Nur wenige können dir das Wasser reichen

Sonett zum Thema Persönlichkeit

von  EkkehartMittelberg

Die Literaturkritik hat dich erhoben,
die größte deutsche Dichterin zu sein,
ein Kompliment nicht mehr für dich allein,
jedoch die Anerkennung bleibt, das Loben.

„Die Judenbuche“ ist dir meisterhaft gelungen,
Verbrechen und Milieu sind fein geschildert,
das Geheimnisvolle anschaulich bebildert,
mit Schein und Wahrheit hast du hier gerungen.

Deine Lyrik ist ein Seelenspiegel
von Glaubenskrisen, Schicksal, der Natur,
und später Liebe tief empfundener Zäsur.

Du löstest endlich frei die Standesriegel,
dein Liebesschmerz bleibt in Erinnerung.
Im Gedenken deiner Freunde scheinst du immer jung.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Jo-W. (83)
(31.03.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.03.19:
Hallo Jo, ich gehöre noch zu der Generation, die in der Schule Gedichte lernen musste. Nicht immer zu meiner Freude. Aber die Ballade " Der Knabe im Moor" habe ich wegen der einprägsamen unheimlichen Bilder und der gelungenen Lautmalerei gerne gelernt. Merci und LG
Ekki
Hilde (62)
(31.03.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 31.03.19:
Ich habe mich über dein Kompliment sehr gefreut, Hilde. Diese Reihe macht mir zwar sehr viel Spaß, aber sie ist aufwändig bei der Vorbereitung und schwierig deshalb, weil die Informationen sich manchmal nicht dem Metrum fügen wollen. Andererseits zeigt mir die Resonanz, dass Leser, die vielleicht nicht bereit sind, literaturgeschichtliche Abhandlungen zu studieren, diese kurzen Sonette lesen.
Herzliche Grüße
Ekki

 Dieter Wal schrieb daraufhin am 31.03.19:
@ Ekki: "Andererseits zeigt mir die Resonanz, dass Leser, die vielleicht nicht bereit sind, literaturgeschichtliche Abhandlungen zu studieren, diese kurzen Sonette lesen."

Durch diesen Satz wurde mir erst dein Ansatz verständlicher, den ich stilistisch für den größten Mangel dieser Sonette halte. Du willst offenbar in Lyrikform lexikalisches Wissen vermitteln. Das macht sie also oft knäckebrottrocken und enthält Wertungen, also eine Schreibhaltung, bei der sich der Autor über den dargestellten Schriftsteller stellt, was von oben herab belehrend wirkt und dadurch bei mir den Eindruck des Altertümlichen erweckt. zB:

Die Literaturkritik hat dich erhoben,
die größte deutsche Dichterin zu sein,
ein Kompliment nicht mehr für dich allein,
jedoch die Anerkennung bleibt, das Loben.

„Die Judenbuche“ ist dir meisterhaft gelungen,
Verbrechen und Milieu sind fein geschildert,
das Geheimnisvolle anschaulich bebildert,
mit Schein und Wahrheit hast du hier gerungen.

Das ließe sich vermeiden, wenn du subjektiv deine individuellen Bezüge zum Thema in Sonettform darstellst. Erst dadurch würden sie Authentizität erhalten und würden wesentlich eher andere Leser motivieren, sich mit den Autoren tiefer auseinanderzusetzen. Ein Literatur-Lexikon, so vorhanden, zu befragen oder Blicke ins Internet zu werfen, ergäbe sich dadurch von selbst. Eine Literatur-Empfehlung von dir wirkt auf deine Leser als wertvoller Hinweis.

