Achtung

Essay zum Thema Achtung/Missachtung

von  LotharAtzert

Mir schwante ein Schwan, ein schwarzes Jugendstilschwänchen:
Wo er in der Idylle auftaucht, ist immer eine Leiche versteckt. Döbereiner hat's eins artikuliert, das Bild: Der angelegte Teich, darauf der Mythos von der stolzen Natur des langhalsigen Tieres;- dem das z am Wortende abgetrennt wurde und das singt, wenn es stirbt. (Nein, das mit dem z ist  von mir, seinem vielleicht dümmsten Schüler) An Land, beim Gehen ... naja. da ist nicht mehr so viel mit edel. Der Schwan, mir deucht, nein, mir schwant fast, er watschelt ein wenig, was den Gustav Klimt, so als Wassermann, vielleicht erheitert hätte.

Mit Ludwig II trat der Schwanenkult erstmals offen zutage.
Stokers Dracula machte den Totenliedsänger zum Wappentier und Wagner, da wundert man sich nicht mehr, wie der das tote Germanentum aus der kalkulierten Romantikpfütze nekrophilierte - was Nietzsche verärgerte und später den deutschritterordentlichen Heldenmythos beschwor. "Nun sei bedankt, mein lieber Schwan." - "Heil mein Führer!

Daß Nietzsche ihn erst bewunderte und dann verachtete, ja verachten mußte, ist jedem klar, der weiß, was die Acht bedeutet: Das Unendliche in der Vorstellungsfessel. Nietzsche erkannte die Gefahr spät, dieses Bild mit seinem falschen Heil-Mantra (-aus dem das Unheil für die Deutschen heute noch kriecht, nämlich daß sie auch der natürlichen Heilung nicht mehr folgen können und alles diesbezügliche zerstören.) Aber das Volk wollte Wagner, den Verkünder der neuen deutschen Größe: den titanischen Übermenschen deutscher Nation.

Die Süße des verkitschten, glorifizierten Helden und der Heldin als Vorstellungsbild ist praktisch in jedem Gemetzel vorangehend. Was Wagner tat, war das Beschwören des vergangenen Germanentums. Und die Gräber öffneten sich wie auf ein Zeichen, - und sicher den Meister selbst auf das Meiste überraschend - und die Vorstellungs-Schatten ergriffen sich geeignete Menschen und riefen das 3. Reich aus.
Oder soll man sagen, die Schlacht der Metzgereien um die Schweine untereinander.

Bevor man nun Wagner verurteilt, bedenke man aber: er, der Verdränger der unedlen Gegenwart, hatte dadurch nicht mehr die leiseste Ahnung von den Auswirkungen, das Fügliche war ja alles verdrängt, um der Vor-Stellung willen. Wie ein Kind, mit Streichhölzer auf dem Heuboden, war er wohl davon fasziniert von der Paarung der rohen Naturkraft mit jener des Jovialen. Und nicht nur Hitler war begeistert und übernahm den romantischen Symbolismus aus dem Reich der Finsternis.
Die Auf-Märsche. Einen Whisky könnt ich jetzt vertragen. Hey Jack, was empfiehlst du? Was trinkt man zurzeit im Adlon?

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 DanceWith1Life (12.05.19)
Guiness, versteht sich, woll'n wir nicht Reckorde brechen, die längste Mauer, die besten Waffenbauer, und und und, ein seltsam Äffchen, das du da beschreibst,. und was es alles glaubt zu sein.

 LotharAtzert meinte dazu am 12.05.19:
Guiness tät ich mal gern wieder trinken.
Ich gestehe ja, Wagner früher auch gemocht zu haben. Aber Rekorde brechen, wo der Frontflügel weg ist, das wird schwer.
Danke.

 DanceWith1Life antwortete darauf am 12.05.19:
Ich versteh natürlich 80 % der versteckten Anspielung auf benutzte Symbolik usw nicht, ich hoffe das stört nicht

 LotharAtzert schrieb daraufhin am 12.05.19:
80 %? - das ist viel. Daß ich soviel Anspielungen mache, hätte ich selbst nicht gedacht.
Störung, iwo. Im Laufe der Jahre wird alles Geschehen zum Survivaltraining deklariert. Ich hab schon Level 3 geknacht!


sorry, muß heißen "geknackt".

Antwort geändert am 12.05.2019 um 16:15 Uhr
Hannah (72)
(12.05.19)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert äußerte darauf am 12.05.19:
Einen reizenden Gruß, soso …
Ja, das ist sozusagen nur noch ein Rumpftext, nicht Rümpftext. Ursprünglich folgte noch, wie aus Neptun Pluto wird, aber das halte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt für die kV-Leser für ungeeignet.
Danke für deine Empfehlung.
Gruß
Lothar

 EkkehartMittelberg (12.05.19)
Es gibt nur wenige amüsante kritische Artikel: Wagner beim Schwan gepackt!

 LotharAtzert ergänzte dazu am 12.05.19:
Danke. (Nichtsdestotrotz muß ich mich entschuldigen für das formale Durcheinander und die Wortverdoppelungen -natürlich nicht für den Inhalt.)

