Ich habe nichts mehr zu sagen... [Ich gehe. In Flammen auf..]

Skizze zum Thema Alles und Nichts...

von  ZornDerFinsternis

Im Regen mischen sich konstant alle Farben neu.
Friedvoll schmiegt sich der Sturm an dich.
Streicht beinahe liebevoll durch dein blondes Haar.
Anders als das Hier.
Als das Jetzt, das besser in der nächsten Whiskyflasche strauchelnd zu Boden geht.
Sich nicht erinnert, wie Herzen und Glühwürmer ihren Tanz anmutig einstudiert haben.

Wie dicke, scharf nachgezogene Bleistiftstriche, die jemand stümperhaft versuchte auszuradieren, zieht sich Trostlosigkeit über den Himmel.
Eigentlich gefallen dir diese Tage.
Weil du dich festklammern kannst.
An nutzlosen Erinnerungshüllen, deren Lebendigkeit du ebenso in Frage stellst, wie die deine.

Du stehst dort.
Kehrst der Welt den Rücken zu.
Klammerst dich irgendwo zwischen völlig hilflos und verbissen an den abgewetzten Griff deines Regenschirms.
Als würde er das Letzte sein, das dich (zurück-)halten könnte.
Als wären deine nächsten Schritte noch nicht beschlossene Sache.
Als würden dich meine Worte eventuell doch noch kümmern.

Das hohe Gras wiegt sich hypnotisch auf und ab.
Ich glaube, du lächelst bei der Vorstellung in dich hinein.
Aber das bedeutet hier draußen... hier und heute rein garnichts.

Du hast dich entschieden..
Entschieden aufzugeben.
Beschlossen, nichts zu ändern.
Nicht zu vergeben.
Nicht zu lachen.
Nicht nach dir zu suchen.

Die Gummistiefel mit den gelben Tupfen wirken lächerlich an deinen breiten Beinen.
Das aufgezwungene Lächeln hast du zum Glück schon lange abgelegt und neben alten Fotos begraben.
Ich erinnere mich auch nicht mehr daran, wie sich Wärme in mir ausgebreitet hat, als deine Augen dieses Funkeln getragen haben.
Auf eine Weise magisch. Auf die andere eher billig wie diese Plastikdiamanten, die die Nutten im 13. Stock immer getragen haben.

Du hast gesagt, dass du das nicht mehr kannst.
Ertragen...
Zu atmen.
Zu lachen, nur weil es von dir erwartet wird und es unhöflich und schwach wäre, nicht an einer Maske festzuhalten.
Also hast du aufgehört zu sein.
Begonnen dich zu ändern.

Zuerst waren es diese Gummistiefel.
Du hast sie so sehr geliebt.
Weil das Gelb dir immer aus dem Dreck entgegengestrahlt hat. Wie diese Glühwürmchen Laternen, die du als Kind immer gemalt hast.
Letztlich hattest du nie Talent zum Malen.
Auch nicht zum Schreiben.
Also hast du begonnen schweigsam zu sein.
Deine Wünsche, Sorgen und Träume mit den Gummistiefeln auf den Speicher gestellt.
Das Schimmern von Hoffnung entschlossen aus deinen grünen Augen gekratzt.

Ich höre dich stumm nach einer Art von Erlösung rufen.
Aber da draußen gibt es nur dich.
Dich, den Sturm und die winzigen Regentropfen.
Nahezu seiden und fein, legen sie sich auf den alten Schirm.
Ich sehe, wie es ihm mit voraneilender Zeit schwerer fällt seiner Aufgabe nachzukommen. So simpel sie auch ist...
Die ersten Tropfen finden ihren Weg zu dir.
Ich weiß, dass dich das heute nicht mehr kümmert. Anders als in den Jahren zuvor.
Du bist mickrig.
Bedeutungslos...
Ich sehe, wie die Wolken sich von dir abwenden.

Der Moment wird nicht kommen.
Du weißt es.
Der Plan geht auf.
Die Sonne geht lachend unter.
Die Farbpalette... ach ja.
Ich habe vergessen zu erwähnen, dass dir Methapern und der ganze Scheiss nie wirklich gelegen haben.
"Scheiss drauf.." würdest du sagen.
Verbittert nach dem Whisky greifen, um den Block laufen... wieder und wieder.
Damit du nicht zugeben musst, dass du die Hoffnung noch nicht völlig aufgegeben hattest.
Jahre sind ins Land gegangen.

Du hast viele Nutten gefickt.
Ich glaube sogar, dass du den Spruch mit "Ich bin mal eben Kippen holen.." erfunden hast.
Denn du bist nie zurück an deinen Platz im Park gekommen.
Hast dich nicht mehr auf die kaputte Bank gesetzt, damit die Junkies sich nicht mehr vor deinem verdreckten Fenster den Schuss setzen konnten.
Du hast gänzlich aufgehört etwas zu hinterlassen.
Deine Worte waren nicht mehr kalt. Auch nicht leer. Sie waren einfach da.
Schlecht aufeinander abgestimmt. So wie dein Whisky und die billigen Zigaretten.

Ich weiß genau, was du mir hättest sagen wollen, bevor du dich entschlossen hast zu gehen.
Du trägst diese lächerlich verzerrte Maske noch heute. Weil du glaubst, dass ich nicht weiß, wie es in dir aussieht.
Weil ich in deinen Augen nicht weiß, wie sich Schmerzen in endlosen Dimensionen niederschlagen und innerlich alles zerreißen.

Ich würde dir sagen, dass du genauso falsch liegst wie ich.
Dass Anis und Zimt wunderbar harmonieren.
Wie Leben und Tod.
Oder deine dicken Beine und die scheußlichen Gummistiefel.
Ich würde Google Konkurenz machen, wenn ich die ganze Welt bereisen würde, um die beste Bauanleitung für deine bescheuerte Laterne zu finden.
Aber das bedeutet hier heute nichts.

Wir kleiden uns in dieses graue Schweigen.
Bis uns nichts mehr halten kann.
Bis uns weder Worte, noch Alkohol etwas Besserung zusichern können.
Der Moment ist einfach vorbei.
Löst sich langsam in sich selbst auf.
Wie die bunten Farben auf unseren Gesichtern.

Heute tragen wir keine Masken mehr.
Wir gehen vorwärts..
Mehr oder weniger entschlossen.
Lassen alles fallen..
Alles zurück.
Betreten den Steg, an dem das Papierboot liegt.
Wacklig setzen wir unsere müden Schritte fort.
Du schließt die Augen.
Es riecht nach Kotze und Sex.
Automatisch spielt sich dieser 13 Jahre alte Horrorstreifen vor dir ab.

Ich verspreche, dass ich schweigen werde wie ein Grab.
Weil ich das am besten kann.
Weil ich gelernt habe, nicht mehr aus der Reihe zu tanzen.
Fehler radiert man nicht bloß aus.
Man ertränkt sie über Jahre feinsäuberlich in Whisky und Selbstmitleid.
Schneidet hasserfüllt um sie herum.
Brennt sie aus.
Lässt sich gehen... weil die Bilder bleiben.
Blau und grün passen so gut hier rein.
Das hast du immer am besten gewusst.

Heute weiß ich, dass du nichts bist.
Ich vermisse dich nicht.
Genauso wenig, wie man mich vermissen wird.
Wir haben all die Jahre nur noch geschwiegen.
Gesoffen. Geatmet.
Existenzlos am Leben vorbeigelebt.

Man wird sich nicht erinnern, wie wir auf das Papierboot stiegen.
Denn es ist dunkel hier draußen und ich weiß nicht mehr, wie mich jemand umarmen konnte, ohne, dass ich an dich denken musste.
Ich weiß nicht mehr, wie man aufrichtige Liebe zulässt.
Hier wird es keine Glühwürmchen, keine letzten Worte, keine Entschuldigung und kein Schweigen mehr geben.

Ich gehe...
In Flammen auf.

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Kommentare zu diesem Text


 princess (05.03.19)
Ein Text wie die Farben, die sich hier zu Beginn im Regen konstant neu mischen und bleiben, auch wenn sie mitunter ergrauen. Keine Geschichte, sie sich mir vollständig erschließt. Und doch genug Bilder, um zu ahnen.

Liebe Grüße
Ira
Sin (55)
(05.03.19)
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 AZU20 (06.03.19)
Authentisch, ja. LG
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