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 31.03.19:
hallo Dieter, deine Ausführungen strotzen von Unterstellungen:
1.. Literaturgeschichten sind keine Lexika und es geht in ihnen ebenso wie in guten historischen Werken nicht um lexikalisches Wissen.
2. Wo holst du die Behauptung her, dass ich lexikalisches Wissen vermitteln will? Ich erwähne das, was für den jeweiligen Dichter repräsentativ ist und was mit gefällt und das kann durchaus übereinstimmen.
3.Wieso stelle ich mich mit Wertungen über den dargestellten Schriftsteller? Lyrik ist etwas sehr Subjektives und ich sehe überhaupt nicht ein, weshalb ich nicht werten sollte, zumal ich mich immer um Begründungen bemühe,
4. Ich bin auch ein Schriftsteller, behaupte aber nicht, dass du dich mit deinen Wertungen über mich stellst. Gleiches Recht für alle, bitte
5. Alles, was ich in meinen Sonetten schreibe, sind individuelle Bezüge und sie sind authentisch. Sie sind doch nicht deshalb weniger authentisch,weil sie zum Teil von anderen geteilt werden.
6. Ist dir schon mal aufgefallen, dass diese Sonette immer zu den meist gelesenen Texten des Tages gehören. Also erfüllen sie doch ein Bedürfnis.
7. ich habe alle Sonette ähnlich gestaltet und du hast die Mehrheit von ihnen empfohlen. Auf einmal sollen sie nun staubtrocken sein. Du widersprichst dir selbst. Aber du kannst sie gerne dafür halten. Das wird nichts daran ändern, dass sie für viele andere aufschlussreich sind.

Antwort geändert am 31.03.2019 um 21:17 Uhr

Antwort geändert am 31.03.2019 um 23:06 Uhr
Sin (55)
(31.03.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 31.03.19:
Hallo Sin,
ich fand es erfrischend ehrlich, dass du mir zu Gerhard Hauptmann schriebst, du müsstest ihn nicht unbedingt lesen. Ich sage ebenso offen, dass das für alles gilt, was ich hier empfehle. Aber bei der Droste habe ich ein gutes Gefühl, dass meine Empfehlungen bei den Lesern ankommen.. "Die Judenbuche" ist spannender als die meisten Kriminalgeschichten und ihre Autorin ist sozialpsychologisch auch nach heutigen Begriffen versiert. Du wirst es nicht bereuen. Ihre Lyrik schätze ich wegen der Formvollendung und Originalität. Hier ein paar Beispiele: Im Moose, Am Turme, An Levin Schücking (Kein Wort...), Brennende Liebe, Im Grase, der Spiritus familiaris des Rosstäuschers
Beste Grüße
Ekki

 GastIltis (31.03.19)
Hallo Ekki, es ist schon erstaunlich, wie du uns aufs Neue das Staunen lehrst. Denn wie steht es geschrieben?
„Phantom, du bist nicht meinesgleichen!“ Wer könnte das besser sagen, als die von dir zitierte Dichterin. Dem Spiegelbild, mehr Seelenspiegel, kann man soviel von dem, was du in dem Sonett empfiehlst, entnehmen, wenn uns die Zeit nicht aus dem Strudel ihres Nichts heraus versuchte, gnadenlos es immer wieder zu entreißen.
Herzlich grüßt dich Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.03.19:
Lieber Gil, das von dir erwähnte Gedicht "Das Spiegelbild" ist so gut, das ich es deiner Anregung folgend in vollem Wortlaut zitiere:
Das Spiegelbild

Schaust du mich an aus dem Kristall
Mit deiner Augen Nebelball,
Kometen gleich, die im Verbleichen;
Mit Zügen, worin wunderlich
Zwei Seelen wie Spione sich
Umschleichen, ja, dann flüstre ich:
Phantom, du bist nicht meinesgleichen!

Bist nur entschlüpft der Träume Hut,
Zu eisen mir das warme Blut,
Die dunkle Locke mir zu blassen;
Und dennoch, dämmerndes Gesicht,
Drin seltsam spielt ein Doppellicht,
Trätest du vor, ich weiß es nicht,
Würd' ich dich lieben oder hassen?

Zu deiner Stirne Herrscherthron,
Wo die Gedanken leisten Fron
Wie Knechte, würd' ich schüchtern blicken;
Doch von des Auges kaltem Glast,
Voll toten Lichts, gebrochen fast,
Gespenstig, würd', ein scheuer Gast,
Weit, weit ich meinen Schemel rücken.