 AchterZwerg (12.05.19)
Gerade der Inhalt greift hier aus meiner Sicht zu kurz.

Wagner war bekanntlich ein übler Antisemit und wohl auch sonst nicht das, was man sich gemeinhin unter einem guten Menschen vorstellt.
Gleichwohl hat er die Musik des 19. Jahrhunderts revolutioniert, mit Auswirkungen (Harmonik), die bis in die Jetztzeit reichen.
Erst die Gestaltung eines Musikdramas (ja, auch die mit den gewöhnungsbedürftigen Schwänen) hat der Idee des Gesamtkunstwerks in der Musik Raum gegeben.
Und das war großArtig.

A.Z.

 LotharAtzert meinte dazu am 13.05.19:
Ich weiß gar nicht, wann ich Wagner das letzte mal hörte. Muß Jahre her sein.
Ich hab so meine Themen, die ich umkreisend weiter ausschmücke. Zur Zeit ist es der Skorpion, der Pluto und das achte Haus schließlich die Zahl 8, wie Achtsamkeit oder achter Zwerg Dazu gehört der Schwan und der brachte mich zu Wagner. Das Thema Semi-Antisemitismus spare ich bewußt aus, da hier wohl eine Hypersensibilisierung bei den Deutschen aufgrund der Geschichte vorliegt: Ein falsches Wort und du bist ein Nazi etc.

Ein großer Musiker war er in der Tat.
Vielen Dank, auch für den Lieblingstext an anderer Stelle

Gruß
L.

 LotharAtzert meinte dazu am 17.06.19:
Die ursprüngliche Antwort wurde am 17.06.2019 um 10:14 Uhr wieder zurückgezogen.

 AchterZwerg meinte dazu am 17.06.19:
Den "Lieblngstext" reiche ich nach.
Leider nehme ich zuweilen auch die KV-Unsitte an, einen Text nur bzgl der eigenen Meinung zum Inhalt abzuklopfen.
Das ist natürlich Humbug.
Geschrieben isses schwanengleich und eine Freude für den spitzfindigen Literaturlüstling. Anspielungsreich und amüsant.

Der8.

 LotharAtzert meinte dazu am 17.06.19:
Oh danke. Dabei handelte es sich doch, wie mir später einfiel, um einen Irrtum meinerseits. Ich dankte Dir für einen anderen Text und vergaß das, ging dann davon aus, daß du es hier wieder löschtest.
Bin derzeit etwas konfus - (Neptun-Jupiter Quadrat. Neptun ist lösend, Jupiter fügend. Kurz: es fügt sich nix, außer Unfug :)

 Willibald (17.07.19)
Ich mag Relativitätstheorie und Quantentheorien, weil ich sie nicht verstehe, und sie geben mir das Gefühl, als ob sich der Raum wie ein Schwan bewegt, der sich nicht setzen kann, sich weigert, stillzusitzen und gemessen zu werden; und als ob das Atom eine impulsive Sache wäre, das immer seine Meinung samt Flugrichtung ändert.

Man mag das bedauern. Andererseits: So eine gewisse Mehrdeutigkeit der Schwäne wie bei Heine, das hat schon auch was!

Durch den Wald, im Mondenscheine,
Sah ich jüngst die Elfen reuten;
Ihre Hörner hört ich klingen,
Ihre Glöckchen hört ich läuten.

Ihre weißen Rößlein trugen
Güldnes Hirschgeweih und flogen
Rasch dahin, wie wilde Schwäne
Kam es durch die Luft gezogen.

Lächelnd nickte mir die Köngin,
Lächelnd, im Vorüberreuten.
Galt das meiner neuen Liebe,
Oder soll es Tod bedeuten?

greetse
ww

Kommentar geändert am 17.07.2019 um 13:18 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 17.07.19:
"... als ob sich der Raum wie ein Schwan bewegt": das Sanskritwort Hansa (bzw. ham-sah) bedeutet der schwarze Schwan der Zeit und für die frommen Brahmanen ist er als Laut ein Mantra, das beim Ein- und Ausatmen stetig bis zum Tode erklingt: ham-sah ham-sa ... Des weiteren ist dieser Schwan jiva, die Individualseele.
So etwas ist relativ zum Absoluten. Theorien gehen mir eigentlich an einem rückwärtigen Körperteil vorbei. Ich lerne eher von denen, die Selbstbefreiung an den drei Leibern erfahren haben, da weiß ich mich nicht nur in sicheren Händen (einer Tradition), sondern weiß auch aus eigener Erfahrung, daß dieselbe durch nichts ersetzbar ist.
Dagegen ist Information Kokkolores.
Oder wie Erich Kästner sagt: es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Mit Heine tut sich der Lenaufreund ein wenig schwer, aber lieber diesen, als Goethe.
Danke Dir für die Aufmerksamkeit, die mir selbst manchmal durch Ungeduld abgeht.
tashi delek

Trotz allem Freundeswort und Mitgefühlsgebärden,
bleibt jeder tiefe Schmerz ein Eremit auf Erden.
Nicolaus Lenau

 Willibald meinte dazu am 18.07.19:
Der Lenautext ist schön.
Greetse
ww
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram