Vom anderen

Haiku zum Thema Natur

von  FrankReich

Es ist nichts besser
oder schlechter als Du, nur:
im Kern doch anders.


Anmerkung von FrankReich:

Haiku, Aphorismus, oder beides?

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Kommentare zu diesem Text


 Momo (27.05.19)
Haiku ist es nicht, vom Formalen ganz abgesehen, dann schon eher ein Apho.
Zum Inhalt: Im Bereich der Natur mag das so sein, die Natur kennt kein Gut und Böse, nur ein Überlebensfähig oder nicht, für das Leben sinnvoll oder nicht.
Jetzt bringst du aber den Menschen mit ins Spiel, und damit die Ethik, Moral und Vernunft. Nun könnte man sagen, ein Mensch, der keine Regeln kennt und fernab der Vernunft ist, dazu bösartig usw., sei nur ein wenig anders. Bei einem Kinderschänder z.B. kann ich das so nicht sehen.

Aber – im letzten Sinne ist es so, anders, mehr oder weniger.

LG Momo

 FrankReich meinte dazu am 27.05.19:
Hallo Momo,

ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass ein Haiku lediglich 17 Silben bei einem Umbruch in 3 Verse (5 - 7 - 5) und eine Naturstimmung, bzw. Impression erfordert, um als solches durchzugehen. Vgl. dazu auch das Vorwort von Gerolf Coudenhove in "Japanische Verse und Farben - Vollmond und Zikadenklänge, C. Bertelsmann, Gütersloh 1955, S. 3 - 5.

Ciao, Ralf

P. S.: Selbstverständlich habe ich durch die Formulierung "ein wenig anders" Spielraum für Mutmaßungen gelassen, die Natur ist auf die der Sache bezogen, den Menschen musste ich ins Spiel bringen, weil nur wir reflektieren können, und der Titel enthält eine Anspielung "Vom anderen (Stern)"
Cora (29) antwortete darauf am 27.05.19:
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 FrankReich schrieb daraufhin am 27.05.19:
Das lässt sich so, aber auch anders sehen, denn "Belesenheit", der Begriff sagt es ja schon, reicht ja offensichtlich nicht, ebensowenig aber Deine Behauptung, dass Momo recht hat, denn Du begründest sie nicht. Aber auf Begründungen kommt es bei Diskussionen doch an. Und mal ehrlich, hat Momo eine geliefert, die meinem Haiku die formale Berechtigung abspricht?
Die Falle, wie Du sie nennst, ist nichts weiter als eine Frage, bzw. Anregung zur Erweiterung der Perspektive, eine Einladung, die Dichtung und ihre Regeln nicht nur einseitig zu sehen, denn tatsächlich bin ich der Überzeugung, dass in diesem Fall sowohl Aphorismus als auch Haiku zutreffen, für den Haiku habe ich die Begründung bereits geliefert, und denke, wenn der Zeilenumbruch herausgenommen wird, sich der Aphorismus von selbst erklärt.
Ich bin angewiesen auf Diskussionen, wie sie hier auf KV stattfinden, da sie meinen Horizont bzgl. der Poetik erweitern,
Kommentare wie "das ist so", oder "das ist nicht so", bringen mich jedoch nicht weiter, und da krame ich dann schon mal meine "Belesenheit" heraus.
Was ich dabei nicht verstehe, ist, dass jemand pikiert darauf reagiert, anstatt mal zu überprüfen, ob ich meine "Belesenheit" nicht vortäusche. Was ich zudem bei einigen vermisse, sind deren Quellenhinweise. Mensch, wir machen hier Literatur!!! Sie zu verbessern, sollte doch uns allen am Herzen liegen, anstatt uns gegenseitig auszuweiden.

Ciao, Ralf

 Momo äußerte darauf am 27.05.19:
Die Silben- und Zeilenanzahl ist nur eine Vorgabe unter anderen. So müsste in einem traditionellen Haiku auch die Jahreszeit erkennbar sein. Und ein Haiku gibt konkrete Sinneseindrücke wider, die für den Leser erfahrbar sein sollten. Wenn ich deinen Text lese, habe ich eher den Eindruck einer tiefer gehenden philosophischen Betrachtung.

