns die Gilotta-Zeit nennen wird. Ganz sicher!

:o

Lieben Gruß
vonner einen Hälfte

 EkkehartMittelberg (28.02.19)
hallo Lotta. als Kind und Jugendlicher habe ich "Mine Stromtid" in den Sommerferien bei Verwandten in Niederdeutschland verbracht.
Von daher weiß ich, wie genau du in "Tratsch uppn Kerkhof" beobachtet hast und von daher rührt meine Liebe zu diesem wunderbar weichen Dialekt, der sich so gut für humorvolle Darstellungen eignet.
Liebe Grüße
Ekki

 LottaManguetti äußerte darauf am 01.03.19:
Für mich klingt diese "Sprache" immer nach Kindheit. Ich erinnere mich an diese, wenn ick pladdütsch vertelle. Sofort materialisieren sich Bilder vor meinem inneren Auge, Geschehnisse, Menschen, die längst unter der Erde ruhen, Sommerwetter, Gerüche ...
Da ich schon als Kind intensiv beobachtete, habe ich natürlich auch viele Szenen gespeichert, Gestiken der Sprecher, Blicke, Meinungen, incl. weiß ich heute noch, wer seine Harke hinter welchem Grab ablegte und unter welcher Hecke man ne Gießkanne finden konnte, hatte man die eigene vergessen.
So ein Dorfleben ist mehr als nur Tratsch, es ist ein reicher Schatz für so hypersensible Knöppe wie mich. Es gäbe noch so viel zu schreiben, aber wen interessierte das, leben wir doch in einer Zeit der Urbanisierung, in der der einzelne nicht zählt und seinen Wert an der Zahl seiner Follower bemisst?

Lieben Gruß
Lotta

 TassoTuwas (01.03.19)
Lotta!!!
man soll das mit der Emanzipation nicht übertreiben, "Wildpieseln" ist ein männliche Domäne und muss es bleiben!
♥ TT

 LottaManguetti ergänzte dazu am 01.03.19:
Mein lieber TT, du hast dir natürlich meine Lieblingsstelle rausgepickt! Mein Kopfkino, Lachanfall, Augenzwinkern. Und ja, aufm Dorf wird wildgepinkelt!
Da zählen die engen Anordnungen der zivilisierten Gesellschaft nicht derart wie in den durchstrukturierten und anordnungsfreudigen, sprich: gesetzwahnsinnigen Abrichtungsstationen der Städte. Wir düngen direkt und geschlechterübergreifend!

:D

Lieben Gruß von der Wilden

 Regina (22.04.19)
Der Pfaff, der nachts zu fremden Weibern geht, ist auch in Bayern ein häufiges Thema in alten Liedern, Witzen, Gedichten, Erzählungen. Hier ein altes Lumpenlied (zu hören bei "Zupfgeigenhansl):

Der oude Karmeliter,
der Pater Gabriel
versprach der Anna Dunzinger
a nagelneue Seel.

Die Anna war ein Mädchen
gar jung und wunderschön,
sie tät zu, allerersten Mal
ins Kloster beichten gehn.

Ei, sprach er, liebes Annerl,
komm doch zu mir herein,
hier in dem dunklen Kammerl
kannst beichten ganz allein.

Nahm sie in seinen Beichtstuhl,
setzt sie auf seinen Schoß,
da dacht die Anna Dunzinger,
dös Beichten geht famos.

Und er erzählt dem Annerl
vom Berge Sinai
und greift ihr an die Waderln
hinauf bis zu die Knie.

Nicht nur auf Haupt und Glieder
ruht die geweihte Hand,
er senkt sie langsam nieder
bis ins gelobte Land.

Ei, sprach er, liebes Annerl,
greif in die Kutten, Maus
und hol mir meinen Priesterstab,
den Segen Gottes raus.

Bald schwanden ihr die Sinne,
wie leblos sank sie hin,
da hat's an kleinen Knacks getan,
die neue Seel war drin.

Drum, all ihr lieben Mädchen,
wollt ihr a neue Seel,
dann geht zum Karmeliter,
zum Pater Gabriel.

Frauen, die Kinder vom Priester bekamen, legten das eingewickelte Baby dann dem Pfarrer vor die Haustür. Es galt als sogenanntes Findelkind, als Waise und wurde in den karitativen Bereich der katholischen Kirche aufgenommen. Die Kirche hat immer vertuscht, wohl Unterhalt gezahlt, aber nie die Ehelosigkeit ihrer Geistlichen infrage gestellt und so das Getratsche hinten herum befördert. Da die Frauen heute nicht mehr so naiv sind wie Anna Dunzinger, vergehen sich manche an Kindern und das ist noch schlimmer, aber endlich ein internes Thema der katholischen Kirche, was sie aber auch Mitglieder kostet, während das Eifern gegen äußere Gegner, also andersgläubige Sekten und Strömungen, Konkurrenz, die ebenfalls Mitglieder kostet, derzeit eher bei der evangelischen Kirche zu finden ist.
Schönen Ostermontag wünsche ich dir noch. Gina
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