Francesca

Schauspiel zum Thema Begegnung

von  Oreste

Francesca spricht kein Wort.
Francesca sitzt mir gegenüber, den Kopf auf die Hand gestützt, und spricht kein Wort.
Francesca, denke ich, nun sprich doch mal ein Wort!, und natürlich spricht Francesca daraufhin erst recht kein Wort. Unbeeindruckt nippt sie an ihrem Cappuccino, dabei glänzen ihre Augen wie der Milchschaum in ihrer Tasse.
Francescas Verhalten macht mich wütend. Mädel, denke ich, mach halt den Mund auf und sprich schon ein Wort! Doch Francesca? Spricht kein Wort. Füttert lieber Spatzen und schaut dabei so sehnsüchtig wie eine Sommersprosse im Schneegestöber.

Francesca spricht kein Wort.
Francesca sitzt mir gegenüber. Ein Lächeln flattert über ihr Gesicht und lässt mein Herz zwitschern. Sie spricht kein Wort.
Francesca, denke ich, du schweigst dich noch heiser!, und bestelle ihr vorsorglich einen Salbeitee.
Francesca denkt aber gar nicht daran, etwas zu sagen wie ‚Danke‘, schiebt ihn bloß angewidert beiseite.
Vermutlich, denke ich mir, gibt es gute Gründe dafür, warum Spatzen nicht lügen und Francesca kein Wort spricht. Ich kenne sie aber nicht. Und Francesca? Verrät sie mir mit keinem Wort, starrt lieber Sonnenlöcher in die Wolkendecke oder schamlos auf fremder Leute Münder.

Francesca spricht kein Wort.
Francesca sitzt mir nun nicht mehr gegenüber. Sie ist aufgestanden und ließ mich sitzen.
Ich frage mich, wie Francesca wohl nach Hause kommt. Sicher, antworte ich mir, wird sie in ein Taxi steigen und gen Himmel zeigen.
Ich glaube, Francesca liebt mich.
Bevor Francesca mich verließ, schrieb sie mir nämlich diese elfstellige Zahl auf den Handrücken und legte mir zum Abschied ihren Zeigefinger auf die Lippen.

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Kommentare zu diesem Text


 Regina (17.04.19)
Gespannt, wie sie telefonieren wird, ohne ein Wort zu sprechen.

 Oreste meinte dazu am 22.04.19:
Schön, wenn eine Pointe funktioniert. Danke dir, Regina!

 LottaManguetti (17.04.19)
O, wie schön, mal wieder etwas von dir zu lesen! Es fühlt sich an, als wenn wir uns persönlich gegenübersäßen und miteinander quasselten. Ganz gegensätzlich zum Inhalt deines Textes.

ICH finde, vielleicht hast du einmal zu viel den Satz "Francesca spricht kein Wort" verwendet, so von außen (als Leser) betrachtet. Möglicherweise könntest du einmal eine Frage draus machen/hinterfragen oder so? Irgendwie anders ...
Das würde den Text auflockern. Insgesamt aber finde ich die Idee gut, immer wieder darauf zurückzukommen.
Die Pointe ist natürlich der Hammer! Regina hat sie ja schon übersetzt. Ich konnte mir ein Grinsen auch nicht verkneifen und habe mein Kopfkino genossen.

Mit lieben Grüßen
Quasselstrippe Lotta

Kommentar geändert am 17.04.2019 um 11:35 Uhr

 Oreste antwortete darauf am 22.04.19:
Danke dir, Lotta! Ick froi mir. (:

Prinzipiell finde ich deinen Vorschlag gut, allerdings fällt es mir nicht leicht, ein zur Auflockerung passendes "Francesca spricht kein Wort." ausfindig zu machen. Hm!

Grüß dich lieb
Das schweigsame O.

Antwort geändert am 23.04.2019 um 14:12 Uhr

 Dieter_Rotmund (17.04.19)
...und bestelle ihr vorsorglich einen Salbeitee.
Francesca denkt aber gar nicht daran, etwas zu sagen wie ‚Danke‘, schiebt ihn bloß angewidert beiseite

Da könnte das timing besser sein (->bestellte)

Auch mir hätten etwas weniger "Francesa" und mal vielleicht ein "sie" besser gefallen, insgesamt jedoch gerne gelesen.
MichaelBerger (44) schrieb daraufhin am 17.04.19:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Oreste äußerte darauf am 22.04.19:
Ein unschöner Huckel.

(-:

Danke euch!

 Isaban (18.04.19)
Hach, was für eine Geschichte!

Verzeih, dass ich im Moment nicht dazu komme, der Text hätte einen viel ausführlicheren Kommentar verdient, so kann ich nur hinterlassen, wie sehr er mir gefällt.

LG Isaban

 Oreste ergänzte dazu am 22.04.19:
Alles gut, liebe Isaban. So oder so - ich freu mich!

Grüß dich lieb
O.
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