Jetzt: „im Kern doch anders“. Als ich kommentierte, hieß es noch „ein wenig anders“, was im Kern eine ganz andere Aussage ist. ;)

LG
Cora (29) ergänzte dazu am 27.05.19:
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 FrankReich meinte dazu am 27.05.19:
Einer der Gründe, warum KV für mich so wichtig geworden ist, besteht in der Kommunikation. Klar habe ich Deinen Kommentar selbstkritisch zur Kenntnis genommen, und voilá, es hat doch funktioniert, oder?
Okay, traditionelle Haikus hin oder her, Fakt ist zunächst einmal, dass wir Europäer lediglich über etliche Krücken in der Lage sind, einen Haiku auch nur annähernd nachzuvollziehen. Wahrscheinlich habe ich keinen guten Haiku geschrieben, aber auch selbst wenn ich allgemein von mir behaupten würde, ein guter Dichter zu sein, wäre das schlichtweg eine Anmaßung, und darum geht es mir auch gar nicht.
Ich wünsche mir, dass meine Dichtung anregt und weckt, dass sie die Menschen zum Schmunzeln bringt oder wütend macht, nachdenklich oder verwirrt zurücklässt, denn ich empfinde mich nicht als Dichter, sondern eher als Satiriker, und Kommentare wie die Deinen helfen mir, mich in dieser Hinsicht zu verbessern.

Ciao, Ralf

P.S.: Und was die Jahreszeiten angeht, macht eines der bekanntesten Haikus des Japaners Matsuo Basho (1643 - 1694) dazu keinerlei konkrete Angaben:

Der alte Teich

Alter Teich in Ruh, -
Fröschlein hüpft vom Ufersaum,
und das Wasser tönt.

 FrankReich meinte dazu am 27.05.19:
Okay, das war für Momo bestimmt. Zu Dir Cora, zunächst wirfst Du mir eine Fangfrage vor, nun behauptest Du, dass ich an meinem Konstrukt zweifele. Ich habe bereits angemerkt, dass ich mit meinen Bemerkungen Diskussionen anregen möchte. Auch das funktioniert, wenn auch nicht immer so, wie ich mir das vorstelle, aber gerade das ist ja das Prickelnde daran.
Zur Natur: Die habe ich im Themenkreis angegeben, es handelt sich dabei allerdings um die Natur der Sache (satirisches Wortspiel, das den Andeutungscharakter des Haikus unterstreicht), denn genau das ist der zweite Punkt. Ein japanisches Haiku schöpft vor allem aus der Andeutung statt der Konkretisierung (Quelle s. Kommentarverlauf), und die kann durchaus auch philosophischer "Natur" sein.
Zur Rezeption: Wahrscheinlich habe ich noch nicht so viele aus dem Japanischen übersetzten Haikus gelesen wie Du, aber Du kannst mir glauben, dass einige dabei waren, die höchstens andeutungsweise Natur und Jahreszeiten aufwiesen, wie z. B. das Haiku von Frau Sumi Taigi (1709 - 1772):

Die gefangene Nachtigall

Laut, als sähe sie
ihres Käfigs Stäbe nicht,
singt die Nachtigall.

Im übrigen eröffne ich mein Haiku mit dem recht vagen Pronomen "Es".

Ciao, Ralf
Cora (29) meinte dazu am 27.05.19:
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 FrankReich meinte dazu am 27.05.19:
Wenn man die Sache der Natur kennt, kennt man auch die Jahreszeit, denn die kann durchaus unabhängig davon sein.

Die Gemeinsamkeit meines Haikus zu den beiden japanischen besteht darin, dass auch "Es" sich nur in Andeutungen ergeht.

