Rückfall (Entwurf)

Text

von  Cathleen

Rückfall

Warum denkt sie nach sieben Jahren
urplötzlich intensiv daran,
dass etwas Alkohol im Magen
doch eigentlich nur guttun kann?

Sie ist frustriert und gibt sich heiter,
zeigt keinem, dass ein Rückfall droht.
Beim Einkauf geht sie zügig weiter,
schaut gar nicht erst aufs Angebot.

Und dann passiert’s, sie kommt nach Hause
und – rennt auf einmal wieder los,
deckt sich im Spätshop ein mit Rotwein,
zwei Flaschen nur. Zum Naschen bloß.

Natürlich trinkt sie die gleich beide.
Der Wein, er geht sofort ins Blut.
Bei jedem Tropfen schwört sie Eide,
dass sie es nie, nie wieder tut.

Wie wär es, jetzt Hallo zu sagen
bei dem, den sie seit langem liebt?
Ob ihr der Alkohol im Magen
den lang ersehnten Anstoß gibt?

Die Zunge lässt sich kaum bewegen,
als ihr Mobilfon „Hallo?“ sagt.
Natürlich kommt sie ungelegen.
„Du bist wohl blau?“ wird sie gefragt.

Sie kann nicht aufhören zu heulen.
Wie konnte sie so dämlich sein!
Nun ist die Seele voller Beulen.
Sie fühlt sich doppelt so allein.

Am nächsten Morgen Schädeldröhnen,
das Hirn schwer wie ein Bleigewicht.
Sie steht vorm Spiegel, hört sich stöhnen
und schöpft sich Wasser ins Gesicht.

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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (11.06.19)
Ohne Rückfall geht es bei den wenigsten ab. Leider.
Denn wird eine Droge weggelassen, bleibt die Suchtpersönlichkeit doch erhalten. Aus meiner Sicht muss hier die Hilfe von außen ansetzen und tut es auch oft.

In deinem Gedicht beschreibst du die lauernde Versuchung und das einmalige Nachgeben auf sehr anrührende und authentische Weise. Insofern handelt es hier um ein gutes Gedicht.

Bleib dran, und beschäftige dich mit der Lyrik verschiedener Epochen. Und schreib. Schreib!
Das kann ein ganzes Leben ausfüllen und erfüllen. Und ungemein bereichern.

Herzliche Grüße
der8.

 Cathleen meinte dazu am 11.06.19:
Danke für die Anteilnahme. Ich habe zwei Gegen-Süchte entwickelt: Lesen und Schreiben. Und - wenn mein innerer Schweinehund mitmacht - Italienisch lernen.
Ich wollte den Text mal einem Betroffenen zu lesen geben, aber im unmittelbaren Bekanntenkreis hab ich nur Leute, die sich nicht für betroffen halten.
LG Cathleen
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