Und was den Mund umspielt so lind,
So weich und hülflos wie ein Kind,
Das möcht' in treue Hut ich bergen;
Und wieder, wenn er höhnend spielt,
Wie von gespanntem Bogen zielt,
Wenn leis' es durch die Züge wühlt,
Dann möcht' ich fliehen wie vor Schergen.

Es ist gewiß, du bist nicht Ich,
Ein fremdes Dasein, dem ich mich
Wie Moses nahe, unbeschuhet,
Voll Kräfte, die mir nicht bewußt,
Voll fremden Leides, fremder Lust;
Gnade mir Gott, wenn in der Brust
Mir schlummernd deine Seele ruhet!

Und dennoch fühl' ich, wie verwandt,
Zu deinen Schauern mich gebannt,
Und Liebe muß der Furcht sich einen.
Ja, trätest aus Kristalles Rund,
Phantom, du lebend auf den Grund,
Nur leise zittern würd' ich, und
Mich dünkt - ich würde um dich weinen!

Merci und herzliche Grüße
Ekki

 TrekanBelluvitsh (31.03.19)
Ich gebe zu, dass ich die beschriebene Autorin eher als Namensgeberin von Schulen kennen. Und Schüler, respektlos wie sie (glücklicherweise) sind, haben das Namensende in "Sülzkopf" spöttisch umbenannt. Hat aber wohl eher weniger mit der Qualität ihrer selbst, als der zu oft als Zwang erfundenen Lektüre im Deutschunterricht zu tun.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.03.19:
Lieber Trekan,
die Respektlosigkeit von Schülern, die manch nette Parodie hervorgebracht hat, in Ehren, aber das Sülzkopf für Hülshoff hat nicht die Spur von Witz. Wahrscheinlich ist es ein plumper Reflex auf unfähige Deutschlehrer. Dabei war es nach meiner Erfahrung leicht, Schüler für dieses auf den ersten Blick ein wenig verschroben wirkende adlige Fräuein zu motivieren, wenn man so nebenbei fallen ließ, dass sie auf Briefmarken, Geldscheinen und in Anspielungen des Münsteraner Tatorts verewigt ist. Ich habe sie vor der Lektüre der Judenbuche dreist als Krimi-Autorin vorgestellt und das Bild später relativiert.

 toltec-head (31.03.19)
Sich Wasser reichende Dichter von jemandem, der nun wirklich unterste Liga spielt. Schwer zu glauben, dass du so einen Shit Ernst meinst, Ekki 😜😍😜

Kommentar geändert am 31.03.2019 um 14:48 Uhr

 Dieter Wal meinte dazu am 31.03.19:
Tu pöser Pursche! :)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.03.19:
Toltec, wenn ich zu deinem Schiedsrichter-Stuhl aufblicke. wird mir ganz schwindlig. :D
mystika (70)
(31.03.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Nimbus† (45) meinte dazu am 31.03.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.03.19:
@mystika und Nimbus: Danke euch beiden. Ich denke auch, dass es inzwischen neben der Droste noch andere herausragende deutsche Dichterinnen gibt, zum Beispiel Else Lasker-Schüler, Nelly Sachs, Mascha Kaléko und Christ Wolf.

 Dieter Wal (31.03.19)
1975 besuchte ich mit meiner Klasse Droste-Hülshoffs Sterbezimmer in der Burg Meersburg, Wir hatten eins ihrer Gedichte vorher kennengelernt. Ich wusste so gut wie nichts über sie. Doch habe ich die relative Winzigkeit des Bettes und die Stimmung dort in lebhafter Erinnerung. Es wirkte nämlich unheimlich wie andere besondere Orte manchmal auch. Erst Jahrzehnte später verstand ich, woran das möglicherweise lag. Denn Hellsichtigkeit und seismographische Aufzeichnung feiner Schwingungen in Gedichten und Prosa zeichnen diese große kleine Dame gerade aus. Das Unheimliche und Verhängnisvolle ihrer Judenbuche war ihr Metier. Überhaupt kein Wunder, dass gerade ihr Sterbezimmer die Atmosphäre eines Spukhauses verbreitete. Ob "bedeutendste deutsche Dichterin des 19 Jahrhunderts", wie es Wikipedia bringt oder "größte deutsche Dichterin" ist unerheblich. Sie ist eine wahre Dichterin. Dein Gedicht vermittelt mir leider nicht den Eindruck, dass dir diese Autorin viel bedeutet.

Kommentar geändert am 31.03.2019 um 15:57 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.03.19:
Das nehme ich so hin, Dieter. Aber mich hat ihre gelungene Emanzipation aus den bornierten engen westfälischen Adelsschranken mehr beeindruckt als ihre zweifellos vorhandenes Einfühlungsvermögen in das Spukhafte.

 Dieter Wal meinte dazu am 31.03.19:
Es gäbe zahlreiche thematische Bezüge zu Emily Dickinson. Vielleicht schreibt einmal ein Amerikanist-Germanist seine Dissertation über beide Autorinnen und stellt sie dar. Ich wäre glücklich.

Antwort geändert am 31.03.2019 um 17:08 Uhr

 Habakuk (31.03.19)
Immer lesenswert, dein Dichter-Bedichten. Deine Inspiration scheint unversieglich.

BG
H.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.03.19:
Merci, Habakuk, dein Urteil ist mir immer wichtig.
BG
Ekki

 TassoTuwas (31.03.19)
Hallo Ekki,
deine Sonette, die sich mit Personen der literarischen Geschichte beschäftigen, sind mir immer Anlass mich wieder einmal mit deren Leben und Werk zu beschäftigen.
Also klein von Statur war sie und wohl auch immer etwas kränklich, was sie aber nicht hinderte zu einer ganz großen Schriftstellerin zu werden!
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.03.19:
Grazie, Tasso, ja, Annette muss trotz ihrer kleinen Statur kraft ihrer Fraulichkeit und Persönlichkeit beeindruckend gewesen sein. Ich habe deshalb auch mit dem Gedanken gespielt, "Eine kleine Große" als Überschrift zu wählen.
Herzliche Grüße
Ekki
wa Bash (47)
(01.04.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.04.19:
Ja, vielen Dank, wa Bash, These, Antithese und Conclusio sind eine ideale Form eines Sonetts, aber natürlich nur dort, wo sie sich inhaltlich anbietet. Ich habe mir strukturell hier dieses gedacht:
1. Quartett: die Droste in der Literaturgeschichte
2 .Quartett: die Prosa der Droste am Beispiel der Judenbuche
1. Terzett: Ihre Lyrik
2. Terzett. Was bleibt mir in Erinnerung
wa Bash (47) meinte dazu am 01.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Jorge (03.04.19)
Mich regte dieses Sonett an, mehr über sie zu erfahren.
Heute ist es so einfach und unkompliziert über Wikipedia oder andere Suchmaschinen etwas in Sekundenschnelle präsentiert zu bekommen. Täglich werde ich so inspiriert, so beispielsweise unlängst mehr über Helene Weigel oder Mascha Kaleko nachzulesen. Ungeachtet der Einwände von Dieter W. finde ich dein Vorhaben gelungen und lesenswert. Leider hat mein Tag nicht mehr als 24 Stunden. Ich würde gerne noch mehr mit Lesen verbringen.

saludos
Jorge

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.04.19:
Lieber Jorge,
es ist schwierig, allen Vorstellungen gerecht zu werden. Umso mehr freue ich mich, dass dir mein Sonett etwas gegeben hat.
Beste Grüße
Ekki

 harzgebirgler (17.04.21)
bei viel'n fällt wohl die droste
gern durch so schüttelroste
was aber nicht viel heißt
wenn du ihr gunst erweist.

lg
henning
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram