Fünfte Traumzeitreise: Hexagon

Märchen zum Thema Fantasie

von  Regina

Die Musik war verklungen, als mir eine goldene Hand grüne Edelsteine anbot. Kaum hatte ich die Schätze in eine Schale gelegt, da hörte ich einen Löwen brüllen und mir wurde klar, dass ich die Geschenke nicht für mich behalten sollte. Ich nahm einen Smaragd in die Hand, schon stand eine Frau vor mir, die ein seltsames gestreiftes Dreiecktuch auf dem Kopf trug, das über Hals und Schulter herunterfiel und im Nacken zu einem Zipfel gedreht war.  Sie behauptete, der Stein, den ich in der Hand hielt, sei einst ein Geschenk an ihren Geliebten gewesen, und dass sie das Juwel brauche, um mit Hilfe dessen hexagonaler Struktur die Verbindung zwischen der Feuerenergie des menschlichen Herzens und der Sonne herzustellen. In der Tat war auch ihr Gewand von oben bis unten mit Smaragden besetzt und im Gesicht hatte sie jede Menge Schminke aufgetragen. Die Farben Grün und Gold hatten es ihr angetan. Sie lud mich ein, ihre Heimat zu besuchen.
Unterwegs glaubte ich, verbrennen zu müssen, das Land dieser Dame befand sich beinahe in der heißesten Gegend des Globus, lag aber an einem breiten Fluss. Dadurch konnte es bewässert werden. Alle schienen fest von der Göttlichkeit ihrer Könige überzeugt zu sein, am meisten diese Adligen selbst. Entsprechend pompös traten sie öffentlich auf und ihre Bauprojekte fielen gigantisch aus. Auch das Volk, das Bauarbeiten verrichten oder das Land bewässern musste, wäre auf keine andere Idee gekommen. Proteste und Streiks um höhere Lohnforderungen lagen ganz außerhalb ihres Vorstellungsvermögens. Ich fand nicht heraus, warum sie mit diesen verlängerten Hinterköpfen ausgestattet waren. "Wie oben, so unten", lehrten sie und ließen ihren Sonnengott jede Nacht sterben, über viele Dynastien hinweg. Blutgruppe 0 wurde bevorzugt behandelt.
Nun hatte ich den samtgrünen Stein nicht mehr. Wie gläsern blitzte ein hellerer, transparenter Grünton auf, im Klangkleid einer Koloratursopranstimme, die eine Melodie in C-Dur oder in Cis-Dur auf einer heute noch gebräuchlichen Skala sang und mir so den Weg durch die neu erbaute Pyramide über die große Galerie bis zum Sarkophag wies. Ich ahnte, dass vor mir noch ein langer Pfad durch Wahrträume und Irrlichterei liegen würde. Die mächtige Absolutmonarchie mit ihren sonnengöttlichen Ritualen beeindruckte mich, ohne dass ich behaupten könnte, alle Hieroglyphen lesen gelernt zu haben.

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