Mutter, Tochter, Fahrrad

Reportage zum Thema Umwelt/Ökologie

von  eiskimo

Lena(16), soll ein neues Fahrrad bekommen. Ihr altes wurde ihr geklaut. Vor der Haustür. Unabgeschlossen.
Lenas Mutter geht zum Nachbarn, der schon einmal alte Räder recycelt. Sie will ein einfaches Ersatzfahrrad. Lena geht ja im Sommer für sechs Monate in die USA, erklärt die Frau stolz.  Aber vorher braucht das Kind unbedingt ein Rad, weil sie sonst immer nach Taxi Mama verlangt. Oder einfacht das Rad von Mama nimmt, das dann auch schon mal vor der Schule übernachtet. Oder an der S-Bahn. Lena  ist da nicht so diszipliniert.
Der Nachbar hat zwei gute Damenräder, sogar sehr günstig. Die Mutter zögert. Welches könnte ihrer Lena gefallen? Die Gute ist ja schon wieder unterwegs. Mit Mamas Rad.
Das erste ist im 80er Jahre-Look. Es hat drei Gänge, gute Reifen, einen stabilen Gepäckträger. Sehr praktisch für die Schulwege, auch nicht klau-gefährdet. Das zweite ist ein silbernes Aldi-Rad mit dickem Alu-Rahmen, gefedert – auch sehr alltagstauglich – beide liegen preislich unter 100 Euro. Eigentlich optimal für die genannten Zwecke.
Die Mutter mag sich nicht entscheiden. Ob er nicht auch ein Hollandrad habe, fragt sie. Lena findet Hollandräder so süß. In Schwarz, mit hohem Lenker. Oder vielleicht eins dieser schicken  Rennräder, so ganz leichte, mit nix dran….
Der Fahrradmann muss passen. Er schlägt vor, dass sie mal mit ihrer Tochter zusammen vorbei kommen solle,  das wäre sicher das einfachste.
Mutter lacht gequält auf. „Mit Lena?“  Die sei immer derart im Stress.  Vor halb Fünf käme die gar nicht aus der Schule. “Und dann ist sie ja jetzt freitags immer in der Stadt, bei der Klima-Demo. Friday for Future!“
Aber dann zückte Mutter schnell ihr Smartphone, machte noch zwei Fotos der Fahrräder und tröstete den etwas genervten Nachbarn: "Wenn wir Glück haben,  geht sie dran.. Und Lena sagt immer sehr deutlich, was sie will..."


Anmerkung von eiskimo:

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich finde die Demos für eine andere Klima-Politik super, auch die jungen leute, die sich da engagieren. Sie müssten dabei nur auch ihren eigenen Lebensstil hinterfragen, so wie wir selber auch.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Regina (27.06.19)
Die Anmerkung ist gut. Den Lebensstil anderer zu hinterfragen macht ja einigen Leuten auch hier mehr Spaß als den eigenen. Da passt dann das biblische Gleichnis vom Splitter und vom Balken im Auge. Außerdem gäbe es auch noch ne Menge anderer Möglichkeiten, sich zu engagieren.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram