Ghasel

Sonett zum Thema Aufbruch

von  FrankReich

Neulich wollte ich im Ausland einen alten Freund besuchen,
und gedachte diese Reise flugs mit Geld und Gut zu buchen,
also riss ich mich zusammen, und warf mich ins beste Tuch,
denn ich kannte meine Mittel, um mich schnellstens zu betuchen.
Aberglaube und Gelaber, dreimal schwarzer Waldeunuch,
lud ich mich bei einer Freundin ein, zu etwas Tee und Kuchen,
unter Deo Spray exotisch frischem bestem Stallgeruch,
etwas magisch angehaucht, um verbisch aalglatt zu verruchen,
über alle Muße müßig ging ich zu ihr auf Besuch,
und fand sie glatt in den Armen eines weisen Halbeunuchen.
Mystisch düster aufgeladen, auf den Lippen einen Fluch,
sah ich meine Felle schwimmen, und mich schon am Boden kruchen,
doch der alte Mann war Magier, er sprach in sein Zauberbuch,
und unziemlich einvernehmlich hört ich meinen Kumpel fluchen.

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Kommentare zu diesem Text

Nimbus† (45)
(01.06.19)
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 FrankReich meinte dazu am 01.06.19:
Gerne, auch auf die Gefahr hin, dass Du mit meinem Minimalismus nichts wirst anfangen können, da ich mit dieser Einstellung bisher allein auf weiter Flur stehe, im Grunde ist es aber ganz einfach:
Ein Sonett definiert sich grundsätzlich nur über seine vierzehn Verse, alles andere, also Metrik (z. B. Jambus und Verslänge), Quartette und Terzette, Reimschemata (abba, abba, cde, cde, usw), Triples mit Couplet wie bei Shakespeare, alternierend weibliche und männliche Reime, usw, usf. ist zwar schmückend, jedoch nicht unbedingt notwendig, d. h., es kommt immer darauf an, welche Aussage Du mit den Stilmitteln verbinden möchtest.
In obigem Fall wollte ich westlichen und östlichen Modus miteinander verbinden, Ich habe die Verslänge überdehnt und dafür den Trochäus gewählt, und natürliche eine stychische Ausrichtung, die die beiden Gedichtformen sublimiert.
Meine Spezialität ist die Haufenreimung mit grammatikalischer, bzw. pseudogrammatikalischer Beugung, sozusagen mein Markenzeichen.
Ach so, Du möchtest bestimmt auch wissen, wie ich auf dieses schmale Brett komme. Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen hat unter dem Pseudonym "Sylvander" 1672 in seinem Roman "Dietwalt u. Amelinde (KW)" im Vorspann ein Sonett als "Sonnet." veröffentlicht. Der Witz: Es ist keins, weil es nicht einmal vierzehn Verse hat, und das ist der Grund für meinen minimalistischen Ansatz. Ich könnte jetzt noch stundenlang weitermachen, aber zum Schluss noch eins:
Auch bei Haikus verfahre ich so. 17 Silben und basta, alles andere ist Ermessenssache. Dazu empfehle ich Dir z. B. das Haiku "Bahn" von Regina.

Ciao, Ralf

 Regina (01.06.19)
Wir sind mal wieder beim Formalen. Für Ghasel brauchst du m.E. nur jede 2. Zeile den immer gleichlautenden Reim. Sonette ist es auf keinen Fall. LG Gina

 FrankReich antwortete darauf am 01.06.19:
Oh doch, meine Liebe. Die Erklärung für das Sonett habe ich oben Nimbus schon geliefert, und auch das Ghasel habe ich dementsprechend so modifiziert, dass die Reimung des Königsbeit auf jeden Fall nach jedem zweiten Vers greift. Die Waisen habe ich durch dementsprechend grammatikalische Verse ersetzt, der Fünfheber ist mir schnurz, denn ein 8Heber hat doch schon was, oder? Nein, Regina, das ist Experimentallyrik, und schon sorgfältig überlegt. Ich erinnere nur Dein Haiku "Bahn", das auf jeden Fall das Minimalprinzip der 17 Silben erfüllt.

Ciao, Ralf
Nimbus† (45) schrieb daraufhin am 01.06.19:
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 FrankReich äußerte darauf am 01.06.19:
Okay, war aber ein Versuch wert, Ladys.

Ciao, Ralf

P. S.: Aber dann dürft Ihr Euch nicht wundern, wenn ich solche Ausdrücke, wie Perlen vor die Säue, etc. pp. verwende, denn ausführlich erklärt habe ich es. Grimmelshausen wache über Euch.
Nimbus† (45) ergänzte dazu am 01.06.19:
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 FrankReich meinte dazu am 02.06.19:
Sorry, ich will Dir nicht zu nahe treten. Lies doch mal das Grimmelshausesche Sonett, vielleicht kommen wir dann ja auf eine Basis von leben und leben lassen, und sage mir doch einmal, wer die Richtlinien für die Sonettkunst in Deutschland eingeführt hat, nenne mir bitte einen der ersten deutschen Sonettdichter, und schau, welche Regeln damals zugrunde gelegt wurden.
Weißt Du z. B., wer Ernst Schwabe von der Heyde war, kennst Du Johannes Plavius oder Martin Opitz von Boberfeld? Wie steht es um Dein Wissen über Paul Fleming und Andreas Gryphius, was sagen Dir Augustus Buchner und Johann Rist? Auch Philipp von Zesen und Philipp Harsdörffer waren nicht zu unterschätzende Poetiker, und dennoch hat nur einer das Wesen des Sonetts erkannt und heruntergebrochen, und das war nun mal Grimmelshausen.
Alles kann, aber nichts muss, bis auf die vierzehn Verse.

Ciao, Ralf

P. S.: Mir wurde schon als Jugendlicher von meiner Lehrerin beigebracht, die Verse eines Gedichtes auszuzählen. Wenn es vierzehn Verse besaß, galt es als Sonett.

Antwort geändert am 02.06.2019 um 11:37 Uhr
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