Zu sehen, wie sie dich küsst,

Sonett zum Thema Liebe, vergangene

von  monalisa

lässt mich die Narbe wieder spüren
und hoffen, dass du mich nicht siehst,
wenn du an mir vorüberziehst.
Ich möchte daran nicht mehr rühren,

was war, für alle Zeit verschnüren
wie Briefe, die man nicht mehr liest,
das Tagebuch, das man verschließt.
Es würde ja zu gar nichts führen.

Ob sie dich auch so liebhat, muss ich denken,
und taste nach dem Taschentuch,
um mich ein wenig abzulenken.

Da siehst du mich bei dem Versuch,
mich in mein Täschchen zu versenken,
und mir entfährt ein leiser Fluch.



März 2019

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Kommentare zu diesem Text


 Irma (29.03.19)
Schön, wie LyrIch im letzten Vers die bis dahin mühsam aufrechterhaltene Beherrschtheit verliert, wie die Fassade (das Wollen) zusammenbricht und sich der "leise() Fluch" Bahn bricht. Für LyrIch ist es eben noch nicht vorbei, auch wenn es das gerne so hätte. Es ist noch nicht abgeschlossen, es tut noch weh.

Wir versuchen nur allzu gern, nach außen hin stark zu wirken, unsere Verletzlichkeit zu verbergen. Ganz besonders demjenigen gegenüber, der uns einen Schmerz zugefügt hat. Warum eigentlich? Soll LyrDu doch sehen, was er LyrIch angetan hat. Vielleicht reagiert er ja auch verständnisvoller und einfühlsamer, als gedacht?

Im vierten Vers müsste es meiner Meinung nach "dem" statt "das" heißen: "Ich will an all dem nicht mehr rühren,".

Grüße dich lieb, Irma

Kommentar geändert am 29.03.2019 um 07:54 Uhr

 monalisa meinte dazu am 29.03.19:
Schön, dich wieder zu lesen, Irma , und vielen Dank für den trefflichen Kommentar. Das ist die Frage, ob Liebe je ganz vorüber sein kann. Ich glaube, sie geht im besten Fall in eine anderer Form über, ein Art Freundes- oder Geschwisterliebe, wenn man Glück hat.. Davon scheint LI ja noch eine ganze Strecke entfernt zu sein ...

Zum 'rühren an' habe ich den Duden befragt, ihm zufolge geht beides: Akkusativ (seltener) und Dativ. Mir hier in Ösiland ist nur der Akkussativ geläufig

Vielen Dank dir und schönes Wochenende,
liebe Grüße
mona

 monalisa antwortete darauf am 01.04.19:
Hallo Irma, habe ein 'ich möchte daran nicht mehr rühren' draus gemacht, hoffe der Stolperstein ist jetzt beseitigt
Liebe Grüße
mona

Antwort geändert am 01.04.2019 um 08:23 Uhr

 Irma schrieb daraufhin am 01.04.19:
:-)

 eiskimo (29.03.19)
Sehr fein, sehr feinfühlig gesponnen dieses arg verletzliche Netz, das dich schützen sollte vor dem "Fluch" ..... vergeblich.
Mich hat das "Netz" gefangen, sehr schön!
lG
Eiskimo

 monalisa äußerte darauf am 29.03.19:
Vielen Dank, Eiskimo, freut mich, wenn du dich für ein Weilchen mit meinem LI vernetzen lässt .

Liebe Grüße
mona
Sätzer (77)
(29.03.19)
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 monalisa ergänzte dazu am 29.03.19:
Kann sein, kann auch nicht sein, lieber Sätzer!

Danke und liebe Grüße
mona

 EkkehartMittelberg (29.03.19)
Liebe Mona, ich denke gerade, dass es seit Anbeginn der Liebeslyrik wahrscheinlich Millionen Gedichte gibt und wie schwierig es ist, eine Lücke, einen Moment zu entdecken, der vielleicht noch nicht beschrieben worden ist, so wie hier der Versuch, beim Beobachten nicht beobachtet zu werden. Ich habe solch ein Partnergedicht noch nicht gelesen und finde es sehr gelungen.
Herzliche Grüße
Ekki

 monalisa meinte dazu am 29.03.19:
Vielen Dank, lieber Ekki, es freut mich, wenn ich so einen Moment erwischt habe , aus deinem Berufenen Mund ganz besonders!
Liebe Grüße
mona

 Isaban (29.03.19)
Hallo Mona,

sehr gelungen, wie hier die Überschrift wie eine Narbe über dem Text hängt, auf dem Korpus und doch nicht dazugehörend - schmerzlich halt - und dennoch: ohne wäre der Text nicht vollständig.

Bittersüß, gleichzeitig schmerzhaft und anrührend, wie hier V9 aus dem Korsett springt und beweist, wie lieb das LI das LD (immer noch!) hat. Ein Hach-Vers.

Ein sehr spürbarer Text, traurig und schön, schön in seiner Traurigkeit. Man atmet als Leser auf, wenn am Schluss das bisschen Trotz durchkommt und anzeigt, dass das LI sich noch nicht ganz aufgegeben hat, dass da noch ein bisschen Kraft versteckt ist, in all dem Schmerz.

Liebe Grüße
Sabine

 monalisa meinte dazu am 29.03.19:
Hallo Sabine, natürlich hast du den kleinen Hüpfer aus dem Korsett bemerkt und ganz in meinem Sinne interpretiert. Das freut mich riesig. Auch deine Einschätzung 'traurig-schön und spürbar', macht mich sehr froh!

Dankeschön und liebe Grüße
mona

 TassoTuwas (01.04.19)
Hallo Mona,
wer kennt es nicht, dieses Niemandsland von verletztem Gefühl und schmerzender Einsicht und den Versuch daraus den Ausgang zu finden.
Auch der Trotz der letzten Zeile bedeutet noch nicht das Ende.
Besser ist da schon ein Sonett, zumal ein solches
Herzliche Grüße
TT

 monalisa meinte dazu am 01.04.19:
Vielen Dank, Tasso, das hast du aber schön umschrieben ; dein Lob zum Sonett und deine Empfehlung freuen mich sehr!

Liebe Grüße
mona
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