fahnenflucht

Gedicht zum Thema Atem/ Atemlosigkeit

von  Isaban

Du färbtest mir
den Atem neu,
du raubtest ihn,
er schmolz für dich

und schmiegte sich
ins Nackenhaar
zum weichen Flaum
gleich hinterm Ohr,

oft stockte er
an deinem Kuss,
verhauchte sanft
und rau die Lust,

jetzt plagt er mich
mit jedem Zug,
er sticht, weil ich
dich lassen muss

und wimmert mir
den Hals so wund.
Was soll er hier?
Geh, nimm ihn mit.


Anmerkung von Isaban:

2007

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (07.04.19)
Es ist eine Kunst, ein Gedicht ohne Reime zu schreiben, das wirkt, als sei es gereimt.
Inhaltlich hinterlässt das Gedicht für mich die Frage, ob neu gefärbter Atem nicht auch losgelöst von der Person, die ihn färbte, wertvoll ist.
LG
Ekki

 Jorge meinte dazu am 07.04.19:
Wat soll er mit seiner alten Puste?
Vielleicht pustet ihm ne neue Alte den Marsch - dann kann er Wimmern.
Mag auch sein, dass hier eine ehemalige Raucherin reimlos die eigene Fahne hochhält.

 Isaban antwortete darauf am 08.04.19:
Lieber Ekki,

oh, da gibt es Reime, allerdings treten sie eher sparsam auf, vielleicht weil sich das LI immer noch keinen Reim auf das machen kann, was geschehen ist. Dafür gibt es ab und an Assonanzen, die vortäuschen, Reime zu sein.

Ja, nicht mehr atmen zu wollen ist eine höchst larmoyante Angelegenheit, etwas, das zeigt, wie unerträglich das Leben empfunden wird, wie wenig der Protagonist zu diesem Zeitpunkt in der Lage ist, nach außen zu schauen.

Du hast auf jeden Fall Recht: Das Beste wäre wohl, wenn das LI lernte, selbst für seinen Atem verantwortlich zu sein und ihn nicht von jemand anderem abhängig zu machen. Aber erklär das mal jemandem, der im ersten Schmerz nicht mal mehr nach Luft schnappen mag.

Vielen Dank für deine Rückmeldung und dein Einfühlen in diesen Text.

Liebe Grüße
Sabine

@ Jorge:

Hallo Jorge,

eine interessante Rückmeldung! Danke, dass du uns an deinen Gedankengängen teilhaben lässt.

Freundliche Grüße
Isaban

 GastIltis (07.04.19)
Ein eigener Rhythmus, den man für kurzatmig hielte, wüsste man nicht um deine Kunstfertigkeit.
Herzlich grüßt dich Gil.

 Isaban schrieb daraufhin am 08.04.19:
Hallo Gil,

eine Strophe dauert gesprochen in etwa so lange, wie man braucht, um in Ruhe (also ohne zu sprechen) entweder ein- oder auszuatmen. Gleichzeitig ist jede Strophe in etwa so lang, wie man (ohne große Anstregnung) sprechen kann, ohne neu Atem zu schöpfen.

Das Ganze ist von 2007, also eine Art lyrische Jugendsünde (ich habe erst 2006 angefangen, mich mit Lyrik zu beschäftigen) und schlummerte bislang aufgrund seiner larmoyanten Komponente im tiefsten Speicheruniversum meines verstorbenen Laptops - ich wollte einfach wissen, wie es auf andere wirkt. Nun weiß ich, dass man manche Sachen besser ruhen lassen sollte.

Liebe Grüße
Isaban
Agneta (62)
(08.04.19)
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 Isaban äußerte darauf am 09.04.19:
Hallo Agneta,

was für eine tolle Interpretation!
Ich habe mich riesig gefreut, auch mal eine andere Sicht lesen zu dürfen, zumal diese sehr fundiert und am Text belegbar ist, herzlichen Dank dafür! (Die gesamte Interpretation, aber ganz besonders diese Kinder am Schluss haben mir sehr gefallen. :D )

Liebe Grüße
Isaban
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