Ciao, Ralf
Cora (29) meinte dazu am 27.05.19:
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 FrankReich meinte dazu am 28.05.19:
Nun, mir ist zumindest bewusst, dass mein Haiku die formalen Belange erfüllt, und ich bitte Dich, noch einmal den Text zu lesen, und mir dann zu erklären, worum es in unser beider Diskussion gerade geht, wenn nicht um das Wesen, bzw. den Kern eines Haiku.

Ciao, Ralf

P.S.: .. und da wir gerade beim Klugscheißen sind, erkläre mir doch bitte einmal, wie Du darauf kommst, Deinen "Minimalismus" als Haiku, und wenn auch nur als nicht ganz echten, bezeichnen zu wollen, denn dort ist weder Form, Wesen noch Inhalt gegeben, denn Raum bezieht sich ja offensichtlich auf Spiel und nicht auf die Natur oder ihre Jahreszeiten.
Eines möchte ich mal klar stellen, ich diskutiere hier nicht aus Spaß an der Freude oder um einem notorischen Besserwisser einen Gefallen zu tun, sondern damit es unser Verständnis für Dichtung weiterbringt.

Antwort geändert am 28.05.2019 um 01:20 Uhr

 Momo meinte dazu am 28.05.19:
@Ralf
"Es" ist möglicherweise zu wenig, als dass sich der Leser darunter einen konkreten Sinneseindruck vorzustellen vermag, selbst andeutungsweise ist es zu abstrakt.
Cora (29) meinte dazu am 28.05.19:
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 FrankReich meinte dazu am 29.05.19:
"Moderne Haiku-Schulen hinterfragen weltweit nicht nur die traditionellen Formen, sondern auch manche Regeln der Textgestaltung und versuchen, neue Wege zu gehen."

Zitat aus dem Wikipedia-Artikel "Haiku".

 Momo meinte dazu am 29.05.19:
Dennoch habe ich den Eindruck, dass du das Wesen eines Haiku nicht verstanden hast, obwohl du offensichtlich schon einiges über diese Gedichtform gelesen hast.
Warum dann die eingangs erwähnte Frage an den Leser, die eine Unsicherheit suggeriert, die du gar nicht hast, denn für dich scheint es außer Frage zu stehen, dass deine produzierten Werke Haikus sind.

Hinter dem Fenster
ein Spaßvogel hüpft herum –
ich höre sein Lied

 FrankReich meinte dazu am 29.05.19:
Super Momo, Du bist auf dem richtigen Weg, allerdings solltest Du zwischen einem Satiriker und Spaßvogel ebenso unterscheiden lernen, wie Du das Erkennen rhetorischer Fragen noch etwas üben solltest.
Und ja, ich kenne das Wesen des klassischen Haiku, doch es ist mir noch nie gelungen, es zu treffen, aber wie findest Du denn diesen:

Unter vereister/
Oberfläche, ein See voll/
Leben und Gefühl.

Wenn Du Dir unter der Prämisse Wesen den oberen Haiku noch einmal anschaust, wird Dir vielleicht einiges klar. Schon Shakespeare hat eines seiner Sonette selbst zu Wort kommen lassen.

Ciao, Ralf

 EkkehartMittelberg (27.05.19)
Verzeih, Ralf, ich schätze deine Aphorismen. Aber dieser, der gut klingt, ist scheißliberal.
LG
Ekki

 FrankReich meinte dazu am 27.05.19:
Nun Ekki, das "scheiß" verzeihe ich Dir gerne, aber "liberal"? Also ehrlich, hättest Du das nicht freundlicher formulieren können, wie z. B. durch "scheißegal, scheißneutral, oder scheißfäkal"?

Ciao, Ralf

P. S.: Lies doch bitte mal meine Antwort zu Momos Kommentar.

 autoralexanderschwarz (27.05.19)
Es ist - je nach Lesart - auch ein Kōan.

 FrankReich meinte dazu am 27.05.19:
Danke, Alex, aber die Ehre wäre zu gewaltig, ich bin nicht einmal Zen-Schüler.

Ciao, Ralf
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