Stars und Sternchen

Verserzählung zum Thema Wahrnehmung

von  Isaban

Lang schon ist sie grauer Star,
undurchsichtig unsichtbar,
keiner schaut. Man sieht sie nicht,
weder Ganzes noch Gesicht
nehmen Fremde jetzt noch wahr

und sie rückt sich nicht ins Licht.
Früher war sie wunderschön,
dann ist Zeit mit ihr geschehen;
wandelt sie durch Menschenmassen,
scheint sie völlig zu verblassen.

Heute, als sie Sternchen sah,
als ihr Herzchen sich verfing,
ließ sie sich ein bisschen gehen,
kippte um, ganz ungesehen,
und verging.

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Kommentare zu diesem Text


 eiskimo (14.03.19)
Schönes Wortspiel mit - und sehr gelungener Bedeutungswandel von "Star/Sternchen sehen" !
Wenn man schon kein Star ist (und daher kaum beachtet wird), kann man wenigstens Sternchen sehen (aber wird wieder nicht beachtet). Seufz...
lG
Eiskimo
Nimbus† (45)
(14.03.19)
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 niemand (14.03.19)
Es ist gut gewählt, dieses Bild des "Grauens Stars", den man auf eine alternde Person Frau/Mann übertragen kann. Ich war selber von dieser operablen Augenkrankheit betroffen, daher weiß ich wie alle Farben verblassen, bis sogar fast zum verschwommenen
Grau-weiß-Sehen. Im Gedicht ist diese Bezeichnung vielseitig,
ironisierend: Grauer Star=ergraute Person, melancholisch:
Grauer Star=keinerlei Farben werden noch gesichtet, man nimmt noch nicht mal die innere Ausstrahlung der betreffenden Person wahr, ein wenig satirisch: Grauer Star=gegenteilig zur früheren Schönheit, als man noch ein "Schönheits-Sternchen" war in den
Augen der Männlichkeit. Der melancholische [tragische] Schluss
entfernt es dann wieder vom Ironisierenden. Alles in allem ist es meiner Meinung nach eine gute Mischung. Mit lieben Grüßen, Irene

 tigujo (14.03.19)
Gefällt mir auch nach dem dritten Mal lesen noch immer, neue metaphiebrige Fäden lassen mich weiterspinnen.

Mir gefiele in 1.2 auch 'unbesichtigt an Stelle von 'undurchsichtig', eventuell auch 'unbesichtig', 'ungesichtig' - sofern abseits des Duden nicht zu abwegig erscheint ;)

lg tigujo
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